Online-Marktplätze boomen, aber das nutzen auch Kriminelle. Eine neue Betrugsmasche zielt ausgerechnet auf die Funktion „Sicher bezahlen“ bei Kleinanzeigen. Rechtsanwältin Kerstin Bontschev aus Bautzen erklärt, wie die Falle funktioniert, worauf Verbraucher achten müssen – und was zu tun ist, wenn es schon zu spät ist.
Frau Bontschev, was ist das Gefährliche an dieser neuen Masche rund um die Funktion „Sicher bezahlen“?
Kerstin Bontschev: Die Masche wirkt auf den ersten Blick unglaublich seriös – und genau das ist das Problem. Die Betrüger versenden täuschend echt gestaltete E-Mails im Namen von Kleinanzeigen. Diese enthalten Links, die angeblich zum sicheren Bezahlvorgang führen. Tatsächlich landet man auf einer gefälschten Website, die der echten Plattform zum Verwechseln ähnlich sieht. Dort werden dann sensible Zahlungsdaten abgefragt – Kreditkartennummer, IBAN, Sicherheitscodes. Wer diese eingibt, gibt den Betrügern direkten Zugriff auf sein Konto.
Wie lässt sich so ein Fake erkennen? Die Mails sehen ja sehr professionell aus.
Es ist schwer, aber nicht unmöglich. Man sollte niemals auf Links in E-Mails oder SMS klicken, die angeblich mit einem Kauf oder Verkauf auf Kleinanzeigen zu tun haben – selbst wenn die Nachricht auf den ersten Blick seriös aussieht. Der echte Bezahlvorgang läuft ausschließlich innerhalb der Kleinanzeigen-Plattform, und zwar über deren eigenen Zahlungsdienstleister. Sobald jemand Sie außerhalb der Plattform auffordert, persönliche Daten einzugeben, ist das ein Warnsignal. Auch die Webadresse (URL) genau prüfen: Weicht sie von der offiziellen Domain ab? Tauchen komische Zusätze wie „.vip“ oder „-secure-payment“ auf, sollten alle Alarmglocken läuten.
Wie gehen die Täter in der Praxis vor? Werden eher Käufer oder Verkäufer angesprochen?
Beide. Käufer erhalten angeblich eine Bestätigung für eine bevorstehende Zahlung. Verkäufer wiederum bekommen eine Nachricht, dass ein Käufer bezahlt habe und sie nun nur noch den Betrag „freigeben“ müssten – was dann über die gefälschte Seite passieren soll. In beiden Fällen setzen die Täter gezielt auf Schnelligkeit und den Vertrauensvorsprung, den Kleinanzeigen mit der Funktion „Sicher bezahlen“ aufgebaut hat.
Was raten Sie, wenn jemand bereits Daten auf einer Fake-Seite eingegeben hat?
Sofort handeln! Zahlungsdaten sperren, das heißt die Kreditkarte oder das Bankkonto umgehend bei der Bank oder über den Sperrnotruf 116 116 blockieren lassen. Wer seine Zugangsdaten eingegeben hat, sollte Passwörter sofort ändern, insbesondere wenn sie auch bei anderen Diensten verwendet wurden. Außerdem ist eine Anzeige bei der Polizei ratsam – entweder direkt vor Ort oder online. Alle Beweise wie Screenshots, E-Mails oder Chatverläufe sollten gesichert werden.
Und was können Verbraucher grundsätzlich tun, um sich besser zu schützen?
Es gibt ein paar einfache, aber sehr effektive Maßnahmen: Immer direkt über die Plattform kommunizieren und bezahlen, niemals per externem Link oder Messenger. Eine gesunde Skepsis ist online Gold wert – lieber einmal mehr nachfragen oder recherchieren. Die Verbraucherzentralen bieten zudem aktuelle Warnungen und Checklisten an, mit denen man Fake-Angebote schnell erkennen kann. Und ganz wichtig: Nie persönliche Bankdaten unverschlüsselt weitergeben.
Glauben Sie, dass die Plattformen selbst genug tun, um solche Betrugsfälle zu verhindern?
Die Plattformen verbessern sich kontinuierlich, aber der Missbrauch wird leider nie ganz auszuschließen sein. Es braucht mehr Aufklärung direkt auf den Seiten, zum Beispiel mit Warnhinweisen in Echtzeit, wenn jemand auf eine potenziell gefährliche Nachricht klickt. Aber auch die Nutzerinnen und Nutzer selbst haben eine Verantwortung: Digitale Selbstverteidigung wird im Alltag genauso wichtig wie ein gutes Schloss an der Wohnungstür.
Frau Bontschev, vielen Dank für Ihre Einschätzungen und Hinweise.
Kerstin Bontschev: Gern. Ich hoffe, das Interview hilft dabei, möglichst viele vor teuren Fehlern zu bewahren.
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