Interview mit einem Edelsteinexperten zur Analyse des Vortrags von Benu – Vikar Ahmed

Interviewer: Guten Tag. Nachdem wir den Vortrag von Benu mit V. Ahmed gesehen haben, gibt es einige kritische Punkte, die aufgefallen sind. Könnten Sie uns Ihre Einschätzung zu dem Vortrag geben?

Edelsteinexperte: Gerne. Zunächst einmal werden einige Aussagen getroffen, die fachlich so einfach nicht zutreffend sind. Diamanten sind weder unzerstörbar, noch feuerfest und Diamanten-Minen sind auch nicht 150 bis 300 km tief. Diamanten verbrennen ab Temperaturen von 800 Grad Celsius und die aktuell tiefste Diamant-Mine der Welt ist die Jwaneng-Mine in Südafrika und die reicht nicht einmal 700 Meter ins Erdreich.

Auch die Angaben zu der Dauer, die ein Schleifer benötigt, um einen Einkaräter zu schleifen sind zumindest diskutabel, denn eigentlich setzt man hierfür bei Einkarätern 8 bis maximal 12 Stunden an. Wer seit über 20 Jahren im Geschäft ist und nach eigener Aussage Rohsteine bezieht, die er dann in Idar-Oberstein schleifen lässt, sollte es eigentlich besser wissen, zumal dieser Punkt als Argument aufgeführt wird, warum die Preise steigen müssten.

Interviewer: Sehen Sie das anders?

Edelsteinexperte: Also grundsätzlich sprechen wir ja von einem Markt und hier entscheiden Angebot und Nachfrage letztendlich über den Preis. Wir wissen, dass in den letzten 3 Jahren so ziemlich alles teurer geworden ist, richtig? Die Preise für Diamanten sind in den letzten 3 Jahren allerdings über fast alle Qualitäten hinweg gefallen. De Beers rechnet damit, dass sich der Diamantmarkt in 2024 wieder stabilisieren wird. Wenn wir ehrlich sind, liegt das aber nicht daran, dass es irgendeine Rohstein-Knappheit gibt, wie Herr Ahmed behauptet. Wenn sich der Markt stabilisiert, dann wird das in erster Linie an der Knappheit liegen, die durch die Sanktionen gegen Russland erzeugt werden. Russland ist der weltweit mit Abstand größte Lieferant von Diamanten und verfügt auch über die größten Reserven. Von etwas über 1,7 Milliarden Diamant-Reserven weltweit befinden sich 860 Millionen Karat in Russland.

Interviewer: Ok, gibt es noch weitere Punkte, die Sie kritisch sehen?

Edelsteinexperte: Durchaus. Die Aussage, dass der Schliff bei farbigen Diamanten keine Rolle spielen würde, ist faktisch falsch und der Verweis auf seltene Erden bei der Mohshärte macht wenig Sinn. Viel schlimmer aber ist, dass behauptet wird, die eingelaserte Seriennummer sei in Punkto Sicherheit entscheidend. Das ist nicht richtig. Fälscher können auf jeden x-beliebigen Diamanten eine Seriennummer einlasern – nur wenn man auch das dazugehörige Zertifikat besitzt, ist man auf der sicheren Seite. Und hier sollte man eigentlich immer auf ein GIA-Zertifikate bestehen, vor allem wenn es darum geht, Diamanten als Wertanlage zu kaufen.

Interviewer: Also sind die Zertifikate der anderen genannten Institute nicht zu empfehlen?

Edelsteinexperte: So weit würde ich nicht gehen. HRD und IGI haben durchaus ihre Berechtigung und genießen definitiv einen besseren Ruf als viele andere Institute. Man muss sich aber bewusst sein, dass GIA bei der Zertifizierung am strengsten bewertet. Wenn man einen Diamanten, der bei HRD oder IGI bewertet wurde, im Anschluss nochmal von GIA bewerten lässt, kann es also durchaus vorkommen, dass der Diamant in manchen Punkten ein bis zwei Stufen schlechter bewertet wird, was natürlich erheblichen Einfluss auf den Wert hat. Das ist kein Geheimnis und genau deshalb genießt GIA weltweit auch den besten Ruf.

Interviewer: Das bedeutet also, dass man mit Diamanten mit GIA-Zertifikat auf der sicheren Seite ist.

Edelsteinexperte: Naja, man kann sich zumindest sicher sein, dass die angegebenen Werte passen. Das bedeutet aber nicht, dass jeder Diamant mit GIA-Zertifikat automatisch als Wertanlage geeignet ist.

Interviewer: Sind die im Video angebotenen Diamanten denn als Wertanlage geeignet?

Edelsteinexperte: Hier müssen wir unterscheiden, was die Intention ist. Wir können festhalten, dass der Wert eines Diamanten nie auf Null fallen wird und grundsätzlich bringen Diamanten, wie auch andere Edelsteine, viele Vorteile mit sich. Mit einer Wertanlage möchte man sein Vermögen aber ja auch vor der Inflation schützen und das geht nur mit Diamanten, die auch im Wert steigen.

Interviewer: Aber der Moderator behauptet doch, seine Diamanten hätten sich seit 2019 im Wert fast verdoppelt.

Edelsteinexperte: Wenn er 2019 einen roten oder rosafarbenen Diamanten in guter Qualität gekauft hätte, könnte er sich heute über eine Verdopplung freuen. Er suggeriert aber ja, er hätte solche Diamanten erworben, die auch in dem Video angeboten werden und diese Qualitäten haben sich seit 2019 definitiv nicht im Preis verdoppelt, nicht mal ansatzweise.

Interviewer: Könnten Sie hier etwas konkreter werden?

