Interessantes Urteil zum Thema Google Cache

Wer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt oder durch Urteil zur Unterlassung verurteilt wird, muss die abgemahnten Angaben nicht nur auf seiner Webseite löschen, sondern auch im Google-Cache.

Sachverhalt: wettbewerbswidrige Werbeangaben nach Unterlassungstitel noch im Google Cache  abrufbar

Die Schuldnerin wurde zur Unterlassung von bestimmten Werbeangaben verurteilt. Da die wettbewerbswidrigen Werbeangaben auch nach der Verurteilung zur Unterlassung jedoch noch über den Google Cache abrufbar waren, beantragte der Gläubiger die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 25.000 EUR gegen die Schuldnerin.

Das Landgericht gab dem Antrag auf Erlass eines Ordnungsgeldes statt; die dagegen von der Schuldnerin vor dem Oberlandesgericht erhobene Beschwerde blieb erfolglos.

OLG Stuttgart: Unterlassungsschuldner muss Google Cache leeren lassen

Zur Begründung wies das Gericht darauf hin, dass sich eine titulierte Unterlassungsverpflichtung nicht in bloßem Nichtstun erschöpfe, sondern der Unterlassungsschuldner verpflichtet sei, auch einen bereits zuvor geschaffenen Störungszustands zu beseitigen, wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Genüge getan werden kann. Daher müsse er auch auf Dritte wie z.B. Suchmaschinenbetreiber wie Google einwirken, um wettbewerbswidrige Google-Trefferanzeigen beseitigen zu lassen:

„Der Schuldner hat alles zu tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige Verletzungen des Gebotes zu verhindern. Bezogen auf Verstöße durch (…)  Aussagen im Internet bedeutet dies, dass der Unterlassungsschuldner verpflichtet ist, organisatorische Maßnahmen innerhalb des eigenen Unternehmens und im Verhältnis zu Dritten, zu ergreifen, um die Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung zu gewährleisten (…) Dies gilt nicht nur in Bezug auf künftige Veröffentlichungen. Denn normativ stellt sich auch das Aufrechterhalten einer zuvor veranlassten Veröffentlichung im Internet als Verstoß gegen das Unterlassungsgebot dar. Damit korrespondiert, dass im Internet jeder Abruf eines Inhaltes und jede Zusendung der Daten eine neue Datenübermittlung erfordert.“

Unterlassungsschuldner muss Leerung des Google Cache kontrollieren

In Bezug auf die vom Schuldner zu ergreifenden organisatorischen Maßnahmen und deren Überwachung seien strenge Anforderungen zu stellen. So habe ein Unterlassungsschuldner, der die Vorteile des Internets (grenzenlose Verbreitung von Werbung) nutze, auch die Nachteile (erheblicher Beseitigungsaufwand bei einer Rechtsverletzung) zu tragen. Daher könne er sich nicht darauf berufen, die Beseitigung von Rechtsverletzungen im Internet sei mit erheblichem Aufwand verbunden:

„Die in seiner Sphäre entstandenen Gefahren für die Beeinträchtigung fremder Rechte hat er zu beseitigen. Er kann sich demgegenüber grundsätzlich nicht darauf berufen, dies sei mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden, und genügt seiner Pflicht nur, wenn aus der Sicht eines objektiven Dritten an der Stelle des Vollstreckungsschuldners damit zu rechnen ist, dass die ergriffenen Maßnahmen sicher dazu führen, dass sich die in der Vergangenheit gesetzte Gefahr einer erneuten Verbreitung der unlauteren Aussage im Internet nicht verwirklichen wird.

Dies erfordert auch mehrfache Kontrollen. Nicht nur in Bezug auf seine eigenen Leute (…), sondern auch in Bezug auf Dritte, deren er sich für die Veröffentlichung bedient hatte, schuldet er die Aufwendung größter Sorgfalt und hat alle Maßnahmen zu treffen, die nach menschlichem Ermessen garantieren, dass die untersagte Wettbewerbshandlung nicht durch eine im Verantwortungsbereich des Unterlassungsschuldners stehende Person wiederholt wird (…).“

Daher müsse ein Unterlassungsschuldner die gängigen Suchmaschinen über einen überschaubaren Zeitraum hin dahingehend kontrollieren, ob dort noch die abgemahnten Werbeangaben auftauchen und wenn ja, dafür sorgen, dass diese beseitigt werden.

