Internationale Diplomaten und Spitzenpolitiker aus der Ukraine, den USA und Europa trafen sich am 23. November in Genf, um über einen von Washington vorgelegten Friedensplan zur Beendigung des Ukraine-Kriegs zu beraten. Der Plan sorgt jedoch für Aufsehen, da er weitreichende Zugeständnisse an Russland beinhaltet.
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump, der bei der Ausarbeitung des Plans eine zentrale Rolle spielte, forderte den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf, den 28-Punkte-Plan bis zum 27. November zu akzeptieren. Dieser sieht unter anderem die Abgabe von Gebieten, eine Begrenzung der ukrainischen Streitkräfte sowie den Verzicht auf einen NATO-Beitritt vor.
Für viele Ukrainer, insbesondere an der Front, kämen diese Bedingungen einer Kapitulation gleich. Dennoch betonte Trump, dass es sich dabei nicht um sein endgültiges Angebot handele.
Selenskyj zeigte sich in einem Video auf der Plattform X (ehemals Twitter) dankbar für die internationale Unterstützung, mahnte jedoch zur Vorsicht: „Diplomatie ist wiederbelebt worden – das ist gut. Aber wir erwarten Ergebnisse, die den richtigen Weg zur Beendigung des Krieges weisen.“ Vorrang hätten laut Selenskyj ein „verlässlicher Frieden, garantierte Sicherheit, Respekt gegenüber unserem Volk und jenen, die im Kampf gegen die russische Aggression ihr Leben ließen.“
Unklarheit über Urheberschaft des Friedensplans
Verwirrung herrscht über die Urheberschaft des Plans. Während der US-Außenminister Marco Rubio betonte, Washington habe den Plan selbst verfasst, behauptete Senator Mike Rounds, es handle sich lediglich um ein weitergeleitetes Dokument. Rubio stellte klar: „Der Friedensvorschlag basiert auf Beiträgen von russischer wie ukrainischer Seite und stellt einen robusten Rahmen für weitere Verhandlungen dar.“
Mehrere Mitglieder des US-Senats, darunter sowohl Demokraten als auch Republikaner, äußerten erhebliche Bedenken. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es: „Ein dauerhafter Frieden kann nicht durch fortwährende Zugeständnisse an Putin erreicht werden. Die Geschichte lehrt uns, dass Putin nur Stärke versteht.“
Polens Premierminister Donald Tusk forderte auf X mehr Transparenz: „Bevor wir über den Plan verhandeln, sollten wir wissen, wer ihn wirklich verfasst hat und woher er stammt.“
Europäische Skepsis und militärische Lage
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte am 23. November, die Grenzen der Ukraine dürften nicht mit Gewalt verändert werden und die ukrainische Armee dürfe nicht schutzlos zurückbleiben. Ein Friedensabkommen müsse die EU zentral einbinden.
Derweil verschlechtert sich die militärische Lage der Ukraine weiter. Russische Truppen haben kleinere Geländegewinne im Osten und Süden erzielt, darunter Teile der strategisch wichtigen Stadt Pokrowsk. Ukrainische Kommandeure berichten von Personalmangel und anhaltenden russischen Angriffen.
Zudem haben russische Drohnen- und Raketenangriffe weite Teile der Energie-Infrastruktur zerstört, sodass Millionen Ukrainer täglich stundenlang ohne Strom, Wasser oder Heizung auskommen müssen.
Innenpolitisch steht Selenskyj unter Druck: Ein Korruptionsskandal erschüttert seine Regierung, in den auch hochrangige Minister verwickelt sind.
Friedensplan unter Beschuss
Der Friedensplan, der vage Sicherheitsgarantien für die Ukraine enthält, wird von vielen Beobachtern als diplomatischer Vorteil für Moskau gewertet. Präsident Putin erklärte, der Plan könne als Grundlage für eine Lösung dienen, machte jedoch keine konkreten Zugeständnisse. Der Vorschlag sieht vor, dass sich russische Truppen aus einigen besetzten Gebieten zurückziehen – welche genau, bleibt offen.
In Genf traf die ukrainische Delegation unter Leitung von Andrij Jermak mit nationalen Sicherheitsberatern aus Großbritannien, Frankreich und Deutschland zusammen. Weitere Gespräche mit der US-Delegation standen auf dem Programm. Ein europäischer Entwurf, basierend auf dem US-Vorschlag, wurde laut deutschen Regierungsquellen sowohl Washington als auch Kiew übermittelt.
Selenskyj warnte, die Ukraine riskiere ihre Würde, Freiheit und womöglich die Unterstützung der USA, sollte sie den Plan in der vorliegenden Form akzeptieren.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan kündigte an, am 24. November mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über den Plan zu sprechen und die Ergebnisse mit westlichen Partnern zu teilen.
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