Wer setzt auf Grau? Fragt die BaFin!

Vermögensanlagen wie Direktinvestments und Unternehmensbeteiligungen sind riskant. Eine BaFin-Studie zeigt: Das ist vielen Anlegern nicht bewusst

Auch Anlageprodukte vom Grauen Markt haben ihre Kundschaft. Wer dazugehört, wollte die BaFin in einer breit angelegten Studie zum Anlageverhalten in diesem Marktsegment genauer wissen (siehe Infokasten „Graumarktstudie“). Sie fand heraus: Graumarktprodukte sind bei Menschen mit höherem Einkommen beliebter als bei Durchschnittsverdienern. Und Graumarktkunden wollen eher für ihre Enkel sparen als zocken.

Auf einen Blick: Graumarktstudie

Für die Studie über die Einstellung von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu Produkten des Grauen Kapitalmarkts befragte ein Marktforschungsinstitut im Auftrag der BaFin zwischen April und Mai 2020 online 4.038 Personen.

Diese Stichprobe wurde bevölkerungsrepräsentativ auf Basis des Alters, des Geschlechts, des Einkommens, der Bildung und des Bundeslandes gewichtet.

Das Forschungsinstitut konzentrierte sich darauf, die Erfahrungen der Verbraucher in Bezug auf sechs Kategorien von Graumarktprodukten zu erheben: Unternehmensbeteiligungen, Genussrechte, Namensschuldverschreibungen, Nachrangdarlehen, partiarische Darlehen und Direktinvestments. Dabei sammelte das Institut aber auch grundlegende Erkenntnisse über Investitionen in andere Finanzprodukte, wie etwa in Aktien, Anleihen, Zertifikate, Pfandbriefe, Optionsscheine und Genussscheine.

Die vollständigen Ergebnisse der Studie stellt die BaFin auf ihrer Internetseite bereit.

Während die Studie also auch überraschende Erkenntnisse etwa zu Zielen und Erwartungen von Graumarktkunden liefert, bleiben Graumarktprodukte selbst, was sie schon immer waren: eine riskante und spekulative Anlageform (siehe Infokasten „Was genau ist eigentlich der Graue Kapitalmarkt?“). Anleger müssen mit hohen Ausfällen rechnen und verlieren möglicherweise sogar ihr gesamtes eingesetztes Vermögen.

Definition:Was genau ist eigentlich der Graue Kapitalmarkt?

Eine gesetzliche Definition des Begriffs „Grauer Kapitalmarkt“ existiert nicht. 22 Prozent der Umfrageteilnehmer kannten ihn auch gar nicht. Die Studie definierte den Grauen Kapitalmarkt für ihren Zweck als unregulierten Teil des Kapitalmarkts, dessen Anbieter nicht unter staatlicher Aufsicht stehen und nur wenige gesetzliche Vorgaben erfüllen müssen. Im Gegensatz dazu stehen beispielsweise Banken und Versicherer unter der Aufsicht der BaFin und müssen strengere gesetzliche Vorgaben erfüllen.

Für ihre Studie klassifizierte die BaFin folgende Produkte aus dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) als Graumarktprodukte: Unternehmensbeteiligungen, Genussrechte, Namensschuldverschreibungen, Nachrangdarlehen, partiarische Darlehen und Direktinvestments (siehe Infokasten „Graumarktstudie“).

Verluste bei Direktinvestments

In der Umfrage zeigte sich zwar, dass Anlageprodukte wie Aktien (39 Prozent), Anleihen (14 Prozent), Zertifikate (13 Prozent), Pfandbriefe (11 Prozent), Optionsscheine (9 Prozent) und Genussscheine (5 Prozent) deutlich stärker nachgefragt sind als Graumarktprodukte (siehe Abbildung 1). Immerhin 4,5 Prozent aller Umfrageteilnehmer hatten aber schon einmal ein Graumarktprodukt erworben – vornehmlich Unternehmensbeteiligungen (3,2 Prozent) und Direktinvestments (1 Prozent). Viele von ihnen kam das teuer zu stehen. So gaben 22 Prozent an, bei einer Investition in Unternehmensbeteiligungen schon einmal Geld verloren zu haben. Unter den Anlegern mit Erfahrungen mit Direktinvestments erlitten sogar 50 Prozent bereits einen finanziellen Verlust.

Abbildung 1: Haben Sie schon einmal eines der folgenden Finanzprodukte erworben?

Grafische Darstellung der Umfrageergebnisse

Auf der anderen Seite entwickelte sich die Rendite des zuletzt erworbenen Graumarktprodukts bei 46 Prozent der Befragten erwartungsgemäß – bei weiteren 29 Prozent zum Teil. Von der Rendite enttäuscht zeigten sich 16 Prozent der Graumarktkunden. 9 Prozent konnte die Entwicklung zum Befragungszeitpunkt nicht beurteilen.

Warum erwerben Anleger Graumarktprodukte?

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die schon einmal Produkte des Grauen Kapitalmarkts erworben hatten, äußerten sich zu ihrer Motivation für den jüngsten Vertragsabschluss und dazu, was sie sich vom Graumarktprodukt erhofften. Häufigster Grund für einen Erwerb: eine hohe Renditeerwartung (44 Prozent) und eine sichere Geldanlage (41 Prozent). Vermögen wiederanzulegen bezweckten 22 Prozent.

