Mit grauen Meinungen Schulden machen

Kredite sind so günstig wie nie. Doch auch diese müssen zurückgezahlt werden  Das sollte nicht unterschätzt werden.

Eine Rechnung können viele Verbraucher ganz ohne Taschenrechner anstellen, und sie tun es nur zu oft: Die jährlichen Sparzinsen für Tagesgeld liegen im Schnitt bei 0,16 Prozent. Wer sein Konto bei einer Topzins-Bank hat, bekommt selten mehr als 0,75 Prozent. Die Inflation liegt für ein Jahr bei 1,5 – 2 Prozent. Geld horten lohnt sich nicht, denn damit verlieren Sparer. Bemerkenswert ist, dass die gleichen Sparer Mikrofinanzierungen in Anspruch nehmen und dafür – je nach Institut – Zinsen zwischen 10 und 18 Prozent pro Jahr zahlen.

Ach, sowas gibt es nur in der dritten Welt, Bangladesch… oder so!   Falsch: Wer eine Kreditkarte benutzt, nimmt –  wie der Name sagt – Kredit in Anspruch. Für den am Ende des Monats aufgelaufenen und an die Kartenorganisation zu zahlenden Betrag sind Zinsen in der o. b. Höhe zu erbringen, bei vielen Kartenorganisationen zuzüglich monatlicher Fixkosten. Es kann damit auch eine Mikrofinanzierung mit längerer Laufzeit verbunden sein – wenn der Saldo „großzügig“ über einen mehrmonatigen Zahlungsplan getilgt werden kann.
Ohne Kreditkarte schrumpft das Ersparte im schlechtesten Fall um 1,3 Prozent jährlich; dann kann der Bürger es lieber ausgeben – oder er macht Schulden, denn das lohnt sich doppelt: Die Kreditzinsen sind so niedrig wie nie. Ein Hauskredit mit zehnjähriger Zinsbindung kostet im besten Fall 1,32 Prozent jährlich – also weniger als jene im Durchschnitt 1,8 Prozent, um welche die Inflation den Kredit jährlich entwertet. Das mildert die Schuldenlast von allein, denken viele – und entscheiden sich fürs Schuldenmachen statt Sparen. Das ist ein teurer Irrtum.

Hilfreich sind Taschenrechner von früher oder die in Smartphones. Parallel dazu sollte der nun geborene Finanzspezialist überlegen, für welche Anschaffung(en) er /sie sich in die Miesen stürzt und in welcher Höhe. Auch bei Minizinsen können Schulden schnell zum Problem werden, wenn die aufgenommenen Summen (zu) groß sind. Um 20.000 Euro abzuzahlen (zu verzinsen und zu tilgen), müssen bei gängigen Konditionen fünf Jahre lang monatlich 370 Euro aufge-bracht werden. Das ist eine Menge Geld! Wer es in drei Jahren schaffen will, muss 590 Euro berappen. Bei vielen wird schon dabei das Geld knapp. Das Schuldenanhäufen lohnt sich nur in wenigen Fällen.

Basiswissen ist, dass Ratenkredite billiger sind als ein Konto, das längere Zeit im Dispo ist – von den Mikrofinanzierungen über die Kreditkarte ganz zu schweigen. Ratenkredite sollten nur für Anschaffungen aufgenommen werden, die mittelfristig entweder Kosten ersparen oder das Einkommen langfristig mehren. „Homecomputer“, Miniküchen oder Waschmaschinen sind Beispiele.  Der Wegfall von Fastfood mit Cola ist nicht nur gesünder, sondern im Haushalt billiger. Auf das Bild der Hoffnungsträger (Generationen Y, Z) mit bunten Tüten sei verwiesen.

Alles andere ist gefährlich. Das eigene Haus ist ein guter Kreditgrund, da es – bedingt – später Mietzahlungen überflüssig machen kann oder bei Vermietung eigene Mieteinnahmen bringt. Mit dem Ziel des Immobilienerwerbs kann kaum so lange gespart werden, bis sie aus einem Guthaben zu bezahlen sind. Sonst zögen viele Familien erst ins Eigenheim, wenn die Kinder erwachsen sind. Kredite für Bildung zahlen sich aus, weil das spätere Gehalt danach höher ausfällt. Kredite sollten für Investitionen genutzt werden. Dann ist Geld gut angelegt.

