Musterentscheid 13 Kap 1/21 Sachwert Rendite-Fonds Indien 2 GmbH & Co. KG

Musterentscheid
13 Kap 1/21
Sachwert Rendite-Fonds Indien 2 GmbH & Co. KG
13.05.2022

Hanseatisches Oberlandesgericht

Az.: 13 Kap 1/​21

Verkündet am 01.04.2022

Busse, JOSekr´in
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Beschluss

In der Sache

Fritz Detmers, …
– Musterkläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte von Ferber, Langer, Neuer Wall 61, 20354 Hamburg

gegen
1)
MPC Capital Investments GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Palmaille 67, 22767 Hamburg
– Musterbeklagte –
2)
Managementgesellschaft Sachwert Rendite-Fonds Indien mbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Palmaille 67, 22767 Hamburg
– Musterbeklagte –
3)
TVP Treuhand- und Verwaltungsgesellschaft für Publikumsfonds mbH & Co. KG, Palmaille 67, 22767 Hamburg
vertreten durch die Komplementärin Verwaltung TVP Treuhand GmbH, diese vertreten durch d. Geschäftsführer
– Musterbeklagter –
4)

…..
5)
Verwaltung Sachwert Rendite-Fonds Indien 2 GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Palmaille 67, 22767 Hamburg
– Musterbeklagte –
6)
Telis Finanz AG, vertreten durch d. Vorstand, Ziegetsdorfer Straße 116, 93051 Regensburg
– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte zu 1 – 3 und 5:
Rechtsanwälte Lindenpartners, Friedrichstraße 95, 10117 Berlin

Prozessbevollmächtigte zu 6:
Rechtsanwälte Heberlein, Mack-Pfeiffer & Kollegen, Elisabethstraße 11, 80796 München, Gz.: 10 959/​17

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 13. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Panten, die Richterin am Oberlandesgericht Löffler und die Richterin am Amtsgericht Hohmuth am 01.04.2022 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2022:

Die Feststellungsanträge des Musterklägers werden zurückgewiesen.


Gründe:

I.

Das vorliegende Verfahren nach dem KapMuG bezieht sich auf den am 10.09.2008 veröffentlichten Anlageprospekt zum Sachwert Rendite-Fonds Indien 2 GmbH & Co. KG.

Mit Beschluss vom 14.12.2017 hat das Landgericht Hamburg dem Senat die folgenden Feststellungsziele vorgelegt.

1. Der Verkaufsprospekt (einschließlich Gesellschafts- und Treuhandvertrag sowie diverser Nachträge) vom 10. September 2008 zum Beteiligungsangebot an der Sachwert Rendite-Fonds Indien 2 GmbH & Co. KG (nachfolgend auch „Fonds“ oder „Fondsgesellschaft“) ist jeweils unrichtig, irreführend und unvollständig und insofern liegt jeweils ein erheblicher Prospektfehler vor, soweit folgende Sachverhalte nicht oder unrichtig dargestellt werden:

2. Der Prospekt klärt nicht über das erhebliche Verlustrisiko auf, das mit den von den indischen Projektgesellschaften abgeschlossenen bzw. noch abzuschließenden Baufinanzierungen einhergeht, sondern teilt ganz im Gegenteil sogar mit, etwaige Probleme bei diesen Finanzierungen könnten „lediglich zu einer schwächeren Prognose und somit zu geringeren Ausschüttungen“ führen.

3. Der Prospekt weckt unzutreffend den Eindruck, die MPC Münchmeyer Petersen Real Estate Consulting GmbH (nachfolgend „MPC REC“) sei zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Prospekts und seiner Nachträge in der Lage gewesen, die Platzierungs- bzw. Eigenkapitalgarantie, der zufolge die MPC REC verpflichtet war, die Vollplatzierung des Fonds sicherzustellen, zu erfüllen.

