Im Lötschental spitzt sich die Lage nach einem massiven Gletscher- und Felssturz dramatisch zu. Ein aufgestauter See hinter gewaltigen Geröllmassen hat bereits erste Gebäude verschluckt. Neue Drohnenaufnahmen zeigen, wie das Wasser weiter steigt – und eine unkontrollierte Entladung immer wahrscheinlicher wird.
Am Mittwochabend war eine gewaltige Masse von rund drei Millionen Kubikmetern Gestein ins Tal gestürzt. Das Geröll bedeckte eine Fläche von etwa zwei Kilometern Länge und bis zu 200 Metern Breite. Dabei wurden Flussläufe abgeschnitten und Wasser staut sich nun gefährlich hinter den Ablagerungen.
Aus Sicherheitsgründen wurden mehrere Gebäude evakuiert – insgesamt 16 Personen mussten ihre Unterkünfte verlassen. Die Behörden ordneten vorsorglich eine Teilräumung der betroffenen Ortschaften an. Aufgrund der Dunkelheit wurden die Evakuierungsmaßnahmen zunächst unterbrochen, am Donnerstag konnten sie fortgesetzt werden.
Zwei mögliche Szenarien: Dammbruch oder langsames Überfließen
Die Fachleute sehen zwei realistische Verläufe: Entweder bricht der provisorische „Damm“ aus Schuttmaterial – oder das Wasser fließt langsam über. Ersteres könnte eine unkontrollierte Flutwelle auslösen, bei der sich Wassermassen und Geröll ihren Weg durch das Tal bahnen. Beim zweiten Szenario käme es zu einem langsamen Überlaufen des Wassers – ebenfalls riskant, jedoch weniger zerstörerisch.
Entscheidend sei die Zeit. Denn mit jedem Liter, der sich hinter dem Schutt ansammelt, wächst der Druck auf die instabile Barriere. Fachleute prüfen derzeit die Möglichkeit, den Wasserspiegel mithilfe von Pumpen oder Ableitungssystemen zu senken. Doch ob diese Maßnahmen rechtzeitig umgesetzt werden können, hängt davon ab, wie stabil die Lage im Abbruchgebiet bleibt.
Hilfseinsatz durch Wetter und Gelände erschwert
Die Armee steht bereit, technisches Material per Helikopter ins Gebiet zu bringen – darunter Pumpen, Scheinwerfer und Räumfahrzeuge. Ingenieurbüros wurden hinzugezogen, um das weitere Vorgehen zu koordinieren. Doch der Zugang zur Gefahrenzone bleibt extrem schwierig. Der Kanton Wallis hat mitgeteilt, dass ein direkter Einsatz im Bergsturzgebiet aktuell zu gefährlich ist.
Fachleute verweisen auf frühere Ereignisse – wie den Bergsturz von Randa im Jahr 1991 – bei dem kontrollierte Ableitungen erfolgreich eingesetzt wurden. Doch auch damals war schnelles Handeln entscheidend.
„Die Natur zeigt uns hier unsere Grenzen“
Die Situation im Lötschental erinnert eindringlich daran, wie machtlos selbst moderne Technik gegen Naturgewalten sein kann. Zwischen technischer Machbarkeit und geologischer Unberechenbarkeit bleibt nur ein schmaler Handlungsspielraum. Die kommenden Tage – vielleicht sogar Stunden – werden zeigen, ob das Wasser kontrolliert abgeleitet werden kann oder sich mit ungebremster Wucht einen eigenen Weg ins Tal sucht.
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