Wer Kredite nutzt, um Konsumprodukte zu finanzieren, macht in der Regel ein „Minusgeschäft“, selbst wenn die Minizinsen verlockend klingen. Rund drei Prozent pro Jahr sind für Ratenkredite – der Stufe vor den o. b. Mikrofinanzierungen – zu zahlen. Letztgenannte sind seit 2009 mit staatlicher Unterstützung für Menschen mit finanziellen Problemen am Markt – vereinfacht: Menschen die keine Kredite erhalten würden, wenn die Schufa nach ihrer Bonität gefragt würde. Solche Kredite (Euro 1.000 bis 10.000) werden von privaten Kreditanbietern zu Zinsen zwischen 7 und 12 Prozent auf eigenes Risiko, aber mit Rückbürgschaft des Staates angeboten. Deren Rückführungsquote liegt in Deutschland bei 98 Prozent, für Kleinkredite bei 92,5 Prozent.

Im besten Fall nehmen Kreditnehmer Geld dafür auf, sich heute zu gönnen, wofür sie sonst hätten sparen müssen. Für Kleinkredite verlangen Banken 4 bis 6 Prozent pro Jahr. Den Superzins von 1,9 Prozent pro Jahr aus der Werbung erhalten nur wenige Kunden, diejenigen mit bester Bonität nämlich. Aussagekräftiger ist bei Zinsvergleichen daher die Zwei-Drittel-Zinsnennung. Sie gibt an, welchen Zins zwei Drittel aller Kunden bei dieser Bank wirklich bekommen haben. Das sind im besten Fall 4 bis 6 Prozent, oft sind es 7 bis 10 Prozent Sollzinsen, was den Konditionen der Mikrofinanzierungen entspricht!

Ein Kredit über 10.000 Euro für die neue Küche kostet bei 3 bis 4 Prozent Zinsen immerhin 500 bis 600 Euro bei dreijähriger Laufzeit bzw. 800 bis 1000 Euro über fünf Jahre. Trotz Minizinsen stellen sich Sparer besser als Kreditnehmer. Ob die Küche in drei Jahren inflationsbedingt 700 bis 1200 Euro mehr kostet, ist unwahrscheinlich, aber die Kosten für das Küchenmanagement und die Erhaltung der Gesundheit können mehr wert sein.

Ähnlich stellt es sich beim Autokredit für alle, die individuell einen Wagen brauchen, um zur Arbeit und für Erledigungen zu fahren, die nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln beherrscht werden können. Dann mehrt der Kredit das Einkommen. Fahrzeuge kosten größere Summen, die sich nicht so schnell zusammensparen lassen, wobei ein relativ teurer SMART praktischer ist als ein billiges Auslandsprodukt. Erhöhte Vorsicht ist geboten, damit der 30.000-Euro-Kredit nicht zur Schuldenfalle wird! Wenn das Auto durch einen selbstverschuldeten Unfall zu einem Haufen Schrott wird, laufen die monatlichen Kreditraten weiter. Im besten Falle gibt’s zwar Geld von der – von Kreditgebern geforderten – Vollkaskoversicherung. Die zahlt nach einigen Monaten nur den Zeitwert des Autos. Auf dem Wertverlust bleibt der Kunde sitzen – und ein dann neues Auto wird teurer oder schlechter sein! Heikler wird es, wenn beim Autokredit der Fahrzeugbrief – der zum Verschrotten benötigt wird – bei der Bank als Sicherheit hinterlegt wird. Der Kreditgeber rückt ihn nur gegen eine gleichwertige Sicherheit heraus, etwa den Fahrzeugbrief vom gleichwertigen Auto oder das des Partners.
Schuldenberater warnen vor Minizinsen.  Jeder dritte Bundesbürger nutzt Ratenkredite für Konsumgüter, doch jeder Kredit ist eine gewagte Wette. Die Wette unterstellt, dass das Einkommen über Jahre nicht sinkt und die monatlichen Raten bezahlt werden können – während die Anschaffung oft nicht ihren Wert behält wie das Auto oder der längst vergessene Urlaub. Nun denken viele: Warum sollte mein Einkommen kleiner werden, denn ich habe einen sicheren Arbeitsplatz? Ich kann mit Geld umgehen. Damit erliegen viele einem Irrtum.

Jeder zehnte Erwachsene verliert die Kredit-Wette. Rund 6,7 Millionen Bundesbürger gelten als überschuldet und können ihre monatlichen Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen. Diese Zahlen wachsen mit Stetigkeit.