4. Der Prospekt klärt nicht darüber auf, dass bereits zum Zeitpunkt der Vermarktung des Fonds Hunderte Millionen Euro an Platzierungsgarantien, die die Konzernobergesellschaft der MPC REC, die MPC Capital AG, bzw. ihre (direkten und indirekten) Tochtergesellschaften den in der Vermarktung befindlichen Fonds der MPC-Gruppe zugesagt hatten, zur Auszahlung anstanden und nur deshalb nicht erfüllt werden mussten, weil die die jeweilige Zwischenfinanzierung stellenden Banken sich zu einem temporären Stillhalten verpflichtet hatten.

5. Der Prospekt weckt unzutreffend den Eindruck, die dem Fonds von drei Banken zur Verfügung gestellte Eigenkapitalzwischenfinanzierung könne nur dann vorzeitig gekündigt werden, wenn die Fondsgesellschaft wesentliche Vertragspflichten verletzt, und insbesondere nicht, wenn es zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Fonds kommt.

6. Der Prospekt weckt unzutreffend den Eindruck, dass die Banken keinerlei Zugriff auf das Fondsvermögen haben mit Ausnahme der Ansprüche auf Einzahlung der Kommanditeinlagen, insbesondere verschweigt er, dass den Banken auch die Beteiligungen des Fonds an den indischen Projektgesellschaften als Sicherheit dienten.

7. Der Prospekt klärt nicht hinreichend über den erheblichen bürokratischen Aufwand im Zusammenhang mit indischen Bauprojekten und die aus westlicher Sicht unvorstellbar hohe Zahl erforderlicher Genehmigungen auf; ebenso verschweigt er die zur Erlangung der Genehmigungen regelmäßig erforderlichen Schmiergeldzahlungen („speed money“) sowie die insgesamt mit dem Genehmigungsprozess einhergehenden aus westlicher Sicht extrem hohen Kosten.

8. Der Prospekt klärt nicht hinreichend darüber auf, dass die indischen Projektpartner des Fonds die ihnen gewährten Beteiligungen an den indischen Projektgesellschaften zu einem deutlich niedrigeren Preis erhalten als der Fonds, sondern weckt im Gegenteil den Eindruck, die Partner würden zu denselben wirtschaftlichen Konditionen investieren wie der Fonds.

11. (ursprünglich 9.) Es wird festgestellt, dass jedenfalls die Geschäftsberichte und sonstigen Anlegerinformationen des Fonds, die bis Ende des Jahres 2015, hilfsweise bis Ende des Jahres 2013, veröffentlicht wurden, nicht geeignet waren, die Anleger über die unter Ziffern 1.1 bis 1.5 aufgeführten Prospektmängel zu informieren, so dass die Geschäftsberichte und sonstigen Anlegerinformationen keine für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis begründen konnten.

Mit Beschluss vom 17.02.2021 hat der Senat weitere Feststellungsziele zum Verfahren zugelassen:

9. Der Verkaufsprospekt des „Sachwerte-Rendite Fonds Indien II“ ist unrichtig, irreführend und unvollständig, da in diesem die indische Volkswirtschaft fehlerhaft beschrieben wird, indem
a)

Das hohe Bevölkerungswachstum und das geringe Durchschnittsalter als entscheidender Faktor für eine wachsende Wirtschaft und ein wachsendes Konsumverhalten genannt werden, während das durchschnittliche Pro-Kopfeinkommen und die tatsächliche Kaufkraft fehlerhaft und als demgegenüber wesentlich weniger bedeutsam für den Erfolg der Kapitalanlage dargestellt werden, wodurch dem Anleger ein zu positives Bild der Investition vermittelt wird.
b)

überhöhte Angaben zur Größe der Mittelschicht und zur Zahl der Erwerbstätigen gemacht werden und dabei die hohe Analphabetenquote und der große unregulierte Niedriglohnsektor verschwiegen werden, wodurch eine unrealistisch hohe Kaufkraft und damit ein ebenso deutlich überhöhtes Konsumverhalten suggeriert werde.

