OLG Hamburg: MS „Voges Prosperity“ GmbH & Co. KG, MS „Voge Prestige“ GmbH & Co. KG, MS „Vogetrader“ GmbH & Co. KG und MS „Vogevoyager“ GmbH & Co. KG

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, den 11.11.2020

Az.: 13 Kap 1/15

Protokoll

aufgenommen in der öffentlichen Sitzung
des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 13. Zivilsenat, am Mittwoch, 11.11.2020 in Hamburg

Gegenwärtig:

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Panten

Richterin am Oberlandesgericht Kaufmann
Richter am Oberlandesgericht Dr. Tonner
als Beisitzer

Dieses Protokoll ist mit einem Tonträger aufgezeichnet worden.

In der Sache

Gunnar Kruse, Zum Elbdeich 1, 25541 Brunsbüttel

– Musterkläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Schirp & Partner Rechtsanwälte mbB, Leipziger Platz 9, 10117 Berlin, Gz.: 00996-12/rajb/rajb

gegen

1)

HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH & Co. KG, vertreten durch die Vertreterin HCI Vertriebsverwaltung GmbH, , diese vertreten durch die Geschäftsführer Matthias Bruns und Frank Martens, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg

– Musterbeklagte –

2)

HCI Treuhand GmbH & Co. KG, vertreten durch die Vertreterin Verwaltung HCI Treuhand GmbH, , diese vertreten durch den Geschäftsführer Kai Dührkop, Herdentorsteinweg 7, 28195 Bremen

– Musterbeklagte –

3)

Bereederungsgesellschaft H. Vogemann GmbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin Schifffahrtsagentur H. Vogemann GmbH, , diese vertreten durch die Geschäftsführer Jens-Michael Arndt, Markus Lange und Udo Wiese, Hallerstraße 40, 20146 Hamburg

– Musterbeklagte –

4)

HCI Treuhand GmbH & Co. KG, vertreten durch die Vertreterin Verwaltung HCI Treuhand Service GmbH, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

– Musterbeklagte –

5)

Andreas Arndt, Taubenkamp 4, 21640 Bliedersdorf

– Musterbeklagter –

6)

Jens Burgemeister, c/o Managing Director der Dr. Karl-Heinz Krämer GmbH, Mattentwiete 1, 20457 Hamburg

– Musterbeklagter –

7)

Udo Wiese, c/o Bereederungsgesellschaft H. Vogemann GmbH & Co. KG, Hallerstraße 40, 20146 Hamburg

– Musterbeklagter –

Prozessbevollmächtigte zu 1:
Rechtsanwälte Ahlers & Vogel, Contrescarpe 21, 28203 Bremen, Gz.: 11811/15/A – JBo/kfi

Prozessbevollmächtigte zu 2 und 4:
Rechtsanwälte Ahlers & Vogel, Contrescarpe 21, 28203 Bremen, Gz.: 13393/12/A-JBo/vka

Prozessbevollmächtigte zu 3:
Rechtsanwälte Heuking, Kühn, Lüer, Wojtek, Neuer Wall 63, 20354 Hamburg, Gz.: FM/cb22427-12

Prozessbevollmächtigte zu 5:
Rechtsanwälte Möhrle Happ Luther Partnerschaftsgesellschaft mbB, Brandstwiete 3, 20457 Hamburg

Prozessbevollmächtigte zu 6:
Rechtsanwälte Fleet Hamburg mbH, Willy-Brandt-Straße 57, 20457 Hamburg

Prozessbevollmächtigte zu 7:
Rechtsanwälte Heuking, Kühn, Lüer, Wojtek, Neuer Wall 63, 20354 Hamburg

Nebenintervenientin zu 2:
RTC Revision Treuhand Consulting GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, vertreten durch die Geschäftsführer Frank Fruggel und Björn Hagedorn, vertreten durch die Geschäftsführer, Burchardstraße 24, 20095 Hamburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte BKS Rechtsanwälte, Elsa-Brändström-Straße 7, 33602 Bielefeld, Gz.: 101-13

erscheinen bei Aufruf der Sache:

für den Musterkläger Frau Rechtsanwältin Radtke-Rieger und Herr Kruse persönlich sowie Frau Kerstin Kondert, die Vollmacht nach § 141 Abs. 3 ZPO zu Protokoll reicht.

