Taiwan stellt sich auf eine deutliche Ausweitung seiner Verteidigungsausgaben ein. Präsident Lai Ching-te kündigte an, dass die Militärausgaben bis 2030 auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigen sollen – ein Niveau, das den NATO-Standards entspricht und Taiwan im internationalen Vergleich zu einem der Länder mit den höchsten Verteidigungsquoten machen würde.
Hintergrund: Chinas militärischer Druck
Der Schritt kommt nicht überraschend. China betrachtet Taiwan als Teil seines Staatsgebietes und hat in den vergangenen Jahren den militärischen Druck massiv erhöht. Nahezu täglich werden chinesische Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe in die Nähe der Insel entsandt, zuletzt auch bei großangelegten Militärübungen, die offen auf eine mögliche Blockade oder Invasion abzielten. In Taipeh wächst deshalb die Sorge, dass China seine Drohungen in den nächsten Jahren in konkrete Handlungen umsetzen könnte.
Zwischenziel 2026: Erste Anhebung beschlossen
Bereits zuvor hatte die Regierung angekündigt, das Verteidigungsbudget bis 2026 auf 3,32 Prozent des BIP zu erhöhen. Diese Summe liegt deutlich über dem, was viele westliche Länder für ihr Militär ausgeben – Deutschland etwa will erst 2024 dauerhaft die Zwei-Prozent-Marke erreichen. Mit dem neuen Ziel bis 2030 signalisiert Taiwan, dass es den finanziellen Kraftakt langfristig durchhalten will.
Rolle der USA
Die USA sind der wichtigste Schutzpartner und Waffenlieferant Taiwans. Washington hat wiederholt betont, dass die Insel mehr Eigenleistung erbringen müsse, um im Verteidigungsfall handlungsfähig zu bleiben. Mit dem Ausbau der Verteidigungsausgaben reagiert Taiwan auch auf diesen Druck: Mehr Investitionen sollen einerseits die Abschreckungsfähigkeit gegenüber China erhöhen, andererseits die militärische Zusammenarbeit mit den USA und anderen Partnern stärken.
Folgen für Taiwans Haushalt
Die geplante Erhöhung auf fünf Prozent des BIP bedeutet eine erhebliche finanzielle Belastung für den Staatshaushalt. Taiwan muss dafür Milliardenbeträge zusätzlich bereitstellen – Mittel, die an anderer Stelle, etwa für Sozialausgaben, Bildung oder Infrastruktur, fehlen könnten. Befürworter argumentieren, dass ohne Sicherheit auch Wohlstand nicht möglich sei. Kritiker warnen hingegen vor einer „Militarisierung der Haushaltspolitik“ und möglichen sozialen Spannungen, sollte die Bevölkerung stärker belastet werden.
Regionale Signalwirkung
Eine so deutliche Aufrüstung Taiwans hat auch internationale Auswirkungen. Sie könnte die Spannungen mit China verschärfen, da Peking den Schritt vermutlich als Provokation und Teil einer engeren militärischen Ausrichtung an den Westen deutet. Zugleich könnte sie aber auch abschreckend wirken und Chinas Kostenkalkulation für eine mögliche Invasion deutlich erhöhen. Andere Länder in der Region – etwa Japan, Südkorea oder die Philippinen – beobachten die Entwicklung genau, da sie ebenfalls von Chinas Machtansprüchen betroffen sind.
Ausblick
Mit dem Kurswechsel stellt Taiwan klar, dass es seine militärische Eigenständigkeit massiv ausbauen will. Ob die Investitionen ausreichen, um China von einem Angriff abzuschrecken, bleibt offen. Klar ist jedoch: Die kommenden Jahre werden nicht nur militärisch, sondern auch finanziell zu einer großen Bewährungsprobe für das Land.
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