Madagaskars Präsident Andry Rajoelina hat sich nach eigenen Angaben an einen „sicheren Ort“ zurückgezogen – offenbar aus Angst vor einem Putschversuch und einem Anschlagsplan. In einer live übertragenen Facebook-Ansprache erklärte der 51-Jährige:
„Seit dem 25. September gibt es Versuche, mich zu töten und einen Staatsstreich durchzuführen.“
Rajoelina, der seit Tagen nicht öffentlich aufgetreten ist, äußerte sich nicht zu seinem aktuellen Aufenthaltsort. Laut unbestätigten Medienberichten soll er das Land mit einem französischen Militärflugzeug verlassen haben.
Jugendliche Proteste und eine Armee im Aufstand
Vorausgegangen waren landesweite Proteste, maßgeblich angeführt von jungen Demonstranten der Bewegung „Gen Z Mada“, die Rajoelinas Rücktritt forderten. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung hatte sich zunächst an massiven Strom- und Wasserausfällen entzündet, weitete sich jedoch rasch zu generellen Protesten gegen Korruption, Armut und hohe Arbeitslosigkeit aus.
Rajoelinas Antwort: Er entließ die gesamte Regierung – doch die Proteste gingen weiter.
Am Wochenende spitzte sich die Lage dramatisch zu: CAPSAT, eine einflussreiche Eliteeinheit der Armee, die Rajoelina bereits 2009 an die Macht gebracht hatte, erklärte sich zur neuen Führungsinstanz über alle Streitkräfte des Landes. Einige Offiziere der Einheit schlossen sich sogar den Demonstrationen in der Hauptstadt Antananarivo an.
Armee übernimmt – Präsident spricht von Verfassungsbruch
In seiner Ansprache betonte Rajoelina:
„Es gibt nur einen Weg, diese Krise zu lösen: die Einhaltung der Verfassung.“
Doch dieser Appell kam zu spät. General Demosthène Pikulas, der neue Armeechef und Unterstützer von CAPSAT, erklärte, die Sicherheitskräfte würden nun gemeinsam für Ordnung sorgen. Nach offiziellen Angaben hielt sich Pikulas am Montagabend im Hauptsitz des staatlichen Fernsehens auf, um die Lage zu beruhigen.
Die größte Oppositionspartei TIM kündigte derweil ein Amtsenthebungsverfahren wegen „Amtsaufgabe“ gegen Rajoelina an.
Flucht ins Ausland und Tote bei Protesten
Mehrere Mitglieder von Rajoelinas engerem Umfeld – darunter Ex-Premierminister Richard Ravalomanana und Unternehmer Maminiaina Ravatomanga – sollen bereits ins nahegelegene Mauritius geflüchtet sein.
Die Vereinten Nationen berichten von mindestens 22 Todesopfern und über 100 Verletzten während der ersten Protesttage. Augenzeugen zufolge feuerten Sicherheitskräfte mit scharfer Munition auf Demonstrierende. Ein Neugeborenes kam durch Tränengas ums Leben.
Die Regierung bestreitet diese Zahlen.
Hintergrund: Ein Land in Dauerkrise
Madagaskar gilt trotz reicher natürlicher Ressourcen als eines der ärmsten Länder der Welt. Laut Weltbank leben rund 75 % der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Nur etwa ein Drittel hat Zugang zu Elektrizität.
Seit der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960 wurde Madagaskar wiederholt von politischen Umstürzen erschüttert. Auch Rajoelina selbst kam 2009 durch Massenproteste an die Macht – damals als Bürgermeister von Antananarivo und mit Unterstützung derselben Armee-Einheit, die ihn nun offenbar stürzt.
🕊️ Fazit:
Madagaskar steht am Rande eines Machtwechsels durch die Armee. Während Präsident Rajoelina sich auf der Flucht befindet, übernimmt das Militär de facto die Kontrolle. Ob es der Beginn eines friedlichen Übergangs oder weiterer Instabilität ist, bleibt abzuwarten.
Kommentar hinterlassen