Den allermeisten kann nicht vorgeworfen werden, dass sie das Geld im Kaufrausch zum Fenster herausgeworfen hätten oder ihre Haushaltsführung schlecht wäre. Die meisten geraten durch äußere Umstände in Not

– jeder Vierte, weil er den Arbeitsplatz verliert oder seine Arbeitszeit reduziert

– jeder Fünfte durch Trennung oder Tod des Partners.

Die Schuldenfalle ist deshalb oder durch Unfall und Krankheit vorgegeben. Durch solche Ereignisse bricht ein Teil des Haushaltseinkommens weg, Unterhalt wird fällig – durch nicht erwartete Schwangerschaft der bisherigen Partnerin oder teure Behandlungskosten. Das bringt selbst Gutverdiener in Bedrängnis.

Nur 17 Prozent der Betroffenen können etwas für ihre Überschuldung. Selbst die Hauptschuld, weil sie zu wenig gebildet sind, schlecht mit Geld umgehen oder straffällig oder süchtig werden, können kein. Die schlechte Nachricht ist also: Ausschließen lässt sich eine Zahlungsunfähigkeit für niemand. Das eigene Risiko kann minimiert werden, indem keine größeren Kreditsummen aufgenommen werden, als das eigene Budget hergibt – auch wenn Banken hohe Kreditsummen gern als Vertrauensbeweis verkaufen!

Vor allem Immobilienkäufer sind bezüglich der Kredithöhe derzeit gefährdet. Hypothekenvermittler beobachten, dass die Durchschnittssumme für Hausfinanzierungen steigt. Das liegt einerseits an gestiegenen Hauspreisen in exklusiven Lagen von Metropolen, andererseits daran, dass viele Käufer angesichts der historischen Niedrigzinsen glauben, sich mehr leisten zu können. Rund 166.000 Euro leihen sich Bundesbürger im Schnitt fürs Eigenheim. Das sind 35 Prozent mehr als 2010. In Großstädten hat sich die Kredithöhe auf 200000 Euro verdoppelt. An Reichtum wegen gestiegener Gehälter liegt das nicht, im Gegenteil: Im Schnitt verschulden sich die Käufer mit 58 Monatseinkommen, das sind zehn Gehälter mehr als fünf Jahre zuvor. In München sind es 76 Monatsgehälter. Schrumpft ein Familieneinkommen, verlängert sich die Abzahlung bis Ultimo.

Eine Frage von Hauskäufern: Wie viel Kreditvolumen kann ich mir leisten?

Die Faustformel lautet: Mehr als 45 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens sollte dafür nicht ausgegeben werden: Vom Netto sind die Lebenshaltungskosten abzuziehen (Miete, Strom, Telefon, Essen, Transport) und weitere 200 Euro als Puffer. Der Rest könnte für den Kredit zur Verfügung stehen. Dennoch bleibt die Gefahr von Notfällen in o. b. Situationen. Wohnimmobilien können dann den Familienruin bewirken:

Das lt. Immobilienverkäufer günstige Traumhaus ist im Notfall nicht zum Einstandspreis zu verkaufen oder war es auch beim Erwerb diesen nicht wert. Hier greifen die von Mr. Trump geschätzten Fake-News, hier über stetig steigende Immobilienpreise. In mehr als der Hälfte von vergleichbaren Problemfällen gibt es diese gar nicht. Vergessen werden Wertminderungen, wenn in dem Wohngebiet nicht mehr die Boom-Vorgaben gelten oder das Haus /die Wohnung abgenutzt wird. Preissteigerungen werden bei wenigen Wohngrundstücken Deutschlands erreicht, aber der Wert der Gebäudesubstanz vermindert sich in den ersten zehn Jahren um etwa 2,5%, danach um 1,5% pro Jahr. Die Betrachtungen zu Zins und Inflation – s. o.

Damit wird mit dem letzten Irrtum aufgeräumt, der Entschuldung durch Inflation: Für die Immobilie wäre die Geldentwertung mit Zinseszins über 30 Prozent in zehn Jahren zu berücksichtigen. Eine höhere Inflation bedeutet höhere Lebenshaltungskosten.

Das Gehalt wird langsamer wachsen. Also wird es mit der Rückzahlung des Kredites knapp. Die Entschuldung wie von selbst klingt traumhaft, wird aber trotz Minizinsen so schnell nicht Realität.

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