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„Operation Selbstanzeige“ – Israels oberste Militäranwältin verhaftet, nachdem sie versehentlich etwas Rechtsstaat gewittert hat

jorono (CC0), Pixabay
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In einem Land, in dem Skandale gewöhnlich als Teil der Verteidigungsstrategie gelten, hat eine Frau nun das Undenkbare getan: Sie hat tatsächlich Verantwortung übernommen. Die bisherige oberste Militäranwältin Israels, Jifat Tomer-Jeruschalmi, wurde am Sonntag nach stundenlanger Suchaktion festgenommen – offenbar, weil sie so frech war, ein Foltervideo nicht zu vertuschen, sondern an die Presse weiterzugeben.

Das Video zeigt angeblich, wie israelische Reservisten einen palästinensischen Häftling im Lager Sde Teiman behandeln – und zwar nicht gerade nach der Genfer Konvention, eher nach der Methode „Fitnessstudio trifft Mittelalter“. Die Szene ist zwar teilweise verdeckt, aber die Geräuschkulisse lässt wenig Interpretationsspielraum: Da wurde nicht diskutiert, sondern demonstriert – vermutlich das neue Ausbildungsmodul „Körperliche Überzeugungsarbeit 101“.

Vom Schreibtisch zur Steckdose

Tomer-Jeruschalmi hatte in einem Anflug von juristischer Berufsehre das Video weitergeleitet, um zu zeigen, dass Israels Armee auch in Kriegszeiten Recht und Moral nicht völlig in den Schützengraben werfen müsse. Ein schwerer Fehler, wie sich zeigte – zumindest politisch. Denn während sie in westlichen Demokratien wahrscheinlich einen Preis für Transparenz bekommen hätte, erhielt sie in Israel eine Suchmeldung und einen Haftbefehl.

Der offizielle Vorwurf lautet auf „Behinderung der Ermittlungen“. Inoffiziell lautet er: „Sie hat uns erwischt“.

Die Armee als „moralische Institution“ – laut Dienstanweisung

In ihrem Rücktrittsschreiben schrieb Tomer-Jeruschalmi sinngemäß, die israelische Armee sei eine moralische und gesetzestreue Institution. Dieser Satz sorgte in rechtsgerichteten Kreisen für Schockwellen – vor allem, weil er so klang, als würde sie das ernst meinen. Verteidigungsminister Katz nannte ihren Rücktritt „eine gute Sache“ – wohl weil „Selbstreflexion“ in seiner Dienstvorschrift nicht vorkommt.

Ministerpräsident Netanjahu ging noch weiter: Er bezeichnete das Bekanntwerden des Videos als „den schlimmsten Anschlag auf Israels Image seit der Staatsgründung“. Dass der Anschlag nicht von Raketen, sondern von einem USB-Stick ausging, schien ihn besonders zu erzürnen.

Gesucht: Handy, Moral, Verantwortungsbewusstsein

Nach ihrem Rücktritt verschwand Tomer-Jeruschalmi kurzzeitig. Ihr Handy blieb verschwunden – womöglich das gefährlichste Beweisstück des Jahres. Vielleicht enthält es mehr Wahrheit, als das politische System vertragen kann.

Unterdessen soll auch der ehemalige Chefankläger der Armee festgenommen worden sein. Ihm wird, wie man hört, „Strafvereitelung“ vorgeworfen – möglicherweise, weil er zu spät geklatscht hat, als die Regierung das Video „Fake News“ nannte.

Wenn Humanität Hochverrat ist

Das Lager Sde Teiman, in dem die Folterszenen entstanden sein sollen, wurde nach dem 7. Oktober 2023 eingerichtet – offiziell, um „Terrorverdächtige“ festzuhalten, inoffiziell offenbar auch, um sie an der Fortsetzung ihres Lebens zu hindern. Menschenrechtsorganisationen berichten seit Monaten von Misshandlungen, Zwangspositionen und gebrochenen Knochen – die offizielle Sprachregelung lautet jedoch weiterhin „intensive Befragung“.

Ein Soldat wurde bereits zu sieben Monaten Haft verurteilt – vermutlich, weil er dabei erwischt wurde, seine Arbeit zu gründlich zu dokumentieren.

Fazit: Wer das Licht anmacht, wird verhaftet

In einem System, das seit Jahren auf Geheimhaltung, Kontrolle und politisch korrektes Schweigen setzt, ist Jifat Tomer-Jeruschalmi so etwas wie ein Betriebsunfall: eine Juristin, die den Begriff „Rechtsstaat“ nicht nur als Dekoration auf der Uniform versteht.

Ihre Festnahme zeigt eindrucksvoll: In Israel darf man alles – außer das Richtige tun.


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