Edelsteinexperte: Sehr gerne, ich muss hier allerdings etwas ausholen. Grundsätzlich muss man wissen, dass weiße Diamanten mit einer Farbgraduierung von D bis Z eingestuft werden. D bedeutet farblos, Diamanten mit der Einstufung Z sind hellgelb und es gilt der Grundsatz, je farbloser ein weißer Diamant ist, desto seltener und wertvoller ist er. Alle Diamanten, die nicht dieser Skala zugeordnet werden können, gelten als farbige Diamanten.

Jetzt weisen Diamanten sehr selten nur eine Farbe auf und noch seltener ist diese Farbe auch intensiv. Bei farbigen Diamanten gilt daher der Grundsatz, je intensiver und eindeutiger die Farbe ist, desto seltener und wertvoller ist der Diamant.

In dem Video wird jetzt behauptet, dass farbige Diamanten seltener vorkommen als weiße Diamanten. Das ist so nicht richtig, denn Diamanten mit schwarzer und bräunlicher Färbung kommen mit Abstand am häufigsten in der Natur vor. Dann gelbliche Diamanten, dann gräuliche und dann erst weiße Diamanten, allerdings nur von der Farbgraduierung Z bis I. Dann kommen gelbe Diamanten in Top-Qualität, dann erst weiße Diamanten von H bis D und diese weißen Diamanten sind dann übrigens auch jene, die für zum Beispiel Verlobungsringe oder anderen hochwertigen Schmuck nutzt, weiße Diamanten von I bis Z gelten als minderwertig. Noch seltener sind dann graublaue Diamanten, dann grüne, dann blaue, dann rosafarbene, bzw. pinke und am seltensten kommen rote Diamanten in der Natur vor.

 

Interviewer: Im Video geht es jetzt ja um gelbe Diamanten. Sind das denn wirklich gelbe Diamanten oder fallen die angebotenen Diamanten noch in den minderwertigen Bereich bei weißen Diamanten?

Edelsteinexperte: Die Intensität der Farbe wird bei gelben Diamanten unterteilt in fancy light yellow, fancy yellow, fancy intense yellow und fancy vivid yellow, wobei fancy vivid yellow die intensivste, seltenste, begehrteste und wertvollste Intensität ist. Die angebotenen Diamanten in fancy light yellow sind also grundsätzliche gelbe Diamanten, aber sie sind im Prinzip das Gelb ist nur ein bisschen intensiver wie bei weißen Diamanten mit der Farbgraduierung Z. Von daher sind diese Diamanten jetzt nicht sonderlich begehrt und auch deutlich günstiger als Diamanten mit intensiveren Gelbton.

Interviewer: Wie sieht es mit den anderen angebotenen Diamanten aus?

Edelsteinexperte: Die anderen Diamanten weisen neben dem Gelbton auch einen Braunton auf. Diamanten mit einem intensiven Braunton können sehr hohe Preise erzielen, aber die drei genannten Farben kommen sehr häufig vor und sind nicht eigentlich nicht sonderlich begehrt.

Interviewer: Was sagen Sie denn an sich zu dem Angebot?

Edelsteinexperte: Ich persönlich würde niemals etwas kaufen, wenn ich nicht genau weiß, was ich für mein Geld bekomme. Die Range der Steine ist ja nicht nur bei den Farben, sondern auch bei den Gutachten, dem Schliff und vor allem bei der Reinheit sehr groß. Entsprechend gibt es erhebliche Unterschiede in der Qualität und somit auch im Preis.

 

Interviewer: Aber der Moderator sagt ja, dass es sich um Spezial-Angebote handeln würde und man im Internet fast nichts in dieser Qualität und schon mal gar nichts zu dem Preis finden würde. Stimmt das?

Edelsteinexperte: Das schöne bei Diamanten ist, dass man sehr gut im Internet Preise vergleichen kann. Bei weißen Diamanten ist das natürlich einfacher, aber es gibt auch einige Anbieter, die farbige Diamanten anbieten. Die meisten haben dann eine Börse, bei der man nach den unterschiedlichen Qualitätskriterien suchen kann, einschließlich der Zertifikate. Manchmal muss man über die erweiterte Suche gehen, aber man findet Diamanten für einen Preisvergleich, vor allem bei fancy light yellow. Bei den anderen Farben kann es etwas schwieriger werden, weil sie nicht so oft nachgefragt und deshalb nur selten angeboten werden. Hier empfehle ich aber einfach mal bei zwei, drei Anbietern anzurufen und zu fragen, was denn ein realistischer Preis ist.

Interviewer: Haben Sie selbst denn mal eine Preisrecherche für die im Video angebotenen Diamanten gemacht?

Edelsteinexperte: Wie gesagt, die Range innerhalb der Qualitäten ist bei den Angeboten so breit, dass eine Preisrecherche für alle möglichen Varianten sehr lange dauern würde. Aber ich habe mal nachgeschaut, was denn ein gelber Diamant in fancy light yellow, Reinheit SI1 um die ein Karat mit GIA-Zertifikat kostet und Angebote ab 2.800,-€ brutto gefunden.

Interviewer: Wenn ich also das Paket M für 6.700,-€ brutto bestellt habe und mir wird so ein Diamant geliefert, habe ich nicht nur einen Diamanten, der an sich schon nicht als Wertanlage zu empfehlen ist, sondern habe dafür dann noch einen viel zu hohen Preis bezahlt?

Edelsteinexperte: Das ist korrekt.

Interviewer: Nur der Vollständigkeit halber – was ist mit den Diamanten, die die schnellsten 10 Kunden  geschenkt bekommen?

Edelsteinexperte: Das sind Industriediamante, die üblicherweise gemahlen und für Schleifmittel benutzt werden. Die haben einen Wert von circa 10,-€.

 

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