Von Berlin bis Mountain View – Tech-Giganten haben ein altbekanntes Spielzeug wiederentdeckt: die Datenbrille. Doch diesmal soll alles anders werden – dank künstlicher Intelligenz.
Mehr als zehn Jahre nach dem Scheitern von Google Glass glaubt das Silicon Valley: Jetzt ist endlich die Zeit reif für „wirklich smarte“ Brillen. Das Zauberwort lautet diesmal: KI statt Klotzoptik.
KI statt Klobrigkeit
Damals war Google Glass ein technisches Gimmick mit winzigem Bildschirm, miserabler Batterie und hohem Preis – und löste vor allem Datenschutzpanik aus. Heute machen Firmen wie Snap, Meta, Amazon und Google ernst mit der Vision einer tragbaren, alltagstauglichen Computerbrille. Und diesmal kann man ihr sogar Fragen stellen wie: „Ist dieser Paprika scharf?“ oder „Wie heißt das Café, in dem ich vorhin war?“
Möglich machen das KI-Systeme wie Gemini (Google), Meta AI oder ChatGPT, die gleichzeitig Bild, Ton und Kontext verarbeiten können – fast wie ein zweites Gehirn, nur ohne Schlafbedarf.
Snap macht den Anfang, Apple zieht nach
Snap kündigte vergangene Woche „Specs“ für 2026 an – Brillen, die „die Welt verstehen“. Meta verkauft seit 2023 seine Ray-Ban-Brillen mit eingebautem Sprachassistenten und Kamera – laut Hersteller inzwischen über 2 Millionen Mal. Auch Apple soll 2026 eine eigene Brille bringen. Und Amazon? Hält sich noch bedeckt – lässt die Tür aber offen.
Vom Gimmick zur Google-Konkurrenz?
Die Brille als neues Google: Genau das zeichnet sich ab. Statt auf dem Smartphone zu googeln, schaut man auf ein Straßenschild – und die Brille sagt einem sofort, wo man ist, ob es gefährlich ist und wo der nächste Kaffee wartet. Visual Search wird zum Alltag, statt zur Ausnahme.
Der Haken? Datenschutz und Design
Doch trotz technischer Fortschritte bleibt die Gretchenfrage: Will das überhaupt jemand tragen? Datenschützer dürften Schnappatmung bekommen, wenn heimlich gefilmt wird. Und die Ästhetik? Na ja. Die erste Generation sieht meist noch aus wie „Bluetooth-Headset trifft Fahrradbrille“.
Dennoch: Marktanalysten erwarten ein starkes Wachstum – von 3,3 Millionen verkauften Geräten 2024 auf fast 13 Millionen bis 2026 (ABI Research). Die große Hoffnung der Tech-Welt: Die Brille wird das Smartphone von morgen.
Oder wie Analyst Jitesh Ubrani es nüchtern formuliert:
„Niemand will das nächste große Ding verschlafen.“
Ob es diesmal klappt? Die Brille sieht – aber der Markt muss erst noch sehen wollen.
Kommentar hinterlassen