Da vorliegend bei einer Google Suchanfrage noch mehrere Treffer im Google Cache angezeigt wurden, über die die abgemahnten Werbeangaben noch abrufbar waren und die Schuldnerin nicht vorgetragen hatte, dass sie ihr alles Mögliche und Zumutbare unternommen hatte, um diese Treffer aus dem Google Cache löschen zu lassen, hatte sie gegen das titulierte Unterlassungsgebot verstoßen:

„Entgegen der Auffassung der Vollstreckungsschuldnerin ist der Unterlassungsschuldner auch gehalten, für die Beseitigung der in seiner Verantwortung in das Internet eingestellten, gerichtlich verbotenen Aussagen aus dem „Cache“ der Suchmaschinenbetreiber zu sorgen (…).

Entscheidend und auch für den Geschäftsführer der Vollstreckungsschuldnerin erkennbar war, dass eine unlautere Aussage auch dann noch im Internet abrufbar und also von Bedeutung für den Geschäftsverkehr ist, wenn sie zwar nicht mehr über die Ausgangsseite aufgerufen werden kann, aber über eine in einem Cache-Speicher einer Suchmaschine hinterlegte Kopie. Es ist bekannt, dass auf diesem Wege Inhalte im Zuge einer einfachen Suchanfrage über Jahre hinweg aufgefunden werden können.“

Unterlassungsschuldner muss Google schriftlich auffordern

Die Unterlassungsschuldnerin behauptete zwar, sie habe Google telefonisch um Beseitigung der Angaben im Google-Cache gebeten. Ob dies der Wahrheit entsprach, konnte das Gericht dahinstehen lassen, da bloße telefonische Bemühungen nach seiner Ansicht ohenhin nicht ausreichend seien, da ihnen der erforderliche Nachdruck fehle:

„Erforderlich ist [vielmehr] eine schriftliche Aufforderung, die inhaltlich den gebotenen Nachdruck enthält, um dem Angeschriebenen die Wichtigkeit und die Eilbedürftigkeit der geforderten Maßnahme klar zu machen (…).

Neben einer Androhung von Sanktionen ist es geboten, dass der Verantwortliche zeitnah überwacht, ob die gebotene Löschung erfolgt (…), und gegebenenfalls angedrohte Sanktionen auch umsetzt (…). Vortrag dazu, was er konkret unternommen habe, um seiner Pflicht zu genügen, obliegt (…) dem Vollstreckungsschuldner. Denn nur er kann hierzu vortragen.“

Auch die Höhe des Ordnungsgeldes (25.000 EUR!) hielt das Gericht für angemessen,da die Unterlassungsschuldnerin erhebliche Einnahmen erzielte.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.09.2015, Az.: 2 W 40/15

Fazit

1.

Nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bzw. Verurteilung zur Unterlassung müssen die jeweils abgemahnten Werbeangaben nicht nur auf den eigenen Webseiten gelöscht werden, sondern der Unterlassungsschuldner muss auch dafür sorgen, dass keine entsprechenden Trefferanzeigen in den gängigen Suchmaschinen (hierzu zählt auf jeden Fall Google) einschließlich der Cache-Speicher (z. B. Google Cache) erfolgen.
2.

Insoweit muss der Unterlassungsschuldner genau darlegen und im Zweifel durch Emails oder Screenshots beweisen, wann er was unternommen hat, um die Trefferanzeigen in Google bzw. Google Cache löschen zu lassen.

3.

Hierbei genügen bloße telefonische Bemühungen nicht. Schriftliche Bemühungen (Emails, screenshots) sind zu sichern für den Fall, dass man sie vorlegen muss.

4.

Schließlich muss der Unterlassungsschuldner kontrollieren, ob der angeschriebene Dritte (z. B. Google) die Trefferanzeigen löscht; notfalls muss er nachhaken und den Dritten ggf. gerichtlich auf Löschung  in Anspruch nehmen.

Quelle: Rechtsanwältin Denise Himburg, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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