Redaktion:
Herr Reime, derzeit werben Anbieter wie „Menke Zeitstrategie“ mit maritimen Beteiligungen und versprechen „Investitionen in reale Werte“. Sind Schiffsfonds aktuell eine gute Anlageidee?
Rechtsanwalt Jens Reime:
Nun ja, das klingt natürlich erst einmal nach Abenteuer, Sonne, Meer – und Rendite. Aber in der Realität fahren Anleger dabei nicht auf einem Kreuzfahrtschiff mit All-inclusive, sondern eher auf einem Containerschiff mit Kurs „Risiko voraus“. Schiffsfonds sind keine Anlage für Einsteiger oder Rendite-Romantiker, sondern komplexe unternehmerische Beteiligungen mit teils erheblichen Risiken.
Redaktion:
Dabei klingen die Werbeaussagen durchaus verlockend: Reale Werte, keine Bank, keine Plattform, sondern „unternehmerisch investieren“. Ist das nicht ein Vorteil?
Jens Reime:
Die Rhetorik ist geschmeidig, keine Frage. „Reale Werte statt Papier“, „kein Umweg, kein Interessenkonflikt“, „Co-Investments der Reedereien“ – das klingt alles nach Handschlagqualität auf der Kommandobrücke. Doch Anleger sollten nicht vergessen: Auch ein echtes Schiff kann sinken. Und wenn das passiert, geht das investierte Kapital eben auch unter – mitsamt den Hoffnungen auf „mehr als Rendite“.
Redaktion:
Die Anbieter argumentieren, dass sie antizyklisch investieren – also genau dann, wenn andere zögern. Das wird als Strategie mit „langfristigem Denken“ verkauft. Was halten Sie davon?
Jens Reime:
Antizyklisches Investieren ist grundsätzlich ein legitimer Ansatz – wenn man Marktkenntnis, Kapital und Risikobewusstsein mitbringt. Aber der Begriff wird in der Werbung leider oft als Feigenblatt genutzt, um risikobehaftete Märkte schönzureden. In der Vergangenheit haben viele Schiffsfonds mit solchen Versprechen Anlegergelder eingesammelt – und in der Insolvenz wieder ausgespuckt.
Redaktion:
Was sind denn die größten Gefahren für Anleger?
Jens Reime:
Ganz klar: Totalverlust. Schiffsfonds sind unternehmerische Beteiligungen, keine Tagesgeldkonten mit Kapitalkissen. Das bedeutet: Wer investiert, trägt unternehmerisches Risiko. Wenn die Charterraten einbrechen, das Schiff stillliegt oder insolvent wird, ist das Geld weg – Punkt. Dazu kommt, dass viele Konstruktionen sehr intransparent sind. Ohne juristische und wirtschaftliche Beratung ist es kaum möglich, die tatsächlichen Risiken und Vertragsdetails zu erkennen.
Redaktion:
Aber es gibt doch Co-Investitionen der Reedereien?
Jens Reime:
Das mag beruhigend wirken. Aber nur weil der Kapitän mit an Bord ist, heißt das nicht, dass das Schiff nicht leckschlagen kann. Wichtig ist, was vertraglich geregelt ist – und ob Anleger tatsächlich Einfluss haben oder am Ende nur hübsche PowerPoint-Präsentationen sehen, während das Kapital im Maschinenraum verdampft.
Redaktion:
Was raten Sie Anlegern, die mit dem Gedanken spielen, in solche Beteiligungen zu investieren?
Jens Reime:
Unbedingt prüfen, ob ein vollständiges und geprüftes Investment-Memorandum vorliegt. Wer blind investiert, weil die Broschüre gut aussieht, investiert womöglich bald nicht mehr – weil das Geld futsch ist. Anleger sollten zudem unabhängigen rechtlichen und steuerlichen Rat einholen, bevor sie unterschreiben. Wer den Prospekt nicht versteht, sollte ihn nicht zeichnen.
Redaktion:
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Reime!
Fazit für Anleger:
Schiffsfonds wirken seriös und greifbar – doch hinter dem versprochenen „realen Wert“ lauern komplexe Risiken, lange Bindungsfristen und die reale Gefahr des Totalverlusts. Wer investieren will, braucht Weitblick – und einen guten Lotsen. Oder, wie Herr Reime sagen würde: Nicht jeder Anleger ist ein Kapitän – aber jeder sollte wissen, wann er lieber an Land bleibt.
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