Startseite Allgemeines Schlaflosigkeit und Angst breiten sich in Venezuela aus – US‑Militärpräsenz schürt Sorgen
Allgemeines

Schlaflosigkeit und Angst breiten sich in Venezuela aus – US‑Militärpräsenz schürt Sorgen

OpenClipart-Vectors (CC0), Pixabay
Teilen

In Venezuelas Hauptstadt glitzern die Weihnachtslichter, traditionelle Musik erfüllt die Straßen, Kinder gehen zur Schule, Erwachsene zur Arbeit. Doch unter dieser scheinbaren Normalität wächst die Unsicherheit. Viele Menschen leben in ständiger Anspannung – ausgelöst durch die zunehmenden Spannungen zwischen den USA und der Regierung in Caracas.

Leben im Alarmzustand

Victoria (Name geändert) lebt allein im Westen von Caracas. Seit ihre beiden Kinder ausgewandert sind, arbeitet sie im Handel – doch ihre täglichen Abläufe stehen seit Monaten unter einem Schatten. Jede politische Entwicklung, jede Nachricht über mögliche Eskalationen raube ihr die Ruhe, erzählt sie.

Obwohl sie versucht, ihren Alltag fortzuführen, sind die schlaflosen Nächte geblieben. „Ich wache auf, schaue auf mein Handy und lese Nachrichten – auch wenn ich weiß, dass ich danach kaum wieder einschlafen kann“, sagt sie. Die Vorstellung eines Konflikts, auf den normale Bürger keinen Einfluss haben, belastet sie zunehmend.

Sie greift inzwischen zu pflanzlichen Schlafmitteln, meidet Gespräche und berichtet von körperlichen Beschwerden. „Nur wer hier lebt, fühlt diesen Druck“, sagt sie. „Venezolaner sind fleißige, gutherzige Menschen. Wir haben das nicht verdient.“

Psychologinnen warnen: Die mentale Belastung wächst

Die anhaltende politische Spannung beeinträchtige die psychische Gesundheit vieler Venezolaner, erklärt die Psychologin und Sozialforscherin Yorelis Acosta von der Zentraluniversität Venezuelas.

Es gebe keine einheitliche Art, diese Krise zu verarbeiten: Wer an der Grenze zu Kolumbien lebe, erlebe die Situation anders als jemand in der Hauptstadt. Viele Venezolaner im Ausland hätten den Eindruck, das Land sei völlig militarisiert, sagt Acosta – eine Wahrnehmung, die nicht immer der Realität entspreche.

Acosta beobachtet zwei Extreme: Menschen, die sich bewusst von Nachrichten fernhalten, und solche, die permanent online sind – oft überinformiert, fehlinformiert und geplagt von Angst und Schlafstörungen.

Sie rät zu einem maßvollen Umgang mit Medien: „Wir müssen informiert bleiben, ja – aber aus verlässlichen Quellen und nur für begrenzte Zeit. Pausen, Bewegung und Selbstfürsorge sind wichtig.“

Zwischen Alltag und politischer Loyalität

Andere Venezolaner versuchen, Gelassenheit zu bewahren. Bei einer Demonstration für Präsident Nicolás Maduro sagte die Teilnehmerin Yanitza Albarrán, sie vertraue auf die Regierung und die Streitkräfte.

„Mütter bringen ihre Kinder zur Schule, Bauern bestellen die Felder, Händler verkaufen ihre Waren. Unser Land ist in Frieden, weil der Präsident und die Armee ihn garantieren“, erklärte sie, bevor sie wieder in die Menge zurückkehrte.

Doch dieses Gefühl teilen längst nicht alle – und der Dezember verstärkt die Spannungen. Für viele sei Weihnachten inzwischen weniger Zeit der Freude als ein schmerzhafter Hinweis auf fehlende Angehörige, meint Acosta.

Vorsichtsmaßnahmen im Alltag

Die Angst führt inzwischen zu konkreten Maßnahmen. CNN liegen Schreiben mehrerer Privatschulen vor, in denen Eltern aufgefordert werden, ihren Kindern ein „persönliches Notfallset“ mitzugeben: Wasser, haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel, Medikamente und Taschenlampen. Offiziell sollen die Sets für den Fall eines Erdbebens bereitstehen – manche Eltern vermuten jedoch, dass auch politische Szenarien eine Rolle spielen.

Auch Unternehmen bereiten sich vor: Geschäftsleute berichten anonym, dass sie Verkehrswege im Land überwachen und Kommunikationsübungen durchführen, um Mitarbeiter bei außergewöhnlichen Ereignissen warnen zu können.

Wachsende Isolation – und ihre Folgen

Zusätzliche Sorge bereitete eine Warnung der US-Luftfahrtbehörde FAA vom 21. November, die vor Flügen über Venezuela riet. Mehrere Airlines setzten daraufhin den Verkehr aus. Als Venezuela ihnen 48 Stunden zur Wiederaufnahme setzte und später die Flugrechte entzog, fühlten sich viele Menschen buchstäblich abgeschnitten von der Welt.

Für Victoria war die Nachricht ein Schock: „Ich hatte das Gefühl, alles stürzt ein.“ Seit zwei Jahren hat sie ihre Tochter in Frankreich nicht gesehen – der Flugstopp machte das Wiedersehen nahezu unmöglich. Sie sucht nun Alternativen über Kolumbien, Panama oder Curaçao, weiß aber, dass auch diese Wege Risiken bergen.

Familienfeste in Gefahr

Fast acht Millionen Venezolaner leben inzwischen im Ausland, viele von ihnen getrennt von ihren Familien. Der Ingenieur Luis Rosas, der heute in Brasilien lebt, wollte im Dezember zum 80. Geburtstag seiner Mutter nach Venezuela reisen. Statt Vorfreude verspürte er zunehmend Angst und Zweifel. Nach reiflicher Überlegung entschied er sich gegen die Reise.

„Solche Situationen erzeugen Angst, Frustration und Unbehagen“, sagt er. „Man hat keine Kontrolle darüber – aber sie beeinflussen das ganze Leben.“

Kommentar hinterlassen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Ähnliche Beiträge
Allgemeines

US-Bildungsministerium bittet entlassene Mitarbeitende um Rückkehr – wegen Diskriminierungsfällen

Das US-Bildungsministerium sieht sich einem wachsenden Rückstau an Diskriminierungsfällen an Schulen gegenüber...

Allgemeines

Heiraten Taylor Swift und Travis Kelce bald in Rhode Island? Gerüchte um Traumhochzeit im Luxusresort

Die Gerüchteküche brodelt: Plant Superstar Taylor Swift etwa ihre Hochzeit mit Football-Star...

Allgemeines

US-Senator Mark Kelly droht Militärverfahren – Trump wirft ihm „Landesverrat“ vor

Der demokratische US-Senator Mark Kelly steht wegen seiner Beteiligung an einem umstrittenen...

Allgemeines

Tragödie

Bei einem schweren Brand in einem Nachtclub im indischen Bundesstaat Goa sind...