Mit einem Stirnrunzeln und wachsendem Unverständnis schaut man dieser Tage nach Brüssel: Die EU-Kommission will das ursprünglich für 2035 geplante Aus für neue Autos mit Verbrennungsmotor kippen. Benziner und Diesel sollen offenbar doch länger weiterverkauft werden dürfen – möglicherweise sogar unbegrenzt. Der genaue Vorschlag wird heute erwartet. Aber schon jetzt ist klar: Die Signalwirkung ist fatal.
Wo bleibt der Klimaschutz, Europa?
Während Hitze-Rekorde purzeln, Flüsse austrocknen und Wälder brennen, diskutiert die Europäische Union nicht etwa über strengere Klimaziele – sondern darüber, wie man sie wieder aufweicht. Und das in einem Sektor, der für rund ein Viertel der CO₂-Emissionen verantwortlich ist: den Verkehr.
Begründet wird der Schwenk mit „Technologieoffenheit“. Klingt gut – ist aber ein Euphemismus für Stillstand. Denn längst ist klar, dass der technologische Wandel in Richtung Elektromobilität nicht nur notwendig, sondern auch machbar ist. Die Industrie ist im Umbau, Millionen wurden in Batterieforschung, Ladeinfrastruktur und E-Auto-Entwicklung investiert. Wer jetzt den Rückwärtsgang einlegt, gefährdet nicht nur Klimaziele, sondern auch Planungssicherheit, Investitionen – und letztlich auch Jobs.
Der politische Rückzieher als industriepolitische Nebelkerze
Was als angeblich „wirtschaftsfreundliche Kurskorrektur“ verkauft wird, entpuppt sich als riskante Strategie auf Kosten der Zukunft. Die Probleme der Autoindustrie – sinkende Gewinne, schwache Nachfrage, steigende Konkurrenz aus China – sind real. Doch das Verbrenner-Aus ist nicht ihr Auslöser, sondern Teil der Antwort.
„Die Technologie ist bereit, die Verbraucher sind bereit – worauf warten wir noch?“, fragt der Chef des E-Auto-Herstellers Polestar. Eine berechtigte Frage. Statt Mut zur Transformation erleben wir politischen Kleinmut – getrieben von kurzfristigen Umfragewerten und dem Ruf nach „Technologieneutralität“, die in der Praxis oft einfach „weiter so“ bedeutet.
Österreich – ambitioniert, aber noch lange nicht am Ziel
Auch in Österreich ist der Weg in die E-Mobilität kein Selbstläufer: Zwar fährt bereits jedes fünfte neu zugelassene Auto elektrisch, doch nur 3,8 % der insgesamt 5,2 Millionen Pkw sind echte Stromer. Städte wie Wien und Salzburg zeigen, dass es geht – aber gerade der ländliche Raum braucht Investitionen in Infrastruktur und gezielte Förderung. Nicht ein Zurück zum Verbrenner.
Der Rückwärtsgang hilft niemandem
Was sagt es über Europas Klimapolitik aus, wenn ambitionierte Ziele beim ersten Gegenwind wieder einkassiert werden? Wenn die EU es nicht schafft, im Zukunftsmarkt E-Mobilität global führend zu werden, wird sie zum Zuschauer – technologisch und wirtschaftlich.
Die Frage lautet also nicht mehr nur: Wann schaffen wir den Verbrenner ab?
Sondern: Wann fangen wir endlich an, die Zukunft ernst zu nehmen?
Denn wer heute CO₂-Ziele aufweicht, verwässert nicht nur Gesetze – sondern auch Europas Glaubwürdigkeit im Klimaschutz.
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