Dominaque Thorpe verbüßt in North Carolina eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes – obwohl keine seiner DNA-Spuren am Tatort gefunden wurden. Neue Untersuchungen des Vergewaltigungs-Kits mit modernen Analysemethoden bestätigten erneut: Kein Hinweis auf Thorpe. Dennoch entschied ein Richter, diese Ergebnisse seien „nicht günstig“ für seine Verteidigung. Nach geltendem Recht bleibt das Urteil bestehen – eine Entscheidung, die Thorpes Anwälte und Menschenrechtsgruppen scharf kritisieren.
Der Fall: Ein Mord mit vielen offenen Fragen
Im August 2007 wurde Stephen Yarborough brutal ermordet in seiner Wohnung aufgefunden. Die Polizei fand reichlich Beweismaterial: Blutspuren, eine blutige Handfläche, verschüttete Zigarettenstummel – doch keine dieser Spuren stimmte mit Thorpe überein. Auch ein später untersuchter Vergewaltigungs-Kit zeigte keinerlei fremde DNA.
Die Anklage stützte sich auf Aussagen fragwürdiger Zeugen, darunter Gefängnisinsassen und eine bezahlte Informantin. Eine Theorie wurde konstruiert, laut der Thorpe zusammen mit zwei Mitangeklagten Yarborough aus sexuellen und finanziellen Motiven ermordet haben soll. Die Mitangeklagten wurden später zu deutlich geringeren Strafen verurteilt – einer ist inzwischen verstorben.
Zweifel an Justiz und Gesetzgebung
Thorpes Anwältin, Christine Mumma vom North Carolina Center on Actual Innocence, sieht das Urteil als Justizirrtum. Sie argumentiert, dass das Fehlen von Thorpes DNA im Vergewaltigungs-Kit die zentrale Anklage – eine gewaltsame sexuelle Tat – untergräbt. Der zuständige Richter urteilte jedoch, die Ergebnisse seien „nicht entscheidend“ für die Verurteilung wegen Mordes. Eine Berufung ist in North Carolina in solchen Fällen nicht erlaubt.
Hinzu kommt: Obwohl das Bundesprogramm „Sexual Assault Kit Initiative“ Mittel zur Nachuntersuchung alter Kits bereitstellt, verhindert das Gesetz in North Carolina, dass bereits verurteilte Personen automatisch davon profitieren. Thorpes Verteidigung musste die neue Untersuchung selbst finanzieren.
Mehrere Verdächtige, aber nur einer verurteilt
Während Thorpe verurteilt wurde, tauchten während der Ermittlungen mehrere mögliche Täter auf – darunter Maurice Paylor, ein Ex-Partner des Opfers, sowie Winston Williams und Jerome Lamberth, ehemalige Mitbewohner Yarboroughs. Gegen sie gab es Verdachtsmomente und teilweise DNA-Treffer, doch keiner wurde angeklagt.
Besonders brisant: Ein Mitgefangener von Williams behauptete, dieser habe ihm gegenüber zugegeben, in der Mordnacht bei Yarborough gewesen zu sein. Diese Information wurde jedoch vom Gericht nicht zugelassen.
Hoffnung auf Revision
Thorpes Anwälte haben nun beim Obersten Gerichtshof von North Carolina beantragt, das Urteil des Richters rückgängig zu machen. Sollte das Gericht entscheiden, dass die DNA-Ergebnisse tatsächlich „günstig“ für die Verteidigung sind, müsste eine neue gerichtliche Entscheidung getroffen werden – möglicherweise ein neues Verfahren oder die Aufhebung der Verurteilung.
Für Mumma ist klar: „Die Wissenschaft ist weiter als das Gesetz. Es ist Zeit, dass unsere Gesetze sich anpassen.“
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