In seinem fortwährenden Feldzug gegen hohe Zinsen hat US-Präsident Donald Trump am Sonntag zu einer neuen Waffe gegriffen: einem handgeschriebenen Brief.
„You are, as usual, ‘Too Late’.“ („Wie immer: zu spät.“) – So beginnt der Brief, den Trump eigenhändig an Jerome Powell, den Chef der US-Notenbank, kritzelte und anschließend auf Truth Social stolz veröffentlichte. Neben der Mahnung kritzelte er auch eine Liste internationaler Zinssätze – mit zwei dicken Pfeilen in Richtung „Schweizer Niveau“, wo Zinsen praktisch ein Fremdwort sind.
Trump markierte demonstrativ, wo die USA ihrer Meinung nach sein sollten: irgendwo zwischen Japan (0,5 %) und den Seychellen (1,75 %). Die aktuelle US-Zinsrate von 4,5 % ist dem selbsternannten Zinsflüsterer viel zu hoch. „Hunderte Milliarden Dollar gehen verloren! Kein Grund zur Inflation!“, behauptete Trump und beschuldigte Powell, dem Land „ein Vermögen gekostet“ zu haben.
Powell kontert mit Fakten – Trump mit Druckbuchstaben
Der Fed-Chef zeigte sich bislang unbeeindruckt. Die Zentralbank hatte die Zinsen zuletzt erneut stabil belassen, mit Verweis auf mögliche Preisschübe durch Trumps neu eingeführte Mega-Zölle auf Importe. Powell warnte, die Tarife könnten die Inflation wieder anheizen, was keine Zinssenkung rechtfertige.
Doch Trump bleibt gelassen – und kreativ. Pressesprecherin Karoline Leavitt präsentierte den Brief am Montag auf einer XXL-Pappe, um der Welt zu zeigen, dass ihr Präsident nicht nur Billionen bewegt, sondern auch mal selbst zum Stift greift.
„Der Präsident war zuerst Geschäftsmann – er weiß, was er tut.“ So Leavitt, während sie neben dem überdimensionalen Brief posierte wie bei einer Oscar-Verleihung.
Und wenn er schon nicht feuern kann…
Obwohl Trump Powell einst selbst nominiert hatte, ist eine Entlassung juristisch ausgeschlossen. Zumindest bisher. Trump arbeitet derweil an einem juristischen Hebel, der ihm künftig die Entlassung unabhängiger Behördenchefs ermöglichen soll – ob auch Powell bald auf dieser Liste steht, ließ Leavitt offen.
Trump selbst kündigte bereits an, er suche „drei bis vier“ Ersatzkandidaten für den Fed-Vorsitz. Unter den Namen, die derzeit kursieren: Finanzminister Scott Bessent – ein Mann, dessen größte Qualifikation offenbar darin liegt, dass er auf Trumps Geburtstagsfeier nicht widersprochen hat.
Fazit: Wirtschaftspolitik à la Trump
Mit Kugelschreiber, Charisma und chronischem Kapitalismusgefühl versucht Trump also, die Geldpolitik zu dirigieren. Sollte das nicht reichen, hat er noch eine andere Strategie parat: Er ersetzt einfach den Dirigenten.
Bleibt nur zu hoffen, dass er den nächsten Zinsentscheid nicht auf einem Serviettenrand im Mar-a-Lago schreibt – oder per Emoji auf X (ehemals Twitter).
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