Ein Hochzeitsmärchen? Oder doch der neueste Akt in der Farce der Superreichen? Während sich in Venedig die Paläste biegen, weil Jeff Bezos seiner Verlobten Lauren Sanchez das Jawort geben will, bricht auf den Gassen der Lagunenstadt der blanke Unmut aus. Vom 24. bis 26. Juni wird die ohnehin überlaufene Altstadt zum Schauplatz eines dekadenten Spektakels – inklusive Promi-Auflauf, Luftverschmutzung und Luxusinszenierung auf Kosten der Bevölkerung.
Venedig im Ausnahmezustand – für ein Paar mit Raketenfetisch
Rund 250 Gäste, fast 100 Privatjets, Livemusik von Lady Gaga und ein Milliardenvermögen im Hintergrund: Die „Hochzeit des Jahres“ ist in Wahrheit ein Lehrstück darüber, wie ein Mann mit zu viel Geld eine Stadt zur Requisite degradiert. Zu den geladenen Gästen gehören Leonardo DiCaprio, Mick Jagger, Oprah Winfrey und natürlich Katy Perry – die mit der Braut schon eine Spritztour ins All unternommen hat, gesponsert von Bezos’ Raketenfirma Blue Origin. Schöner kann man dem Planeten wohl nicht den Mittelfinger zeigen.
Proteste gegen „Bezos-Festspiele“: „Venedig ist kein Disneyland!“
Doch nicht alle tanzen zum Takt von Glitzer und Gold. Die Bürgerinitiative „Assemblea Sociale per la Casa“ stellte klar: Schluss mit dem Ausverkauf der Stadt. „Venedig darf kein Spielplatz für Milliardäre werden, während sich Einheimische die Mieten nicht mehr leisten können“, kritisiert Sprecherin Federica Toninello. Aktivisten entrollten Banner mit der Aufschrift „No Space for Bezos“ – etwa auf der Rialto-Brücke und der Hochzeitskirche San Giorgio.
Die Reaktion der Stadt? Abwiegeln, kleinreden, ignorieren. Bürgermeister Luigi Brugnaro – dessen Umfeld praktischerweise auch den Veranstaltungsort verwaltet – nennt die Hochzeit eine „Ehre für die Stadt“. Kritik? Laut ihm das Gezeter einer „Minderheit“. Wenn Superreiche feiern, muss die Demokratie eben mal kurz Pause machen.
Die Reichen feiern, die Stadt zahlt
Zehn Millionen Dollar soll die Feier kosten – ein Trinkgeld für Bezos, dessen Vermögen auf rund 215 Milliarden geschätzt wird. Währenddessen diskutiert der Rest der Welt über Klimakrise, Wohnraumnot und Kriegsgefahr. Die Luftverschmutzung durch Privatflieger? Egal. Der Lärm für Anwohner? Kollateralschaden. Und dass Wassertaxis für die Prominenz reserviert sind, aber offizielle Stellen beteuern, der Bootsverkehr bleibe „unbeeinträchtigt“, ist fast schon zynisch.
Immerhin: Eine Million Euro spendet das Paar für die Lagunenforschung. Ein Tropfen auf dem heißen Marmor.
Venedig: Vom Weltkulturerbe zur VIP-Kulisse
In den 2010er Jahren nannte man die Hochzeit von George Clooney in Venedig die „Hochzeit des Jahrhunderts“. Heute scheint Bezos auf PR-Spurensuche zu gehen. Alles ist größer, teurer, absurder – aber nicht origineller. Selbst die Yachten sind dieselben. Nur die politische Kulisse ist trauriger: Ein Bürgermeister, der sich an den Interessen seiner Stadt vorbeiregiert, eine Bevölkerung, die zuschauen muss, wie ihre Heimat zum Selfie-Hintergrund mutiert.
Fazit: Ein Raumschiff zur Hochzeit, aber kein Raum für Realität
Während Jeff und Lauren in Gold und Glamour versinken, trägt die Lagunenstadt die Last. Die Hochzeit ist kein romantisches Fest, sondern ein Symbol: dafür, wie weit die Schere zwischen Reich und Arm aufgegangen ist – und wie sehr Städte wie Venedig zu Kulissen für die Superelite verkommen. Wer zahlt, bekommt Venedig. Wer hier lebt, hat zu weichen.
Und am Ende bleibt nur ein schales Gefühl – und der Wunsch, dass Venedig irgendwann wieder den Venezianer:innen gehört.
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