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Zustrombegrenzungsgesetz der CDU

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Am Freitag soll im Bundestag über das Zustrombegrenzungsgesetz der CDU/CSU-Fraktion abgestimmt werden. Dieses Gesetz soll den illegalen Zuzug von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland einschränken und gleichzeitig der Bundespolizei mehr Befugnisse bei Abschiebungen geben. Doch wie wirksam ist dieses Gesetz tatsächlich? Und welche Auswirkungen hätte es auf die Migrationspolitik in Deutschland?

Wir sprechen mit Thomas Bremer, einem Experten für Wirtschafts- und Rechtsfragen, über die Hintergründe des Gesetzentwurfs und seine möglichen Konsequenzen.

„Deutschland sendet mit der Migrationspolitik widersprüchliche Signale“

Herr Bremer, was sind die Kernpunkte des Zustrombegrenzungsgesetzes?

Thomas Bremer:
Das Gesetz verfolgt drei zentrale Ziele:

  1. Wiedereinführung der „Begrenzung“ in das Aufenthaltsgesetz – Diese Formulierung wurde 2023 gestrichen, soll jetzt aber als explizites Ziel wieder aufgenommen werden.
  2. Abschaffung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte – Bisher konnten bis zu 1.000 Personen pro Monat über den Familiennachzug nach Deutschland kommen. Diese Regelung soll gestrichen werden.
  3. Mehr Kompetenzen für die Bundespolizei bei Abschiebungen – Bislang mussten Abschiebungen von den Landesbehörden koordiniert werden. Die Bundespolizei soll nun direkt handeln können, wenn sie eine ausreisepflichtige Person feststellt.

„Symbolpolitik oder echter Fortschritt?“

Die CDU/CSU argumentiert, dass dieses Gesetz notwendig ist, um die Migration besser zu steuern. Sehen Sie das genauso?

Thomas Bremer:
Es ist ein politisches Signal, das auf die wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit der aktuellen Migrationspolitik reagiert. Die Ampel-Koalition hat in den letzten Jahren den Kurs geändert und versucht, Migration humanitärer zu gestalten. Das Zustrombegrenzungsgesetz kehrt nun zu einer restriktiveren Politik zurück.

Die entscheidende Frage ist aber: Bringt das Gesetz tatsächlich eine spürbare Veränderung oder ist es nur Symbolpolitik?

  • Die Wiedereinführung der „Begrenzung“ in das Aufenthaltsgesetz ist rechtlich eher eine Formsache und hat keine direkten Auswirkungen auf die Anzahl der Migranten.
  • Die Abschaffung des Familiennachzugs könnte eine Abschreckungswirkung haben, betrifft aber nur eine kleine Personengruppe.
  • Die neuen Befugnisse für die Bundespolizei könnten in der Praxis tatsächlich dazu führen, dass Abschiebungen schneller vollzogen werden, allerdings bleibt unklar, ob die Bundespolizei dafür ausreichend ausgestattet ist.

„Das Hauptproblem ist die Umsetzung“

Ein zentrales Problem bei der Begrenzung von Migration sind Abschiebungen. Wird das Gesetz hier eine Veränderung bewirken?

Thomas Bremer:
Das größte Hindernis für Abschiebungen sind bürokratische Hürden und fehlende Kooperationen mit den Herkunftsländern. Die Zahl der ausreisepflichtigen Personen liegt derzeit bei über 226.000, aber im ersten Halbjahr 2024 wurden nur rund 9.500 Abschiebungen durchgeführt.

Selbst wenn die Bundespolizei jetzt mehr Befugnisse erhält, bleibt die Frage:

  • Haben die Behörden die nötige Kapazität, um Abschiebungen tatsächlich durchzusetzen?
  • Sind die Herkunftsländer bereit, ihre Staatsbürger zurückzunehmen?

Ohne bilaterale Rückführungsabkommen und eine effizientere Verwaltung wird das Gesetz wenig an der Realität ändern.

„Die wirtschaftlichen Folgen sind schwer abschätzbar“

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen könnte das Gesetz haben?