Als Vertreter der Musterbeklagten zu 1), 2) und 4), also HCI, Herr Rechtsanwalt Böning,

für die Musterbeklagten zu 3) und 7) Frau Rechtsanwältin Haller und Herr Rechtsanwalt Bulken,

als Vertreter der Musterbeklagten zu 6) Herr Rechtsanwalt Dr. Steinmann,

als Vertreter der Nebenintervenientin RTC Herr Rechtsanwalt Petter,

für verschiedene Beigeladene Herr Rechtsanwalt Dr. Fischer.

Der Senat weist darauf hin, dass die Musterbeklagte zu 3) nunmehr als JAMUR Schifffahrtsgesellschaft firmieren dürfte.

Hierzu werden keine weiteren Erklärungen abgegeben.

Beschlossen und verkündet:

Das Passivrubrum wird hinsichtlich der Musterbeklagten zu 3) dahingehend berichtigt, dass diese nunmehr heißt JAMUR Schifffahrtsgesellschaft GmbH & Co. KG, Esplande 7 in 24534 Neumünster.

Es werden die kurzfristig noch von Klägerseite eingegangenen Schriftsätze angesprochen.

Die Sach- und Rechtslage wird erörtert.

Der Senat stellt den Stand seiner Vorberatung dar.

Hinsichtlich der Feststellungsziele 1 a) und 1 b) – Verflechtung der Musterbeklagten 3) mit den Verkäufergesellschaften Nika und Mond Shipping, Erzielung von Sondervorteilen aus dem Verkauf der Schiffe Vogetrader und Vogevoyager – weist der Senat darauf hin, dass er hinsichtlich seiner Stellungnahme im letzten Termin durchaus schwankend geworden ist. Der Senat ist sich bewusst, dass die Situation hier nicht exakt auf der Linie der Rechtsprechung des BGH liegt, wonach Sondervorteile bei engen Verflechtungen aufzudecken seien. Tatsächlich sind aber die Beziehungen zwischen den Beteiligten hier doch aus Sicht des Senates eng und es ist zudem ein offenbar hoher Zwischengewinn in einer ganz außergewöhnlichen wirtschaftlichen Situation erzielt worden. Dies alles könnte dazu führen, die Rechtsprechung des BGH möglicherweise auszuweiten und könnte möglicherweise zu einer Annahme einer Aufklärungspflicht führen.

Die Beklagtenseite weist darauf hin, dass hier eben die Grundsätze der BGH-Rechtsprechung anzuwenden seien, die in einem solchen Sachverhalt eine Offenlegungspflicht nicht hergeben würden. Im Übrigen sei bestritten, dass ein hoher Zwischengewinn entstanden sei.

Hinsichtlich des Feststellungsziels 1 c) sowie 1 d) – zu niedriger Ansatz von Klasse und Betriebskosten – weist der Senat darauf hin, dass sich grundsätzlich keine Änderungen gegenüber der Einschätzung im letzten Termin ergeben haben. Die exorbitante Überschreitung der Dockungskosten gibt zwar durchaus ein gewisses Indiz dafür, dass die Schätzung zu niedrig gegriffen sein könnte im Prospekt, aber belastbare Anhaltspunkte dafür, dass dies auf Prospekterstellerseite bei Prospekterstellung schon bekannt gewesen sei, sind nicht geliefert worden.

Hinsichtlich der Betriebskosten bleibt es dabei, dass der Ansatz des Sachverständigen Rosenstock letztlich durch das Privatgutachten Anlage MB 7 widerlegt ist. Ein gewisses Problem könnte sich noch aus der eigenen Berechnung, Schriftsatz Rechtsanwälte Heuking vom 28.05.2020, ergeben, wo möglicherweise eine doch höhere Abweichung von Beklagtenseite ausgewiesen wurde.

