Das zumindest meint Rechtsanwalt Daniel Blazek, der schon im Jahre 2015 einen interessanten Artikel verfasst hatte. Damals ging es um den Bund Deutscher Treuhandstiftungen. Ich denke auch für das AG Rostock dann lesenswert.
Zitat:
Die Vorgänge um das Anlagegold der Berliner Wirtschafts- und Finanzstiftung (BWF-Stiftung) in Trägerschaft des Bund Deutscher Treuhandstiftungen e.V. (BDT e.V.) sind kurios und in wesentlichen Teilen bis heute (Mitte Juni 2015) noch ungeklärt. Hier treffen ein Aufsichtsverfahren, strafrechtliche Ermittlungsverfahren und vorläufige Insolvenzverfahren aufeinander, der Goldgehalt des beschlagnahmten Metalls und die Eigentumsverhältnisse sind fraglich. Nur Stück für Stück können Erkenntnisse recherchiert werden, die Anleger und Vermittler bei Zeichnung noch nicht erahnen konnten. Alle warten dringend auf belastbare Verlautbarungen der Behörden und Erkenntnisse aus dem Insolvenzverfahren.
Unterdessen wirft der Komplex aber auch eine besondere Rechtsfrage auf. Denn mit Bescheid vom 6. Februar 2015 (dem BDT e.V. bekannt gegeben am 25. Februar 2015) gab die BaFin dem BDT e.V. die Abwicklung des unerlaubten Einlagengeschäfts auf und bestellte einen Abwickler, vgl. § 37 Abs. 2 KWG. Mit Beschluss vom 27. März 2015 hat das Amtsgericht Charlottenburg die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen des BDT e.V. angeordnet, den vorläufigen Insolvenzverwalter dabei indes noch nicht benannt bzw. eingesetzt. Dies geschah mit Beschluss vom 30. März 2015. Beide, Abwickler und vorläufiger Insolvenzverwalter, sind je Partner und Namensgeber derselben Rechtsanwalts- bzw. Partnerschaftsgesellschaft, die sich selbst zu den „bundesweit führenden und hervorragend vernetzten“ Kanzleien im Bereich der Restrukturierung, Sanierung und Insolvenz beschreibt.
Der Schuldner bzw. BDT e.V. beschwerte sich dagegen, was teilweise begründet war. Daraufhin hob das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 10. Juni 2015 den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg (Insolvenzgerichts) insoweit auf, als der eine der beiden Kollegen Rechtsanwälte darin zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt wurde. Dürfen also Abwickler und vorläufiger Insolvenzverwalter Partner derselben Rechtsanwaltsgesellschaft sein?
Maßgeblich ist § 56 Abs. 1 S. 1 InsO: „Zum Insolvenzverwalter ist eine … von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen“. Dabei ist nicht die konkrete Ausübung des Amtes zu betrachten, sondern die Freiheit von wirtschaftlicher Verflechtung zwischen Verwalter und Schuldner. Zwar ist der Abwickler nicht der Schuldner selbst, tritt aber im Rechtsverkehr quasi an die Stelle des Schuldners. Der Abwickler ist ermächtigt, im Namen der Schuldnerin für diese zu handeln, der Schuldner kann ohne Zustimmung des Abwicklers nicht über Vermögensgegenstände verfügen, zudem war der Abwickler hier alleine berechtigt, über die Konten des Schuldners zu verfügen gemäß Verfügung der BaFin vom 6. Februar 2015. Der Abwickler handelt somit für die Schuldnerin mit Auswirklungen auf die Insolvenzmasse. Deshalb steht eine wirtschaftliche Verflechtung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit dem Abwickler einer Verflechtung mit dem Schuldner gleich.
Das Landgericht Berlin entschied richtig und nahm damit an, dass der vorläufige Verwalter nicht unabhängig im Sinne von § 56 Abs. 1 S. 1 InsO ist. Dazu stellte es auf §§ 41, 42 ZPO ab (enges geschäftliches Verhältnis). Deutlich wird dies aber noch an einem anderen – freilich nur theoretischen und fortgesponnenen – Beispiel: Angenommen, ein Abwickler macht sich einer Insolvenzverschleppung schuldig oder setzt sich anderweitigen Ansprüchen des späteren Verwalters aus. Der vorläufige Insolvenzverwalter müsste dann ggf. gegen den Abwickler vorgehen. In der hiesigen Grundkonstellation würde dies bedeuten, dass ein Partner einer Anwaltsgesellschaft bzw. Partnerschaftsgesellschaft gegen einen anderen Partner derselben Gesellschaft vorgehen müsste.
Geht man ferner davon aus, dass der Abwickler in der Sphäre des Schuldners und der vorläufige Insolvenzverwalter in der Sphäre der Gläubiger tätig ist und beide Tätigkeiten im Kern nicht von ihren anwaltlichen Tätigkeiten zu abstrahieren sind, ist zumindest auch überprüfenswert, ob beide Interessen nach den Berufsregeln unter einem Dach vereinbar sind.
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