10. Der Prospekt und seine Nachträge verschweigen, dass spätestens ab dem 01.12.2008 drei führende Prognoseinstitute den indischen Immobilienmarkt infolge der Finanzkrise äußerst kritisch sahen und sogar der Geschäftsführer der MPC Synergy Real Estate AG, die als Beraterin des Fonds fungierte und Überwachungs-, Koordinierungs- und Berichtsfunktionen bei den indischen Projektentwicklungen wahrnehmen sollte, davon ausging, dass sich Bauzeiten verlängern würden und die Aufnahme lokaler Baufinanzierungen (noch) schwieriger werden würde.

Die Musterbeklagte zu 1 hat formell die Prospektverantwortung übernommen (S. 15 des Anlageprospektes Anl. K 2) und hielt zudem einen KG-Anteil in Höhe von € 51.000,- (aaO., S. 157).

Bei der Musterbeklagten zu 5 handelt es sich um es sich um die Komplementärin der Fondsgesellschaft, die Musterbeklagte zu 2 ist deren geschäftsführende Kommanditistin (aaO., S. 70).

Die Musterbeklagte zu 3 ist Rechtsnachfolgerin der Musterbeklagten zu 4, die Gründungsgesellschafterin der Fondsgesellschaft mit einem Kommanditanteil in Höhe von € 1.000,- war.

Bei der Musterbeklagten zu 6, die – anders als die anderen Musterbeklagten – nur Partei eines der dem Senat bekannten ausgesetzten Verfahren erster Instanz ist, handelt es sich um ein Finanz-Beratungsunternehmen, durch dessen Agentur in Waakirchen der Ehemann der Klägerin im Verfahren Landgericht Hamburg (305 O 395/​17) beim Erwerb der Beteiligung am streitgegenständlichen Fonds beraten wurde. Der Senat hat die Akte dieses Verfahrens beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 14.01.2022 gemacht.

Der Musterkläger hat die einzelnen Feststellungsziele ausführlich begründet, wegen der Einzelheiten wird auf den klägerischen Schriftsatz vom 30.07.2019 Bezug genommen.

Hinsichtlich der Feststellungsziele 3 und 4 hat der Musterkläger zunächst vorgebracht, dass die Eigenkapitalgarantin MPC REC bei Fondsauflegung nur über ein Stammkapital von € 52.000,- und überdies über keinerlei Reserven oder wesentliche Umsätze verfügt habe. Damit sei immer klar gewesen, dass sie zur Erfüllung der EK-Garantie nur mit Unterstützung durch die MPC Capital AG als Muttergesellschaft der MPC-Gruppe in der Lage sein würde. Aber auch der MPC-Konzern insgesamt habe 2008 ca. € 1.500.000.000 an Eventualverbindlichkeiten gehabt.

Nachdem der Senat mit Verfügung vom 14.05.2021 auf die grundlegende Bedeutung der Entscheidung des BGH in Sachen BGH XI ZB 35/​18 vom 19.01.2021 hingewiesen hatte, hat der Musterkläger zur seiner Auffassung nach fortbestehenden Haftung jedenfalls der Musterbeklagten zu 3 vorgetragen, dass diese nur eine geringfügige Beteiligung von € 1.000 Kommanditkapital an der Fondsgesellschaft gehalten habe und auf Konzeptionierung und Struktur des Fonds keinerlei Einfluss gehabt habe, weshalb die Prospekthaftung im weiteren Sinne anwendbar bleiben müsse.

Diese Auffassung wird von verschiedenen, von den Rechtsanwälten activelaw vertretenen Beigeladenen unterstützt, die noch weitergehend der Auffassung sind, dass die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH unhaltbar sei und zudem von Entscheidungen des II. und III. Zivilsenats des BGH abweiche. Insbesondere der Regelung des § 47 Abs. 2 BörsG a.F. sei – entgegen der Auffassung des XI. Zivilsenats – zu entnehmen, dass Ansprüche gegen Prospektverantwortliche aus allgemeiner Prospekthaftung im weiteren Sinne keineswegs verdrängt seien.

