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Fliegen mit Körperkontrolle – Airlines wiegen jetzt nicht nur Koffer, sondern auch Passagiere

geralt (CC0), Pixabay
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Wer dachte, das größte Reisehindernis am Flughafen sei das Sicherheitsband oder der übergewichtige Koffer, sollte sich warm anziehen – und am besten auf die Waage. Immer mehr Fluggesellschaften starten Programme, bei denen nicht nur das Gepäck, sondern auch die Passagiere selbst gewogen werden. Was wie ein Aprilscherz klingt, ist bitterer Ernst – und wird von den Airlines als Maßnahme „für die Sicherheit und Effizienz“ verkauft.

Tatsächlich hat die Praxis einen offiziellen Hintergrund: Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) erlaubt den Fluggesellschaften, aktuelle Durchschnittsgewichte ihrer Fluggäste zu erheben. Denn die bisherigen Werte stammen aus Zeiten, in denen Smartphones noch klobig waren und Smoothie Bowls nicht zum Alltag gehörten. Kurz gesagt: Der Mensch ist schwerer geworden, und die Flugzeugstatistik hinkt hinterher.

Flugzeuge dürfen nur starten, wenn das maximale Startgewicht – bestehend aus Maschine, Passagieren, Gepäck, Fracht und Treibstoff – exakt berechnet ist. Jede Abweichung kann die Flugdynamik beeinflussen. Wenn also in einer Boeing 737 im Durchschnitt jeder Passagier statt 75 inzwischen 85 Kilogramm wiegt, kann das durchaus einen Unterschied machen – bei Treibstoffbedarf, Schwerpunktlage und Sicherheit.

Deshalb haben Airlines wie Finnair, Air New Zealand und zuletzt auch einige deutsche Anbieter begonnen, Reisende aufzufordern, sich beim Boarding auf eine Waage zu stellen. Offiziell „freiwillig“, doch wer ablehnt, wird anhand von Durchschnittswerten geschätzt. Laut den Fluggesellschaften werden die Daten anonymisiert und dienen nur statistischen Zwecken.

Allerdings stößt das Vorgehen nicht überall auf Verständnis. Datenschützer warnen vor einer schleichenden Grenzüberschreitung. Gewichtsdaten gehören schließlich zu den besonders sensiblen personenbezogenen Informationen. Auch Verbraucherschützer äußern Bedenken: Was heute noch als „anonyme Sicherheitsmaßnahme“ verkauft wird, könnte morgen zur Grundlage für neue Gebührenmodelle werden.

Schon jetzt kursieren Spekulationen, dass Airlines langfristig gewichtsbasiertes Pricing einführen könnten – nach dem Motto: Wer weniger wiegt, verbraucht weniger Treibstoff und zahlt weniger fürs Ticket. Ein Gedanke, der die soziale und ethische Dimension des Fliegens radikal verändern würde.

Viele Passagiere empfinden das Prozedere zudem als demütigend. Eine Reisende berichtete gegenüber einer Zeitung: „Ich bin sowieso nervös beim Fliegen – und jetzt soll ich mich auch noch wiegen lassen, während hinter mir 20 Leute warten?“ Besonders für Menschen mit Körperunsicherheiten oder Essstörungen kann die vermeintliche Routineprozedur zur emotionalen Belastung werden.

Trotz der Kritik betonen die Airlines die Notwendigkeit der Maßnahme. Ein Sprecher erklärte: „Wir wollen keine Menschen bloßstellen, sondern sicherstellen, dass unsere Flugdaten den realen Gegebenheiten entsprechen.“ Dennoch bleibt ein schaler Beigeschmack: Sicherheit hin oder her – die Vorstellung, dass am Gate künftig nicht nur das Gepäck, sondern auch der Mensch selbst gewogen wird, lässt viele Reisende unwohl zurück.

Fazit:
Die Airlinebranche sucht nach Wegen, Kosten zu senken und Effizienz zu steigern – und nimmt dabei offenbar jedes Gramm ernst. Was als technische Maßnahme für mehr Flugsicherheit beginnt, wirft grundlegende Fragen auf: Wie viel persönliche Kontrolle ist vertretbar, wenn der Mensch zum Teil der Frachtliste wird? Eines ist sicher: Mit dieser neuen Regelung hat das Fliegen eine zusätzliche Schwere bekommen – im wahrsten Sinne des Wortes.

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