Als Ziel verfolgten 50 Prozent der Graumarktkunden, sich allgemein finanziell abzusichern. 30 Prozent kauften ein Graumarktprodukt mit dem Ziel, die eigene Altersvorsorge zu stärken. 25 Prozent hatten nicht sich selbst, sondern Dritte wie etwa Kinder oder Enkel im Sinn, als sie ihr Vermögen anlegten. Vergleichsweise geringe Bedeutung kam in der Umfrage der reinen Spekulation zu (18 Prozent).
Geringes Verständnis des Marktsegments

Eines der Hauptrisiken dieses Marktsegments – mit den spekulativen Produkten viel Geld zu verlieren – hielten die befragten Graumarktkunden für vergleichsweise gering. Während nur 36 Prozent von ihnen das Verlustrisiko als „hoch“ einstuften, waren es bei den Erwerbern ausschließlich anderer Finanzprodukte immerhin 41 Prozent (siehe Abbildung 2).

Abbildung 1: Inwiefern treffen Ihrer Meinung nach die nachfolgenden Aussagen bei den genannten Anlageprodukten in der Regel zu?

Grafische Darstellung der Umfrageergebnisse Das Forschungsinstitut fragte die Graumarktkunden auch, wie sie die Langfristigkeit ihrer Anlage einschätzten. Mit einer Investition in Graumarktprodukte geht nämlich in aller Regel eine langfristige Bindung des Kapitals einher. Dessen waren sich in der Umfrage 49 Prozent der Graumarktkunden bewusst. Anders sah es bei den Befragten aus, die ausschließlich andere Finanzprodukte erworben hatten: Nur 33 Prozent von ihnen waren der Ansicht, man binde bei Graumarktprodukten sein Kapital auf lange Sicht.

6 Prozent setzen fast alles auf Grau

Die Graumarktkunden unter den Teilnehmern wurden auch gefragt, wie viel Prozent ihres aktuell investierten Vermögens sie in Graumarktprodukten angelegt hatten. Bei rund 6 Prozent steckte ein Anteil von 75 Prozent oder mehr im Grauen Markt (siehe Abbildung 3). Bei weiteren 7 Prozent waren es 50 Prozent des Vermögens. Fast die Hälfte der Graumarktkunden (49 Prozent) behielt sich aber die Möglichkeit offen, ihr Vermögen breiter zu streuen. Sie investierten nur zwischen 5 und 10 Prozent in Graumarktprodukte. Dazwischen lag eine Gruppe von 20 Prozent, die 25 Prozent ihres Vermögens am Grauen Markt investierten.

Abbildung 1: Wie viel Prozent Ihres investierten Vermögens haben Sie aktuell in die genannten Anlageprodukte investiert?

Grafische Darstellung der Umfrageergebnisse Die Erhebung zeigt auch, dass Besserverdienende eher bei Produkten des Grauen Kapitalmarkts zugreifen. Während in der Kategorie aller Befragten mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen bis 2.000 Euro lediglich rund 2,4 Prozent schon einmal ein Graumarktprodukt erworben hatten, waren es unter allen Umfrageteilnehmern mit mindestens 4.500 Euro monatlichem Haushaltsnettoeinkommen bereits 8,3 Prozent.

Direktvertrieb vorherrschend

Auf die Frage nach dem Vertriebskanal antworteten 40 Prozent der Graumarktkunden, das Produkt im Direktvertrieb erworben zu haben – also online beim Anbieter. Weitere 8 Prozent kauften das Produkt über ein Online-Portal. Dazwischen platzierten sich Banken (32 Prozent) und freie Berater (14 Prozent).

Diejenigen, die einen Graumarktkunden auf das zuletzt erworbene Graumarktprodukt aufmerksam gemacht hatten, zählten zu 35 Prozent zum Freundes-, Familien- oder Bekanntenkreis. Das persönliche Umfeld ist in dieser Hinsicht also bedeutender als Banken (22 Prozent) und freie Berater (19 Prozent).

Die Sicht der BaFin

Die BaFin rät Verbraucherinnen und Verbrauchern, sich stets genau zu informieren, in welche Art von Produkten sie ihr Geld sinnvollerweise investieren und wem sie es anvertrauen können. Produkte des Grauen Kapitalmarkts sind häufig sehr komplex, ihre Chancen und Risiken sind nicht ohne weiteres erkennbar. Bei Angeboten mit einem Prospekt oder einem Informationsblatt sollten Anleger diese Dokumente sorgfältig durchlesen. Anbieter müssen darin die wesentlichen Risiken der Anlage angeben. Eine Datenbank der BaFin gibt Aufschluss darüber, zu welchen Angeboten ein Prospekt oder ein Informationsblatt vorliegt.

Doch Vorsicht: Gibt es zu einem Angebot einen gebilligten Prospekt oder ein Informationsblatt, bedeutet dies nicht, dass die BaFin deren inhaltliche Richtigkeit geprüft hat. Das ist nämlich nicht ihre Aufgabe. Die Aufsicht prüft auch nicht, ob der Emittent seriös ist. Auch das Produkt selbst kontrolliert die BaFin nicht.

Graumarktprodukte sind auch deshalb sehr riskant, weil das Geld, das Anleger investieren, häufig lange gebunden ist. Während der Laufzeit auszusteigen, etwa weil man kurzfristig Kapital braucht, ist nicht möglich – oder nur mit erheblichen Preisabschlägen. Außerdem sollten sich Anleger vor Augen führen, dass sie bei derart riskanten und spekulativen Anlagen ihr gesamtes investiertes Vermögen verlieren können.

Autorin

Annette von Diest
BaFin-Referat Verbrauchertrendanalyse und Verbraucheraufklärung

Quelle:BaFin

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