Hinsichtlich der Feststellungsziele 1 e), 1 f) und 1 g) – überhöhte Preise der Schiffe, Umstand, dass der Sachverständige die Schiffe nicht besichtigt hat, Umstand, dass der Sachverständige die 14 Jahre Restbetriebsdauer nicht festgestellt, sondern unterstellt hat – weist der Senat darauf hin, dass sich hier gegenüber der Einschätzung im letzten Termin nichts geändert hat.

Überhöhte Preise sind seitens von Herrn Oppermann nicht ausgewiesen worden. Vergleichswertverfahren und/oder Ertragswertverfahren sind anerkannte Bewertungsverfahren. Soweit der Sachverständige Rosenstock ausgeführt hat, dass aus seiner Sicht ein konservativerer Ansatz, etwa ein 10-Jahres-Durchschnittswert, angebrachter gewesen wären, ist nach der Rechtsprechung des BGH, der auch der Senat ständig folgt, es nicht erforderlich, dass ein Prospektersteller einen vorsichtigen oder konservativen Ansatz wählt, er kann auch eine optimistische Prognose abgeben. Im Übrigen ist auf Seite 36 die Entwicklung der Secondhand-Preise eindeutig offengelegt, da gibt es den Chart.

Nichtbesichtigung der Schiffe. Hier hält der Senat daran fest, dass ein Fehler vorliegt. Bei Neubauschiffen oder noch neuen Schiffen mag es vertretbar sein, sich auf ein Sachverständigengutachten zu beziehen in einem Prospekt, auch wenn der Sachverständige das Schiff nicht gesehen hat. Dies kann aus Sicht des Senats bei alten Schiffen, und auch gerade so alten Schiffen, nicht der Fall sein. Jeder Leser eines solchen Prospekts wird erwarten, dass der Sachverständige die Schiffe auch tatsächlich gesehen und ihren tatsächlichen Zustand beurteilt hat.

Daraus folgt zugleich, dass auch die Annahme einer 14-jährigen Restnutzungsdauer sich als fehlerhaft darstellt, weil der Sachverständige ohne eine Besichtigung nicht ernsthaft einschätzen kann, ob die Schiffe noch 14 Jahre durchhalten.

Hinsichtlich Feststellungsziel f 1 h) – Angabe auf Seite 19 zu günstigen Preisen der Schiffe – weist der Senat darauf hin, dass insoweit konsequent davon ausgegangen wird, dass das Gutachten Oppermann, wie schon ausgeführt, nicht unvertretbar war und dann ist auch die Aussage, dass die Preise günstig waren, jedenfalls nicht objektiv falsch.

Hinsichtlich Feststellungsziel 1 i) – Vornahme von Ankaufsinspektionen durch verflochtene Unternehmen – weist der Senat darauf hin, dass er an seiner Auffassung festhält, wonach hier kein Mangel vorliege, weil die Ankaufsinspektionen durch diese beiden verflochtenen Unternehmen im Prospekt tatsächlich nicht erwähnt worden sind und insofern der Prospekt auch kein Vertrauen in Anspruch genommen hat.

Feststellungsziel f 1 j)

Hinsichtlich Feststellungsziel f 1 j) weist der Senat darauf hin, dass es dabei bleibt, dass auch nach Auffassung des Gerichtssachverständigen Rosenstock die hier zu Grunde gelegten Schrottwerte zu dem fraglichen Zeitpunkt jedenfalls vorkamen. Zudem gibt es das Privatgutachten Weselmann, das zu einer ähnlichen Einschätzung kommt und nicht widerlegt ist.

Hinsichtlich Feststellungsziel 1 k) – Gewinn vorab für die HSH – weist der Senat darauf hin, dass es sich hier ja nur um eine Vergünstigung für die Bank handelt, die in einem Fall eintreten sollte, der nach der Prospektplanung gar nicht vorgesehen war, nämlich die Erzielung eines kurzfristigen hohen Verkaufsgewinns.

