In Hongkong weht ein neuer Wind. Seit der Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes (NSL) im Jahr 2020 hat sich das gesellschaftliche Klima massiv verändert. Patriotismus wird gefordert, Kritik zunehmend sanktioniert. Einer, der sich als besonders eifriger Unterstützer der neuen Ordnung hervortut, ist Innes Tang – ein selbsternannter Patriot und Verfechter der „nationalen Sicherheit“.
Von der Bank zum Überwachungsprofi
Innes Tang, ehemaliger Banker und heute lautstarker Unterstützer Pekings, sieht es als seine persönliche Mission, gegen Verstöße gegen das Nationale Sicherheitsgesetz vorzugehen. Er hat sogar eine eigene Hotline eingerichtet, um Hinweise aus der Bevölkerung zu sammeln. Diese finanziert er aus eigener Tasche, um – wie er sagt – die nationale Sicherheit zu stärken.
Tang berichtet stolz, dass er fast 100 Personen und Organisationen bei den Behörden angezeigt habe. Er selbst führt keine Ermittlungen durch, sondern gibt lediglich Hinweise weiter, die er für verdächtig hält. „Wir sind in jeder Ecke der Gesellschaft und beobachten, ob etwas gegen das Gesetz verstößt“, erklärt Tang.
Informieren statt Ignorieren?
Tang sieht seine Aktionen als „korrekte Zusammenarbeit zwischen Gesellschaft und Polizei“. Dass er damit das gesellschaftliche Klima vergiftet und den Überwachungsstaat fördert, scheint ihn wenig zu kümmern. Er glaubt fest daran, dass er die „schweigende Mehrheit“ vertritt – jene Hongkonger, die gegen die Unruhen von 2019 und die Forderungen nach mehr Demokratie sind.
Doch seine Aktionen bleiben nicht ohne Kritik. Viele sehen Tang als Symptom eines tieferen Problems: Der Patriotismus, den die Regierung fordert, wird zunehmend zur Waffe gegen Andersdenkende. Selbst Tang räumt ein, dass die neue politische Kultur problematisch ist: „Wenn man sagt: ‚Wenn du nicht meiner Meinung bist, beschuldige ich dich der Gefährdung der nationalen Sicherheit‘, dann ist das falsch.“
Das Klima der Angst
Seit der Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes wurden über 300 Personen verhaftet, die wegen angeblicher Verstöße gegen die nationale Sicherheit ins Visier gerieten. Viele Menschen haben Hongkong seitdem verlassen. Für jene, die geblieben sind, hat sich der Alltag verändert: Selbstzensur ist zur Überlebensstrategie geworden.
Besonders betroffen ist die akademische Freiheit. Professor Kenneth Chan, ein langjähriger Pro-Demokratie-Aktivist, berichtet von Kollegen, die ihn meiden, und von Studierenden, die ihre Meinungen nicht mehr offen äußern. „Ein Drittel meiner Freunde und Studenten sind im Exil, ein Drittel im Gefängnis – und ich bin irgendwie in der Schwebe“, sagt Chan.
Von Hongkong nach Genf – Tangs neuer Auftrag
Da die Protestbewegung in Hongkong weitgehend zum Erliegen gekommen ist, hat Tang sich neue Ziele gesetzt. Er arbeitet nun für eine pro-chinesische NGO, die ihn regelmäßig zu Treffen bei den Vereinten Nationen nach Genf schickt. Dort spricht er über Hongkong, Menschenrechte und die Perspektive Chinas. Zudem plant er die Gründung eines eigenen Medienunternehmens in der Schweiz, um weiterhin im Sinne Chinas zu berichten.
Ein Land, zwei Realitäten
Die Entwicklungen in Hongkong zeigen, wie drastisch sich eine Gesellschaft unter dem Einfluss autoritärer Gesetze verändern kann. Während Tang und seine Unterstützer in ihrem Handeln einen Beitrag zur Stabilität sehen, empfinden andere die Überwachung als Angriff auf die persönliche Freiheit.
Die Frage bleibt: Ist die neue Ordnung tatsächlich der Wille der Mehrheit – oder doch nur das Produkt von Angst und Anpassungsdruck? Während Tang weiterhin von einem stabilen Hongkong spricht, bleibt der bittere Beigeschmack: Wie viel Freiheit kann ein Stadtstaat verkraften, der unter den wachsamen Augen von „Patrioten“ steht?
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