Landgericht Düsseldorf: HVT HanseVermögen Treuhand-, Service und Verwaltungsgesellschaft mbH und weitere

Landgericht Düsseldorf

Beschluss

In dem Rechtsstreit

des ….

Klägers,

Prozessbevollmächtigte: ….

gegen

1.

die HVT HanseVermögen Treuhand-, Service und Verwaltungsgesellschaft mbH, vertreten durch die Geschäftsführerin Ivonne Kupke, Tinsdaler Kirchenweg 275 A, 22559 Hamburg,

2.

Frau Monica Galba, Hüttenweg 9, 14195 Berlin,

3.

die POC Verwaltungs GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer Edmund Kockartz und Klaus Christochowitz, Zur Wasserburg 24, 40764 Langenfeld (Rheinland),

4.

die POC Growth Verwaltungs 2. GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer Edmund Kockartz und Klaus Christochowitz

vertr. d. d. Gf., Zur Wasserburg 24, 40764 Langenfeld (Rheinland),

Beklagten,

Prozessbevollmächtigte zu 1-4: Rechtsanwälte Severin u. Partner, Knesebeckstraße 3, 10623 Berlin,

A)
Dem Oberlandesgericht Düsseldorf werden gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG zum Zwecke der Herbeiführung eines Musterentscheids folgende Feststellungsziele vorgelegt:

Es wird festgestellt, dass der Verkaufsprospekt zur Beteiligung POC Zwei GmbH & Co. KG in der Fassung des Nachtrags Nr. 1 vom 08.04.2010 unrichtig, irreführend und unvollständig ist, da der Verkaufsprospekt POC Zwei

I.

nicht hinreichend über die kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen informiert,

II.

nicht hinreichend über die Risiken aus Finanzierungsverträgen informiert,

III.

nicht darüber informiert, dass ein Anleger über seine Haftsumme hinaus mit seinem weiteren Vermögen haften könnte.

B)
Dieser Vorlagebeschluss ist gemäß § 6 Abs. 4 KapMuG im Klageregister des Bundesanzeigers öffentlich bekannt zu machen.

Gründe:

I.

1.
Den Musterverfahrensanträgen liegt folgender Lebenssachverhalt zugrunde:

Die Antragsteller machen gegen die Antragsgegner Schadensersatzansprüche wegen einer auf Prospektfehlern beruhenden fehlerhaften Aufklärung im Vorfeld einer treuhänderischen Beteiligung an der POC Zwei GmbH & Co. KG geltend. Grundlage des Entschlusses der Antragsteller zum Beitritt war der o.g. Verkaufsprospekt. Die Beklagte zu 1) ist Treuhandgesellschafterin und Gründungskommanditistin der POC Zwei GmbH & Co. KG. Die POC Verwaltungs GmbH ist Gründungskommanditistin der POC Zwei GmbH & Co. KG.

In einigen Verfahren sind die Klagen, soweit sie sich ursprünglich auch gegen die POC VerwaltungsGmbH und die POC Growth Verwaltungs 2. GmbH richteten, insoweit zurückgenommen worden. Die vom Vorlagebeschluss umfassten Verfahren betreffen teilweise zudem auch andere Fondsgesellschaften und richten sich daher auch gegen weitere Gründungskommanditisten dieser Fondsgesellschaften.

2.
Soweit im Rahmen einiger Verfahren (z.B. 10 O232/17, 8 O 245/17, 8 O 246/17, 8 O 247/17, 8 O 261/17) von Antragstellerseite geltend gemacht wird, den Musterverfahrensanträgen zu Verkaufsprospekten bezüglich anderer POC-Fondsgesellschaften liege derselbe Lebenssachverhalt zugrunde, da der Beteiligung an den jeweiligen Objektgesellschaften über die Fondsgesellschaften dasselbe Geschäftsmodell zugrunde gelegen habe und zudem die jeweiligen Objektgesellschaften im Jahr 2012 zu einer einzigen Objektgesellschaft (COGI Ltd. Partnership) zusammengeführt worden seien, wobei in den verschiedenen Fondsprospekten dieselben aufklärungspflichtigen Informationen unterblieben seien, so dass sämtliche Musterverfahrensanträge zu „POC-Beteiligungen“ „gleichgerichtet“ im Sinne von § 6 Abs. 1 KapMuG seien, kann dem nicht gefolgt werden.

Gemäß § 4 Abs. 1 KapMuG liegen gleichgerichtete Musterverfahrensanträge vor, wenn „deren Feststellungsziele den gleichen zugrunde liegenden Lebenssachverhalt betreffen“. Dabei soll der Lebenssachverhalt in natürlicher Weise nach dem Kernpunkt der zugrunde liegenden Rechtsstreitigkeiten erfasst werden, insbesondere liegt der gemeinsame Lebenssachverhalt bei den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KapMuG genannten Schadensersatzansprüchen typischerweise in der Veröffentlichung bestimmter Prospekte (so Hess, Reuschle, Rimmelspacher, Kölner Kommentar zum KapMuG, 2. Aufl., § 6 Rn. 8). Ob in diesem Sinne ein gleicher Lebenssachverhalt und damit gleichgerichtete Anträge vorliegen ist von dem nach § 6 Abs. 2 KapMuG zuständigen Prozessgericht im Rahmen des Vorlageverfahrens zu prüfen und in dem Vorlagebeschluss gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 KapMuG festzulegen. Dabei ist das vorlagepflichtige Prozessgericht an frühere Beurteilungen im Rahmen der Bekanntmachung, welche Anträge als gleichgerichtet in das Register des Bundesanzeigers eingestellt worden sind, nicht gebunden (Hess, Reuschle, Rimmelspacher, a.a.O., § 6 Rn. 4).