Weiter bringt der Musterkläger vor, dass nunmehr – nämlich auf Grund des Vortrages der Musterbeklagten im KapMuG-Verfahren – klar geworden sei, dass es sich bei der Platzierungsgarantie der MPC Münchmeyer Petersen Real Estate Consulting GmbH (S. 96 des Prospektes) von Beginn an um einen bewussten Etikettenschwindel gehandelt habe, der zu einer deliktischen Haftung der Musterbeklagten aus §§ 826, 923 Abs. 2 BGB i.V.m. 264a StGB führe, die auch nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH in Anspruchskonkurrenz zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung aus §§ 13 VerkProspG i.V.m. 44 BörsG a. F. stehe.

Die Musterbeklagten hätten sich von den Entscheidungsträgern der MPC-Gruppe instrumentalisieren lassen, um deren mit den Banken ersonnenen Plan umzusetzen, nämlich die Anleger unter Vortäuschung einer angeblich drohenden Insolvenz des Fonds zu einem Verzicht auf die Platzierungsgarantie zu bewegen, obwohl die Finanzierung der Platzierungsgarantie zu diesem Zeitpunkt (Ende 2012/​Anfang 2013) vollständig gesichert gewesen sei. Indem die MPC-Entscheidungsträger sich dem Wunsch der Banken gebeugt hätten, hätten sie deliktisch gehandelt, da sie allein dem Fonds und seinen Anlegern, nicht aber den Banken verpflichtet gewesen seien.

Daraus ergebe sich, dass die Musterbeklagten tatsächlich nie ein Interesse an der Durchsetzung der Platzierungsgarantie gehabt und nie vorgehabt hätten, diese ernsthaft einzufordern, womit schon in der Verwendung des Prospektes mit seinem Hinweis auf die Platzierungsgarantie ein Kapitalanlagebetrug im Sinne des § 264a StGB bzw. eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gelegen habe.

Mit Rücksicht hierauf hat der Musterkläger mit Schriftsatz vom 22.07.2021 beantragt, das Feststellungsziel zu 2 wie folgt zu ergänzen bzw. umzuformulieren, sofern der Senat dies für sinnvoll erachten sollte:

Der Prospekt weckt im Hauptteil unzutreffend den Eindruck, die MPC Münchmeyer Petersen Real Estate Consulting GmbH (nachfolgend „MPC REC“) sei zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung in der Lage und willens gewesen, die Platzierungs- bzw. Eigenkapitalgarantie, der zufolge die MPC REC verpflichtet war, die Vollplatzierung des Fonds sicherzustellen, zu erfüllen (S. 96, Abschnitt 12). Ebenso weckt er unzutreffend den Eindruck, dass die Musterbeklagte zu 2 die Platzierungsgarantie im Bedarfsfall ernsthaft einfordern würde. Dieser unzutreffende Eindruck wird auch durch die Nachträge nicht korrigiert, sondern es wird im Gegenteil berichtet, dass „die vertragliche Sicherstellung der Eigenkapitalplatzierung zum 8. September 2010 vereinbart“ (3. Nachtrag vom 15.02.2010 S. 1) bzw. die Eigenkapitalzwischenfinanzierung bis 30.9.2013 verlängert worden sei (5. Nachtrag vom 1.4.2010, S. 1 f.).

