Ein Hoffnungsschimmer inmitten jahrzehntelanger Gewalt: Israel und die Terrororganisation Hamas haben sich auf ein Abkommen geeinigt, das die Freilassung der letzten überlebenden Geiseln und ein Teilrückzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen vorsieht. Auch 2000 palästinensische Häftlinge sollen freikommen, Flüchtlinge dürfen in ihre zerstörten Heimatviertel zurückkehren. Für einen Moment jubeln beide Seiten – in Tel Aviv wie in Gaza.
Doch so sehr diese Nachricht aufatmen lässt, so klar ist auch: Von Frieden ist die Region weit entfernt. Und ausgerechnet der Mann, der sich nun als Architekt dieses Abkommens inszeniert, könnte einer echten Lösung im Weg stehen – US-Präsident Donald Trump.
Diplomatie als Drohung
Trumps Art der Außenpolitik folgt einem Muster: Druck, Ultimaten, Erpressung.
Israel bekam zu hören, dass die US-Unterstützung ende, sollte Premier Benjamin Netanjahu nicht zustimmen. Die Hamas wurde gewarnt, die „Hölle werde losbrechen“, wenn sie das Abkommen nicht binnen Tagen unterzeichne. Diese Form der Diplomatie mag kurzfristig Ergebnisse bringen – doch sie baut keinen nachhaltigen Frieden.
Ein Waffenstillstand, der auf Furcht gründet, hält selten lange. Wer aus Zwang zustimmt, sucht nicht Versöhnung, sondern nur Zeitgewinn. Schon jetzt ist klar: Die zweite Phase der Verhandlungen – jene, in der es um Vertrauen, Sicherheit und politische Verantwortung gehen soll – hat noch gar nicht begonnen.
Jubel mit Ablaufdatum
Trump selbst feiert den Deal als „Beginn eines starken, dauerhaften und ewigen Friedens“. Die Bilder aus Tel Aviv und Gaza scheinen ihm recht zu geben: Familien jubeln, Menschen tanzen, Kinder fallen sich in die Arme. Doch die Euphorie trägt den Keim neuer Ernüchterung in sich.
Denn die entscheidenden Fragen bleiben unbeantwortet:
- Wer verwaltet den Gazastreifen, wenn sich Israel tatsächlich zurückzieht?
- Wird die Hamas, trotz militärischer Schwächung, ihre Macht wirklich aufgeben?
- Kann eine palästinensische Autonomiebehörde übernehmen, der selbst jede demokratische Legitimation fehlt?
Und auf der anderen Seite: Kann Netanjahus fragiles Rechtsbündnis überhaupt einen dauerhaften Friedensprozess tragen? Schon jetzt kündigt Finanzminister Bezalel Smotrich an, dem Abkommen nicht zuzustimmen. Israels Regierung droht am eigenen Erfolg zu zerbrechen.
Trumps Siegespose und die Mühen der Ebene
„Selig sind die Friedensstifter!“ – so schreibt Trump in Anlehnung an das Neue Testament, und feiert sich als Macher, der Unmögliches möglich gemacht hat. Doch sein Eigenlob wirkt verfrüht. Der US-Präsident liebt historische Momente, aber er meidet die langwierige Geduldsarbeit, die wahrer Frieden verlangt: Vertrauen schaffen, Kompromisse aushandeln, Hass abbauen.
Mit den Worten von Bertolt Brecht: Nach den Mühen der Berge folgen die Mühen der Ebenen – und dort beginnt die eigentliche Arbeit. In dieser Phase verliert Trumps Politik an Substanz.
Ein Funke genügt
Das Abkommen mag einen Krieg beenden – doch es beendet nicht das Misstrauen. Die Geschichte des Nahen Ostens ist voller zerbrochener Friedensversprechen: Rabin, Oslo, Gaza-Rückzug, Intifadas – immer wieder Hoffnungen, immer wieder Rückfälle in Gewalt. Ein einziger Anschlag, eine Provokation, und auch dieser Deal könnte binnen Stunden zerfallen.
So bleibt dieser Tag ein Moment der Hoffnung, aber kein Neuanfang.
Ein kleiner Schritt für den Frieden – doch vielleicht ein zu großer für jene, die ihn tragen sollen. Und ein weiterer Beweis, dass Donald Trumps Friedensstil zwar laut, aber nicht nachhaltig ist.
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