Nach dem Tod von Papst Franziskus am Ostermontag hat in Rom eine Phase begonnen, die weit mehr ist als nur Trauer und Gebet: Es ist die Zeit des Taktierens, der stillen Koalitionen und der berühmten Machtspiele – die Papstwahl rückt näher. Offiziell beginnt das Konklave erst am 7. Mai in der Sixtinischen Kapelle. Doch in den Restaurants, Klöstern und Gästehäusern rund um den Vatikan läuft längst das heimliche Vorspiel.
Wer wird der nächste Papst?
Etwa 250 Kardinäle aus aller Welt haben sich eingefunden, um Franziskus zu verabschieden – und bald seinen Nachfolger zu bestimmen. Darunter 130 wahlberechtigte Kardinäle unter 80 Jahren, mehrheitlich von Franziskus selbst ernannt. Viele kennen sich kaum, und so dienen private Abendessen und inoffizielle Gespräche dazu, Stimmungen einzufangen und Sympathien auszuloten.
„Die entscheidende Phase ist jetzt – nicht erst im Konklave“, sagt Bestsellerautor Robert Harris, dessen Roman Conclave die geheimen Abläufe fiktionalisiert hat. „Wer als Kandidat wahrgenommen werden will, muss jetzt sichtbar sein – allerdings nicht offen, sondern durch Unterstützer im Hintergrund.“
Geheime Diplomatie mit Pasta und Wein
In der Altstadt, im Viertel Borgo oder in Klosterwohnungen wird bei Wein und Gebet politisiert. Kein Kardinal würde direkt um Stimmen werben – das wäre ein sicheres Ausschlusskriterium. Aber Unterstützer sprechen Empfehlungen aus: „Komm doch mal zu Kardinal X.“ Die Atmosphäre erinnert mehr an höfische Diplomatie als an einen demokratischen Wahlkampf.
Erste Hinweise auf Favoriten
Der venezolanische Kardinal Baltazar Porras deutete bereits an, dass das Konklave „schnell über die Bühne gehen“ könnte – ein Zeichen dafür, dass sich ein Konsens abzeichnet. Namen nennt niemand öffentlich. Doch Beobachter vermuten, dass der nächste Papst ein Franziskus-Erbe antreten, aber gleichzeitig konservative Kreise besser einbinden soll.
Zwischen Kontinuität und Kurswechsel
Das entscheidende Thema im Vorfeld: Wird der nächste Papst den Kurs von Franziskus fortsetzen – mit Fokus auf soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und eine dezentralisierte Kirche – oder kommt ein Rückschwenk zu mehr Dogma und Tradition? Der deutsche Kardinal Gerhard Müller warnte bereits vor einer Kirchenspaltung, falls kein „orthodoxer“ Nachfolger gewählt werde.
„Papabile“: Wer gilt als wählbar?
In den offiziellen Generalkongregationen dürfen auch über 80-Jährige sprechen – eine Chance für Alt-Kardinäle, ihre Vision einer künftigen Kirche darzulegen. Hier werden keine Namen genannt, aber es wird klar, wer gemeint ist. So war es 2013 auch bei Jorge Mario Bergoglio: Seine kurze, leidenschaftliche Rede über die „Ränder der Gesellschaft“ wurde zum Startpunkt seiner Wahl zum Papst Franziskus.
Ein göttlicher Prozess?
Für gläubige Katholiken ist das Konklave mehr als ein politisches Spiel. Theologin Jennifer Newsome Martin sagt: „Der Heilige Geist fällt nicht wie Manna vom Himmel, aber er wirkt im menschlichen Prozess. Es ist eine Mischung aus Rationalität, Erfahrung – und Glauben.“
Und so wird in Rom derzeit nicht nur gebetet, sondern auch gegessen, geflüstert, überlegt – und vorbereitet. Denn wenn die Türen der Sixtinischen Kapelle sich schließen, ist das meiste längst entschieden. Nur der Rauch fehlt noch.
Kommentar hinterlassen