Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Bundesmittel vorübergehend einzufrieren, hat in den USA große Verunsicherung ausgelöst. Programme wie Meals on Wheels (ein Essenslieferdienst für Bedürftige) und staatliche Wohnhilfen gerieten plötzlich ins Wanken. Die chaotische Umsetzung dieser Maßnahme führte zu einer juristischen Auseinandersetzung über die Grenzen präsidentieller Macht, die höchstwahrscheinlich vor dem Obersten Gerichtshof enden wird.
Trump sieht sich als politischer Außenseiter, der das Washingtoner Establishment herausfordert, und kann sich auf eine solide Wählerbasis stützen. Doch Kritiker warnen, dass seine jüngsten Schritte – darunter die Entlassung von Justizbeamten, der Versuch, das Geburtsortsprinzip abzuschaffen, und nun der Finanzierungsstopp – darauf hindeuten, dass er die Präsidentschaft als fast unbegrenzte Machtposition begreift.
Ein finanzielles Chaos aus dem Weißen Haus
Der Auslöser der Krise war ein Memo des Office of Management and Budget (OMB), das am Montagabend eine sofortige Aussetzung aller Bundeszahlungen anordnete – mit Ausnahme von Medicare und individueller Sozialhilfe. Dies sorgte für eine Welle der Unsicherheit in Bundesstaaten, Kommunen und gemeinnützigen Organisationen, die sich fragten, welche Programme betroffen sind.
Versuche des Weißen Hauses, den Stopp als notwendige Prüfung der Staatsausgaben darzustellen, um „konfliktreiche Programme“ wie Diversity-, Gleichstellungs- und Inklusionsmaßnahmen (DEI) zu streichen, verstärkten nur die Verwirrung. Bei der ersten Pressekonferenz von Trumps neuer Pressesprecherin Karoline Leavitt konnte sie nicht einmal klarstellen, ob Medicaid betroffen sei – ein Schlüsseldienst für Millionen Amerikaner.
Am Abend stoppte ein Bundesrichter vorläufig den Finanzierungsstopp bis Montag und kritisierte die Regierung:
„Die Regierung weiß selbst nicht, welche Programme genau betroffen sind.“
– US-Bezirksrichter Loren L. AliKhan
Von „Schock und Ehrfurcht“ zu Chaos und Unsicherheit
Trumps zweite Amtszeit begann mit einer aggressiven Welle von Dekreten und politischen Maßnahmen – eine Strategie, die Kritiker als „Schock und Ehrfurcht“-Taktik bezeichnen. Doch das Tempo dieser Maßnahmen scheint selbst Trumps Verwaltung zu überfordern.
Nach seinem Sieg in allen sieben Swing States hat Trump zwar eine starke politische Basis, doch er hat nur begrenzte Zeit, um seine tiefgreifenden Veränderungen durchzusetzen. Sein plötzlicher Finanzierungsstopp hat nun aber eine ungewollte Aufmerksamkeit auf essenzielle Regierungsprogramme gelenkt, die von vielen Amerikanern genutzt werden.
Besonders brisant: Der Chaos-Tag im Weißen Haus könnte eine Warnung für Elon Musk sein, der als Leiter des neuen Ministeriums für Regierungseffizienz plant, massiv Bundesausgaben zu kürzen.
Greift Trump in die Befugnisse des Kongresses ein?
Die gravierendste rechtliche Frage ist jedoch, ob Trump mit dem Finanzierungsstopp die Verfassung untergräbt.
Nach Ansicht vieler Experten stellt Trumps Maßnahme einen direkten Angriff auf die Budgethoheit des Kongresses dar. Der US-Präsident kann zwar neue Gesetze vorschlagen, doch einfach bestehende Finanzierungen zu stoppen, überschreitet seine Befugnisse.
„Es ist eine direkte Herausforderung an den Kongress und sein Recht, Ausgaben zu genehmigen.“
– Donald Kettl, ehemaliger Dekan der University of Maryland School of Public Policy
Trump-Vertrauter Stephen Miller, der stellvertretende Stabschef des Weißen Hauses, verteidigte das Vorgehen mit drastischen Worten:
„Bürokraten haben Millionen für bösartige und schädliche Programme ausgegeben. Das muss enden.“
Aber ein Wahlsieg gibt einem Präsidenten nicht das Recht, Gesetze zu ignorieren. Die in Frage stehenden Mittel wurden bereits durch den Kongress genehmigt – und laut US-Verfassung liegt das „Power of the Purse“ (Kontrollrecht über den Staatshaushalt) ausschließlich beim Legislativorgan.
Das erinnert an frühere Fälle von Exekutivmachtüberschreitungen:
✅ Entlassung von Staatsanwälten, die gegen Trump ermittelt haben – ein möglicher Verstoß gegen den Schutz von Beamten vor politischer Einflussnahme.
✅ Versuch, die Geburtsrechtsstaatsbürgerschaft abzuschaffen, obwohl dies durch den 14. Verfassungszusatz garantiert wird.
✅ Massenhafte Entlassung von Regierungsinspektoren, ohne die gesetzlich vorgeschriebene 30-tägige Benachrichtigung des Kongresses.
Verfassungsrechtler Corey Brettschneider warnt vor der schleichenden Aushöhlung der Gewaltenteilung:
„Demokratie bedeutet nicht, dass ein Präsident einfach alle bestehenden Gesetze ausradieren kann.“
Trumps wachsender Druck auf die Verfassung
Dieser Vorfall bestätigt, dass Trump die Grenzen präsidentieller Macht weiter ausreizt. Viele befürchten, dass seine Regierung bewusst juristische Kämpfe provoziert, um durch den konservativ dominierten Supreme Court die Macht des Präsidenten auszuweiten.
„Das Präsidialamt sollte durch Gesetze und die Verfassung begrenzt sein. Doch Trump sieht es anders – er glaubt, er könne tun, was er will. Und das ist eine Vision der autoritären Kontrolle.“
– Corey Brettschneider, Verfassungsrechtler
Tatsächlich haben Kongress und Gerichte Trumps Macht bereits gestärkt:
- Republikanische Senatoren verhinderten 2020 seine Amtsenthebung, was das Impeachment als Kontrollmechanismus schwächte.
- Der Supreme Court entschied 2024, dass Präsidenten in „offiziellen Handlungen“ weitgehend Immunität genießen, was Trump nun als Rechtfertigung für seine aggressiven Schritte nutzt.
Fazit: Ein Test für die US-Demokratie
Trumps Finanzierungsstopp mag temporär sein, doch er ist ein gefährlicher Präzedenzfall. Sollte das Gericht ihm Recht geben, hätte jeder zukünftige Präsident die Macht, bereits bewilligte Gelder nach Belieben zu blockieren – eine gefährliche Entwicklung für die Gewaltenteilung.
Dieser Vorfall zeigt, dass Trump nicht nur Politik betreibt, sondern das präsidentielle System selbst neu definieren will. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die demokratischen Institutionen der USA diesem Druck standhalten können – oder ob Trump das Präsidialamt dauerhaft verändert.
Kommentar hinterlassen