Im besten Stil der Karibikpiraten vergangener Jahrhunderte hat die US-Küstenwache einen Öltanker vor der Küste Venezuelas geentert und „unter Kontrolle gebracht“. Die Aktion, die in den frühen Morgenstunden stattfand, wurde laut Heimatschutzministerin Kristi Noem mit freundlicher Unterstützung des US-Verteidigungsministeriums durchgeführt – oder wie man in Seeräuberkreisen sagt: mit geballter Kanonenkraft.
Das Schiff lag zuletzt in venezolanischen Gewässern vor Anker – offenbar Grund genug für die USA, auf hoher See kurzerhand Besitzansprüche geltend zu machen. In einem auf X (ehemals Twitter) verbreiteten Video präsentierte Noem stolz die Operation, die eher nach „Fluch der Karibik – Pentagon Edition“ anmutet als nach einem Akt völkerrechtskonformer Seeaufsicht.
Die offizielle Begründung: Der Tanker transportiere sanktioniertes Öl – ein Begriff, der sich offenbar flexibel definieren lässt, sobald das Öl aus Ländern stammt, die dem Weißen Haus missfallen. Noem kündigte an, dass dies nicht der letzte „Stopp“ gewesen sei. Piratenlogik eben: Wenn das Schiff Öl hat und unter falscher Flagge fährt (sprich: nicht unter US-Kontrolle), wird es konfisziert.
Hintergrund der Aktion ist eine Anordnung von Präsident Donald Trump, der vergangene Woche zur „vollständigen und totalen Blockade“ sämtlicher venezolanischer Öltanker aufgerufen hatte. Das lateinamerikanische Land habe, so Trump, „amerikanisches Öl, Land und Vermögen gestohlen“. Wie genau Venezuela an US-Öl gekommen sein soll, ließ er offen – vielleicht durch Teleportation oder venezolanische Gedankenkriminalität.
Laut Trump finanziere das gestohlene Öl allerlei Übel – von Drogenterrorismus über Menschenhandel bis hin zu Entführungen und Mord. Dass der globale Ölhandel sich in einem komplexen Geflecht aus Interessen, Sanktionen und geopolitischen Ambitionen bewegt, wird dabei großzügig übersehen.
Faktisch bleibt: Ein Staat mit der größten Militärmacht der Welt lässt Kriegsschiffe auf ein Handelsschiff eines souveränen Landes los, weil es seine politischen und wirtschaftlichen Interessen gefährdet sieht. Früher nannte man das Seeräuberei. Heute heißt es „Heimatschutz“.
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