Der niederösterreichische Vorreiter für nachhaltiges Wohnen, WW Wohnwagon aus Gutenstein, hat Insolvenz angemeldet. Das Unternehmen, das seit 2013 kleine, autarke „Tiny Houses“ produziert und in der Branche als Pionier galt, steht nun vor einer finanziellen Neuordnung. Betroffen sind 228 Gläubiger sowie 44 Beschäftigte, deren Löhne bereits seit Ende November ausständig sind.
Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gestartet
Das Landesgericht Wiener Neustadt eröffnete das Verfahren auf Antrag des Unternehmens selbst. Laut Angaben des Alpenländischen Kreditorenverbands (AKV) belaufen sich die Verbindlichkeiten auf rund 3,4 Millionen Euro, nach Abzug von Kundenanzahlungen und Nachrangdarlehen.
Trotz der schwierigen Situation soll der Betrieb fortgeführt werden. Der Sanierungsplan sieht eine Quote von 30 Prozent für die Gläubiger vor, zahlbar innerhalb von zwei Jahren. Da dieser Vorschlag lediglich den gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht, prüft der AKV derzeit mögliche Verbesserungen, um die Erfolgsaussichten der Sanierung zu erhöhen.
Bau- und Immobilienkrise als Auslöser
Das Unternehmen geriet laut AKV infolge der Immobilien- und Baukrise 2024/2025 zunehmend in Schwierigkeiten. Die Nachfrage nach Tiny Houses, die zuvor jahrelang stabil gewachsen war, brach im vierten Quartal 2025 abrupt ein. Parallel dazu verursachten notwendige Restrukturierungsmaßnahmen erhebliche Kosten, welche schließlich die Liquidität überstiegen.
Damit wurde die wirtschaftliche Lage so angespannt, dass die Zahlungsfähigkeit nicht mehr aufrechterhalten werden konnte – trotz bereits eingeleiteter Gegenmaßnahmen.
Vom Pionier zum Problemfall
WW Wohnwagon hatte sich seit seiner Gründung 2013 als innovativer Anbieter von nachhaltigen, energieautarken Mini-Häusern etabliert. Die Module setzten auf Naturmaterialien, ökologische Bauweise und Selbstversorgungsoptionen wie Photovoltaik oder Wasseraufbereitung. Die Nachfrage wuchs jahrelang stetig – Tiny Houses lagen im Trend, nicht nur ökologisch, sondern auch als bezahlbare Wohnalternative.
Bis 2024 präsentierte sich das Unternehmen laut AKV solide aufgestellt. Im November desselben Jahres erfolgte sogar eine Kapitalerhöhung über 500.000 Euro, eingebracht durch die WWEK Beteiligungs GmbH als neuen Mitgesellschafter. Doch die Entwicklung der Bau- und Immobilienmärkte machte diese Fortschritte schnell zunichte.
Wie geht es weiter?
Für die 44 Beschäftigten und die zahlreichen betroffenen Gläubiger ist die Situation angespannt, gleichzeitig aber nicht aussichtslos. Die Fortführung des Unternehmens deutet darauf hin, dass Kernkompetenzen und Produktmarkt weiterhin als tragfähig gelten – vorausgesetzt, die finanzielle Neuordnung gelingt.
In den kommenden Wochen wird entscheidend sein:
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ob die Gläubiger dem Sanierungsplan zustimmen,
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ob zusätzliche Verbesserungen möglich sind,
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und ob die Nachfrage nach Tiny Houses wieder anzieht oder neue Geschäftsmodelle erschlossen werden können.
Die Insolvenz des Vorzeigeunternehmens zeigt, wie hart die Baukrise auch innovative Firmen trifft – selbst jene, die jahrelang als Erfolgsbeispiele nachhaltigen Wohnens galten.
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