Frankreich steckt erneut in einer Regierungskrise: Premierminister Sébastien Lecornu hat nach nur vier Wochen im Amt überraschend seinen Rücktritt erklärt. Wie der Élysée-Palast mitteilte, nahm Präsident Emmanuel Macron das Rücktrittsgesuch an – nur einen Tag, nachdem Lecornu die Ressortverteilung seiner neuen Regierung vorgestellt hatte.
Mit dieser Entscheidung hatte der 38-jährige Politiker offenbar eine Reihe konservativer Abgeordneter gegen sich aufgebracht. Besonders die Aufteilung zentraler Ministerien stieß in den Reihen der Republikaner auf massiven Widerstand. In Folge drohten mehrere konservative Abgeordnete offen mit dem Bruch der ohnehin fragilen Regierungskoalition.
Machtkampf innerhalb der Mitte-Rechts-Regierung
Frankreichs politische Landschaft bleibt damit tief gespalten. Lecornu, der als enger Vertrauter Macrons und Pragmatiker galt, sollte eigentlich Stabilität in die von innenpolitischen Konflikten geschüttelte Regierung bringen. Doch die fehlende Mehrheit im Parlament und anhaltende Machtspiele zwischen Macrons Lager und den Konservativen machten eine einheitliche Linie offenbar unmöglich.
Insbesondere der wirtschaftspolitische Kurs und die Verteilung sozialpolitischer Kompetenzen sollen für Unmut gesorgt haben. Kritiker werfen Lecornu vor, versucht zu haben, „eine Regierung der Mitte“ ohne ausreichende Rücksprache mit den konservativen Partnern durchzusetzen.
Rücktritt kommt zur Unzeit
Der Rücktritt kommt für Macron zur denkbar ungünstigen Zeit: Frankreich steht innenpolitisch vor großen Herausforderungen – von steigenden Lebenshaltungskosten über soziale Proteste bis hin zu einer angespannten Sicherheitslage im Vorfeld internationaler Großereignisse.
Zudem wächst der Druck auf den Präsidenten, einen Nachfolger zu präsentieren, der sowohl im Parlament als auch in der Bevölkerung Vertrauen und Autorität genießt. Namen kursieren bereits, darunter Wirtschaftsminister Bruno Le Maire und Innenminister Gérald Darmanin.
Ein Muster der Instabilität
Mit Lecornus Rücktritt erlebt Frankreich innerhalb weniger Jahre bereits den dritten abrupten Regierungswechsel. Beobachter sehen darin ein Symptom der politischen Zersplitterung: Macrons Versuch, die Gräben zwischen Mitte, Konservativen und Sozialliberalen zu überbrücken, stößt zunehmend an Grenzen.
„Frankreich hat kein Problem mit starken Persönlichkeiten – sondern mit der fehlenden Stabilität ihrer Ämter“, kommentierte der Politologe Jean Garrigues im Fernsehsender France Info.
Ob Präsident Macron in der Lage ist, diese Krise zu meistern, bleibt abzuwarten. Klar ist: Der Rücktritt Lecornus bringt das Machtgefüge im Élysée-Palast erneut ins Wanken.
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