Thomas Bremer:
Das Gesetz selbst verursacht keine direkten Kosten für Bürger oder Unternehmen. Tatsächlich argumentiert die CDU/CSU, dass durch die Abschaffung des Familiennachzugs Kosten für Sozialleistungen und Unterbringung gespart werden.

Allerdings gibt es keine konkreten Zahlen, wie hoch diese Einsparungen tatsächlich wären. Zudem könnte ein strengeres Migrationsregime langfristig zu Problemen führen:

  • Deutschland hat einen Fachkräftemangel, der teilweise durch Migration ausgeglichen wird.
  • Ein restriktiveres Asylsystem könnte potenzielle qualifizierte Einwanderer abschrecken.

Die Frage ist also, ob die wirtschaftlichen Vorteile die gesellschaftlichen und sozialen Herausforderungen überwiegen.

„Wie wird das Gesetz im Bundestag abgestimmt?“

Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass das Gesetz am Freitag verabschiedet wird?

Thomas Bremer:
Die CDU/CSU hat im Bundestag keine Mehrheit, daher hängt die Entscheidung von den Stimmen der anderen Parteien ab.

  • Die Ampel-Koalition (SPD, Grüne, FDP) wird das Gesetz wahrscheinlich ablehnen, da es ihrer Migrationspolitik widerspricht.
  • Die AfD könnte das Gesetz unterstützen, da es eine härtere Gangart gegen illegale Migration verfolgt.
  • Die FDP könnte als Zünglein an der Waage fungieren – während die Liberalen für eine bessere Steuerung der Migration sind, könnten sie sich gegen die Einschränkungen des Familiennachzugs stellen.

Aktuell sieht es so aus, als ob das Gesetz keine Mehrheit finden wird, aber es wird definitiv ein Signal für die zukünftige Migrationsdebatte in Deutschland setzen.

„Die eigentliche Herausforderung bleibt bestehen“

Was müsste die Bundesregierung Ihrer Meinung nach tun, um Migration tatsächlich besser zu steuern?

Thomas Bremer:
Das Hauptproblem ist, dass Deutschland nicht genügend legale Einwanderungswege für qualifizierte Arbeitskräfte bietet, während gleichzeitig die illegale Migration zu hoch bleibt.

Eine nachhaltige Migrationspolitik sollte daher:
Bessere bilaterale Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern abschließen, um Abschiebungen zu erleichtern.
Klare legale Einwanderungsmöglichkeiten für Fachkräfte schaffen, damit Migration gezielt gesteuert werden kann.
Die Verwaltungsabläufe für Asylverfahren und Abschiebungen beschleunigen, um langwierige Verfahren zu vermeiden.

Das Zustrombegrenzungsgesetz ist ein kurzfristiger politischer Schritt, der einige Aspekte angeht, aber die eigentliche Herausforderung – eine langfristig funktionierende Migrationsstrategie – bleibt bestehen.

Fazit: Ein Gesetz mit begrenztem Einfluss, aber großer Symbolkraft

Herr Bremer, abschließend: Ist das Zustrombegrenzungsgesetz eine echte Lösung?

Thomas Bremer:
Es ist kein Allheilmittel, sondern vor allem eine politische Botschaft. Während einige Maßnahmen – insbesondere die neuen Befugnisse der Bundespolizei – durchaus sinnvoll sein können, wird das Gesetz insgesamt wenig an den grundlegenden Herausforderungen der Migration ändern.

Um Migration in Deutschland wirklich besser zu steuern, braucht es:
🔹 Effizientere Verwaltungsstrukturen
🔹 Mehr diplomatische Rückführungsabkommen
🔹 Klare und steuerbare Einwanderungsregelungen für Arbeitskräfte

Das Zustrombegrenzungsgesetz ist ein Schritt in eine restriktivere Richtung, aber ob es eine tatsächliche Wirkung haben wird, bleibt fraglich.

Über Thomas Bremer

Thomas Bremer ist Experte für Wirtschafts- und Finnazfragen und analysiert regelmäßig aktuelle Gesetzesvorhaben und politische Entwicklungen in Deutschland.

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