Die Musterbeklagten haben insoweit vorgebracht, dass die Platzierungsgarantie anfänglich sehr wohl werthaltig gewesen sei, wie sich gerade daraus ergebe, dass die Banken zur Ausreichung einer Eigenkapitalzwischenfinanzierung bereit gewesen seien, womit sie ihr Vertrauen in die Finanzkraft der MPC-Gruppe dokumentiert hätten. Tatsächlich wäre – sofern es zur Inanspruchnahme der Garantin aus der Garantie gekommen wäre – der übliche Weg gewesen, in Höhe des fehlenden Eigenkapitalanteils ein Darlehen aufzunehmen und die fraglichen KG-Anteile mit diesen Mitteln zu zeichnen. Im Rahmen der Umstrukturierung 2012/​2013 sei es um das Überleben der gesamten MPC-Gruppe gegangen, aus dem damaligen Verhalten der Gruppe könne daher keinesfalls der Schluss gezogen werden, dass die MPC Capital AG sich der Erfüllung der Garantie verweigert hätte.

Wie sich aus der beigezogenen Akte LG Hamburg, 305 O 395/​17 ergibt, wird die Musterbeklagte zu 6 in diesem einzigen sie betreffenden, ausgesetzten Ausgangsverfahren aus Beratungsverschulden des gegenüber der dortigen Klägerin aufgetretenen Beraters Eichmann in Anspruch genommen, der nicht auf das bei einem Auslandsimmobilienfonds bestehende erhebliche Risiko bis zum Totalverlust hingewiesen und vielmehr erklärt habe, dass „wenn es irgendwelche Probleme gebe, möglicherweise die Höhe des prospektierten Gewinns niedriger ausfallen“ könne. Auf Risiken wie die mögliche Unzuverlässigkeit der zahlreichen Vertragspartner, Rechts-, Steuer- und Währungsrisiken und das Risiko eines etwaigen Ausfalls der Eigenkapitalgarantin und die mangelnde Fungibilität der Beteiligung sei nicht hingewiesen worden.

II.
1.)

Der mit Schriftsatz des Musterklägers vom 22.07.2021 angebrachte Antrag das Feststellungsziel zu 3 zu präzisieren, sofern der Senat dies „für sinnvoll erachten“ sollte, war zurückzuweisen.

Auch wenn man in diesem nicht eindeutig formulierten Antrag einen solchen nach § 15 KapMuG sehen wollte, so liegen doch die Voraussetzungen der Norm nicht vor, da die erstrebte „Präzisierung“ entgegen § 15 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG neuen, bislang nicht streitgegenständlichen Sachverhalt zum Gegenstand dieses Feststellungszieles machen würde: Während bislang nur die objektive (Un-)Fähigkeit der MPC REC zur Erfüllung der übernommenen Eigenkapitalgarantie Gegenstand des Feststellungszieles ist, geht es dem Musterkläger mit seinem Antrag darum, die von Anfang an fehlende subjektive Bereitschaft zur Erfüllung feststellen zu lassen, wobei er auf Verhalten des MPC REC (bzw. der gesamten MPC-Gruppe) in den Jahren 2012/​2013 abstellt, aus dem Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung des Prospektes gezogen werden sollten, und weiter argumentiert, dass der unzutreffende Eindruck, dass die Musterbeklagte zu 2 die Garantie auch einfordern werde, auch durch Nachträge nicht ausgeräumt worden sei.

Damit aber würde Verhalten von für die MPC REC bzw. andere Gesellschaften der MPC-Gruppe handelnden Personen zu Zeitpunkten weit nach Prospektveröffentlichung, die bislang für keines der Feststellungsziele auch nur irgendeine Rolle gespielt haben, erheblich werden.
2.)

Hinsichtlich der Musterbeklagten zu 1 – 3 und 5 sind die Feststellungsanträge 1, 2 und 5 – 9 sämtlich zurückzuweisen.

Wie im von BGH XI ZB 35/​18 zu beurteilenden Sachverhalt ergibt die Auslegung dass hinsichtlich dieser behaupteten Prospektfehler die Feststellungen nur getroffen werden sollen, um die Musterbeklagten unter dem Aspekt der vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der unrichtigen, unvollständigen und irreführenden Gestaltung des Prospekts in Anspruch zu nehmen – insoweit greift jedoch die Verdrängungswirkung der spezialgesetzlichen Prospekthaftung aus §§ 13 VerkProspG i.V.m. 44 ff. BörsG a.F., die ihrerseits zweifelsfrei verjährt ist.

Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BGH, die dieser u.a. in Sachen XI ZB 26/​19 (Beschluss vom 12.10.2021) nochmals bestätigt und dahingehend konkretisiert hat (aaO., Rn. 24), dass es für die Qualifikation eines Musterbeklagten als prospektverantwortlich schon genügt, dass er Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft ist.

Dies trifft hier für die Musterbeklagte zu 1 als Gründungskommanditistin mit einem Anteil von € 51.000,-, die Musterbeklagte zu 2 als geschäftsführende Kommanditistin und die Musterbeklagte zu 5 als Komplementärin, aber auch auf die Musterbeklagte zu 3 zu, die im Jahre 2015 durch Umwandlung im Wege des Formwechsels Rechtsnachfolgerin der im HRG gelöschten Musterbeklagten zu 4 geworden ist, die bei Prospektveröffentlichung einen Kommanditanteil von € 1.000 an der Fondsgesellschaft hielt.

Vor diesem Hintergrund war auch das Passivrubrum durch Streichung der – nicht parteifähigen – Musterbeklagten zu 4 zu korrigieren.
3.)

Hinsichtlich der Feststellungsziele zu 3 und 4, für die der Musterkläger nunmehr ausdrücklich auch ein deliktisches Verhalten der Musterbeklagten behauptet (s.o.), kann dahinstehen, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen Vortrag zu einer deliktischen (und damit nicht von §§ 13 VerkProspG i.V.m. 44 ff. BörsdG a.F. verdrängten) Haftung von prospektverantwortlichen Musterbeklagten nach Erlass des Vorlagebeschlusses nachgeholt werden kann und weiter auch offenbleiben, ob ggf. in welcher Weise dargelegt werden muss, dass eine deliktische Haftung der Musterbeklagten überhaupt Gegenstand der ausgesetzten Ausgangsverfahren ist.

Denn vorliegend ist der Vortrag des Musterklägers zu einer deliktischen Haftung der Musterbeklagten bezüglich der mit den Feststellungsanträgen zu 3 und 4 geltend behaupteten Prospektfehler schon nicht schlüssig, die Anträge damit jedenfalls unbegründet.

Selbst wenn man das Vorbringen des Klägers zum Verhalten der MPC REC in den Jahren 2012/​2013 – das wie oben ausgeführt nicht formell zum Gegenstand eines Feststellungsantrages werden kann – für beachtlich hält, so ist es doch nicht geeignet, einen Rückschluss darauf zu tragen, dass schon im Moment der Prospektauflegung im Jahre 2008 bzw. der Veröffentlichung der Nachträge (zuletzt im Jahre 2010) die für die MPC-Gruppe handelnden Personen entschlossen gewesen seien, die Eigenkapitalplatzierungsgarantie nie einzufordern.

Der Klägervortrag ist insoweit schon unschlüssig: Um zu einer Haftung der Musterbeklagten aus §§ 826 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB zu gelangen, müsste dargelegt werden, dass die für die prospektverantwortlichen Musterbeklagten handelnden Personen schon bei Prospektauflegung entschlossen gewesen wären, die Eigenkapitalplatzierungsgarantie niemals zu ziehen. Der Kläger selbst bringt vor, dass im Jahre 2012/​2013 eine Restrukturierung der MPC-Gruppe unter Einbeziehung der zahlreichen damals nicht voll ausplatzierten Fonds unternommen worden und in diesem Zusammenhang auf die Einforderung der hier streitgegenständlichen Garantie verzichtet worden sei. Damit aber bringt er selbst vor, dass die Situation der MPC-Gruppe sich im Rahmen der immer weiter verschärfenden Krise – wie aus zahlreichen KapMuG-Verfahren zu Schiffsfonds zudem gerichtsbekannt ist – sich 2012/​2013 deutlich verschlechtert hatte. Damit aber kann aus der behaupteten Reaktion der Entscheidungsträger der MPC-Gruppe, die sich dem Ansinnen der Banken gebeugt und die Anleger über die angeblich drohende Insolvenz der Fondsgesellschaft getäuscht hätten, nichts dafür hergeleitet werden, dass schon im Jahre 2008 klar gewesen sei, dass die Garantie nie eingefordert werden würde.