Demgegenüber hat das vorlegende Prozessgericht weder die im Klageregister von anderen Gerichten veröffentlichten Feststellungsziele auf deren Entscheidungserheblichkeit zu überprüfen, noch die Prozessakten der übrigen Gerichte, bei denen Musterfeststellungsanträge gestellt wurden beizuziehen und auf entscheidungserhebliche Punkte durchzusehen (Hess, Reuschle, Rimmelspacher, a.a.O., § 6 Rn. 63, 64). Aus dieser eingeschränkten Prüfungspflicht folgt, dass es auch nicht Aufgabe des vorlegenden Gerichts sein kann, verschiedene Prospekte für andere Fondsgesellschaften auf Gemeinsamkeiten, insbesondere konzeptionelle sowie inhaltliche Übereinstimmungen zu überprüfen. Richtigerweise wird der Lebenssachverhalt daher in Bezug auf angebliche Prospektfehler durch die Veröffentlichung eines ganz konkreten Prospektes bestimmt (Hess, Reuschle, Rimmelspacher, a.a.O., § 2 Rn. 49 am Ende; ebenso für die alte Fassung des KapMuG: Vorwerk, Wolf, Fullenkamp, KapMuG, 1. Aufl., § 4 Rn. 20).).

Daher bildet ausschließlich der Beitritt aufgrund des Verkaufsprospektes zur Beteiligung POC Zwei GmbH & Co. KG in der Fassung des Nachtrags Nr. 1 vom 08.04.2010 den diesem Vorlagebeschluss zugrunde liegenden Lebenssachverhalt.

II.
Der Antrag ist zulässig.

Die 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf ist für die Vorlage zuständig. Der ursprünglich am 19.06.2017 beim Landgericht Berlin eingegangene Musterverfahrensantrag (Aktenzeichen 2 O 117/17) ging aufgrund Verweisung beim Landgericht Düsseldorf am 16.10.2017 ein und wird hier unter dem Aktenzeichen 8 O 261/17 geführt. Mit Veröffentlichung dieses prioritätsältesten Musterverfahrensantrages im Bundesanzeiger am 07.09.2018 wurde die Vorlagezuständigkeit gemäß § 6 Abs. 2 KapMuG begründet (Hess, Reuschle, Rimmelspacher, Kölner Kommentar zum KapMuG, 2. Aufl., § 6 Rn. 40). Dafür, dass die Vorlagezuständigkeit durch Verweisung an das örtlich zuständige Landgericht Düsseldorf auf die hiesige, nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständige, 8. Zivilkammer übergegangen ist, spricht sowohl der Grundsatz der Einheitlichkeit des Verfahrens, als auch der Wille des Gesetzgebers, dass die Zuständigkeitsbestimmung nach § 6 KapMuG etwaigen Manipulationsmöglichkeiten entzogen werden soll (Bt-Drucks. 17/8799 vom 29.02.2012, S. 19 zu § 6), worunter auch die Anhängigkeit bei einem örtlich unzuständigen Gericht subsumiert werden kann.

Das Quorum gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG ist erreicht. Es sind in folgenden Verfahren Musterverfahrensanträge zu nachfolgenden Daten veröffentlicht worden:

08.03.2018: 13 O 302/17 LG Düsseldorf
13 O 303/17 LG Düsseldorf
13 O 304/17 LG Düsseldorf
13 O 305/17 LG Düsseldorf
09.05.2018: 3 O 131/17 LG Berlin (3 OH 15/17 KapMuG)
03.09.2018 10 O 232/17 LG Düsseldorf
10 O 238/17 LG Düsseldorf
10 O 239/17 LG Düsseldorf
07.09.2018 8 O 244/17 LG Düsseldorf
8 O 246/17 LG Düsseldorf
8 O 247/17 LG Düsseldorf
8 O 248/17 LG Düsseldorf
8 O 249/17 LG Düsseldorf

8 O 261/17

LG Düsseldorf

10.09.2018: 8 O 245/17 LG Düsseldorf
28.11.2018: 13 O 195/18 LG Düsseldorf

Die vorgenannten Musterverfahrensanträge sind in der Form der jeweils im Bundesanzeiger veröffentlichten Beschlussfassung für das Oberlandesgericht als Anlagen beigefügt (vgl. Hess, Reuschle, Rimmelspacher, Kölner Kommentar zum KapMuG, 2. Aufl., § 6 Rn. 67).

Soweit in einigen der oben aufgeführten Verfahren auch Feststellungen zu Prospekten anderer POC-Fondsgesellschaften begehrt werden, wird darüber von demjenigen Prozessgericht zu entscheiden sein, bei dem für den jeweiligen Prospekt der erste bekannt gemachte Musterverfahrensantrag gestellt worden ist. Für die Entscheidung über diese Musterverfahrensanträge ist die 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf nicht zuständig.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 6 Abs. 1 S. 2 KapMuG).

 

Düsseldorf, 15.04.2019

8. Zivilkammer

Dr. Schmitz
Vorsitzender Richter am Landgericht
Dr. Pitzen
Richter am Landgericht
Dr. Ehlers
Richterin am Landgericht

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