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„Psychische Erkrankungen sind ein erhebliches Risiko – doch der Ausschluss sorgt für Diskussionen“

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Versicherungsrechtler Jens Reime über das OLG-Urteil zur Restschuldversicherung

Verbraucherschutzforum: Herr Reime, das Oberlandesgericht Hamburg hat entschieden, dass der Ausschluss psychischer Erkrankungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer Restschuldversicherung rechtmäßig ist. Wie bewerten Sie dieses Urteil?

Jens Reime: Das Urteil ist aus juristischer Sicht nicht überraschend. Versicherungen haben grundsätzlich das Recht, bestimmte Risiken auszuschließen, wenn dies transparent kommuniziert und nachvollziehbar begründet wird. Das Gericht hat klargestellt, dass die Klausel zum Ausschluss psychischer Erkrankungen nicht intransparent ist und keine unangemessene Benachteiligung der Versicherten darstellt. Dennoch bleibt das Urteil gesellschaftlich und ethisch umstritten, da psychische Erkrankungen heute eine der häufigsten Ursachen für Arbeitsunfähigkeit sind.

Verbraucherschutzforum: Können Sie die Argumentation des Gerichts erläutern? Warum ist dieser Ausschluss zulässig?

Reime: Das Gericht hat sich auf zwei zentrale Aspekte gestützt. Erstens ist die Klausel klar und verständlich formuliert. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer kann erkennen, dass psychische Erkrankungen generell vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind. Zweitens ist der Ausschluss nicht willkürlich, sondern dient der Kalkulierbarkeit des Versicherungsrisikos. Psychische Erkrankungen sind oft schwer objektiv festzustellen, langwierig und individuell unterschiedlich ausgeprägt. Ein Versicherungsschutz für diese Fälle würde hohe Prämien erfordern, was das Versicherungsprodukt für viele Kunden unattraktiv machen könnte.

Verbraucherschutzforum: Kritiker bemängeln, dass Versicherte durch diesen Ausschluss erheblich benachteiligt werden. Sehen Sie das auch so?

Reime: Der Ausschluss ist sicherlich problematisch, insbesondere für Personen, die sich vor Abschluss der Versicherung nicht bewusst sind, dass sie psychische Erkrankungen vom Schutz ausnimmt. Gerade in einer Zeit, in der Burnout, Depressionen und Angststörungen zunehmen, stellt sich die Frage, ob eine solche Klausel noch zeitgemäß ist. Andererseits kann eine Versicherung nur dann wirtschaftlich tragfähig bleiben, wenn die versicherten Risiken kalkulierbar sind. Es ist daher ein Abwägen zwischen Verbraucherschutz und wirtschaftlicher Tragfähigkeit der Versicherer.

Verbraucherschutzforum: Welche Alternativen haben Verbraucher, die sich gegen Einkommensausfälle durch psychische Erkrankungen absichern wollen?

Reime: Verbraucher sollten sich genau informieren, bevor sie eine Restschuldversicherung oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. In manchen Policen sind psychische Erkrankungen nicht ausgeschlossen, allerdings sind diese oft mit höheren Beiträgen verbunden. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung kann eine sinnvolle Ergänzung sein, da sie meist umfassenderen Schutz bietet als eine Restschuldversicherung, die sich primär auf die Absicherung von Krediten fokussiert. Zudem kann es sinnvoll sein, im Vorfeld mit einem unabhängigen Versicherungsexperten die Vertragsbedingungen zu prüfen.

Verbraucherschutzforum: Was bedeutet das Urteil für zukünftige Versicherungsverträge? Können Versicherte erwarten, dass sich an der Praxis der Ausschlüsse etwas ändert?

Reime: Kurzfristig wird sich durch dieses Urteil wenig ändern, da es die bestehende Rechtsprechung bestätigt. Langfristig könnte sich jedoch politischer Druck auf Versicherer aufbauen, solche Ausschlüsse zu überdenken. Sollten psychische Erkrankungen in der Gesellschaft weiter an Bedeutung gewinnen, könnte es regulatorische Änderungen geben, die Versicherer dazu verpflichten, auch diese Fälle abzusichern. Bis dahin bleibt es jedoch in der Verantwortung der Verbraucher, sich frühzeitig mit ihren Versicherungsbedingungen auseinanderzusetzen und gezielt nach Alternativen zu suchen.

Verbraucherschutzforum: Herr Reime, vielen Dank für Ihre Einschätzungen!

 

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