Damit ist auch zugleich – bezogen auf eine mögliche (und nicht verdrängte) Haftung der Musterbeklagten aus Delikt –der ursprüngliche Klägervortrag zur anfänglichen Wertlosigkeit der Platzierungsgarantie unschlüssig: Da – wie der Kläger ausdrücklich vorbringt (Schriftsatz vom 22.07.2021, S. 2 unten) – die Finanzierung der Garantie durch eine Zusicherung der Banken der MPC-Gruppe bis zur Umstrukturierung 2012/​2013 gesichert war, kommt es auf das Vorbringen des Klägers zu einer anfänglichen Wertlosigkeit der Garantie im Hinblick auf die zahlreichen von der MPC-Gruppe herausgereichten Eigenkapitalplatzierungsgarantien (S. 6 – 9 des klägerischen Schriftsatzes vom 30.07.2019) nicht an.
4.)

Hinsichtlich der Musterbeklagten zu 6 greift der Vorrang der spezialgesetzlichen Prospekthaftung nicht, da diese Musterbeklagte zweifelfrei nicht prospektverantwortlich ist.

Grundsätzlich können die im KapMuG-Verfahren zu treffenden Feststellungen auch für einen Anspruch gegen einen Anlagevermittler/​-berater wesentlich sein, sofern nämlich dieser seinen Kunden auf Basis des Anlageprospektes berät bzw. informiert und dabei pflichtwidrig Mängel des Prospektes nicht erkennt.

Vorliegend gilt dies jedoch gerade nicht: Wie sich aus der beigezogenen Akte des Verfahrens des Landgerichts Hamburg zum Az. 305 O 395/​17 (gerichtet gegen die Musterbeklagten zu 4 und 6) ergibt, macht die dortige Klägerin in erster Linie ein Beratungsverschulden des ihr gegenüber aufgetretenen Beraters Eichmann geltend, der nicht auf das bei einem Auslandsimmobilienfonds bestehende erhebliche Risiko bis zum Totalverlust hingewiesen und vielmehr erklärt habe, dass „wenn es irgendwelche Probleme gebe, möglicherweise die Höhe des prospektierten Gewinns niedriger ausfallen“ könne. Auch auf Risiken wie die mögliche Unzuverlässigkeit der zahlreichen Vertragspartner, Rechts-, Steuer- und Währungsrisiken und das Risiko eines etwaigen Ausfalls der Eigenkapitalgarantin und die mangelnde Fungibilität der Beteiligung sei nicht hingewiesen worden.

Damit weist dieser Klägervortrag nur hinsichtlich der behaupteten anfänglichen Leistungsunfähigkeit der Eigenkapitalgarantin einen konkreten Bezug zu vorliegend streitgegenständlichen Feststellungszielen (Nrn. 3 und 4) auf, die weiteren im Ausgangsverfahren gerügten Punkte sind nicht Gegenstand des KapMuG-Verfahrens, das folglich insoweit keine Auswirkungen auf das ausgesetzte Verfahren haben kann.

Soweit ein solcher Bezug hinsichtlich der Feststellungsziele zu 3 und 4 besteht, wurde bereits dargelegt, weshalb der Vortrag im KapMuG-Verfahren unschlüssig ist (s.o. zu Ziffer II.3).


Panten Löffler Hohmuth

Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht Richterin
am Oberlandesgericht Richterin
am Amtsgericht

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