Hinsichtlich Feststellungsziel f 1 l) und f 1 m) – einseitig positive Darstellung des Einsatzes der Schiffe in Pools – weist der Senat darauf hin, dass in der Tat auf Seite 28 von einer erhöhten Einnahmesicherheit die Rede ist. Dem korrespondiert jedoch ein recht deutlicher Risikohinweis auf Seite 13 und 14, dem der Anleger bei gründlicher Lektüre entnehmen konnte, dass ein Pool sich auch negativ auswirken konnte. Soweit vorgetragen ist, dass eine 1,25 prozentige Provision in den Poolraten, die dort angesetzt waren, nicht berücksichtig worden seien, hat die Beklagtenseite dies bestritten und darauf hingewiesen, dass im Prospekt von Netto-Poolraten die Rede ist. Dies ist nicht widerlegt.

Feststellungsziel 1 n) – Nichtabsehbarkeit der in der Folge eingetretenen Schifffahrtskrise.

Hier weist der Senat darauf hin, dass er an seiner ständigen Rechtsprechung festhalten wird, wonach zum fraglichen Zeitpunkt 2007 belastbare Anhaltspunkte für das unmittelbare Bevorstehen oder auch nur für das baldige Bevorstehen einer derart dramatischen Krise, wie sie dann eingetreten ist, nicht vorlagen. Es ist aus zahlreichen Verfahren mit Bezug auf Schiffsfonds bekannt, dass sich Pressebelege für beide Aussagen nahezu beliebig finden lassen.

Zu Feststellungsziel f 1 o) – mangelnde Darstellung der Risiken einer weiteren Vercharterung in der Krise – weist der Senat darauf hin, dass er hier konsequent davon ausgehen wird, dass die Krise eben nicht definitiv vorhersehbar war. Im Übrigen findet sich auf Seite 37 ein Chart, dem der Anleger die Entwicklung der Charterraten recht deutlich entnehmen konnte und darauf möglicherweise auch auf Risiken hätte schließen können.

Feststellungziel 1 p) – widersprüchliche Angaben zu den Schiffshypothekenzinsen, Seite 41 und Seite 46 –

Insoweit weist der Senat darauf hin, dass aus seiner Sicht hier tatsächlich gar keine widersprüchlichen Angaben vorliegen. Auf Seite 41 findet sich ein Überblick mit dem zutreffenden Hinweis auf eine Verzinsung auf Basis des Libor, auf Seite 46 finden sich Detailangaben auch schon zu einzelnen Tranchen und einzelnen Festzinsabschnitten und für diese einzelnen Abschnitte ist dann die Aussage, dass es sich um einen Festzins handele, durchaus richtig.

Hinsichtlich Feststellungsziel f 1 q) – Ltv-Klausel – weist der Senat darauf hin, dass er in ständiger Rechtsprechung in Übereinstimmung mit den anderen Oberlandesgerichten hier einen Mangel nicht annehmen wird.

Feststellungsziel f 1 r) – Vortrag, dass tatsächlich mit den Schiffen höhere Einnahmen erzielt worden seien, als im Prospekt angegeben- weist der Senat darauf hin, dass es hier zwar recht detaillierten Vortrag dazu gibt, dass tatsächlich höhere Raten erzielt wurden. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass die Angaben im Prospekt falsch seien. Vielmehr ist der Vortrag der Beklagtenseite durchaus naheliegend, dass hier Untervercharterungen vorgenommen wurden und in der fraglichen Boomphase, von der die Rede ist, waren derartige Chartern dann eben durchaus erzielbar.

Feststellungsziel f 1 s) – dass höhere Raten erzielbar gewesen seien.

Hier bestehen schon Bedenken, ob dies überhaupt ein Darstellungsmangel sein kann. Jedenfalls aber ist dem Chart, Seite 37, ohne weiteres zu entnehmen, dass in der Spitze Charterraten deutlich über den prospektierten Werten zu erzielen waren.

Hinsichtlich Feststellungsziel f 1 t) – Fehlerhaftigkeit des Gutachtens Oppermann – weist der Senat darauf hin, dass er hier aus den obigen Ausführungen zur fehlenden Besichtigung wohl konsequent annehmen wird, dass das Gutachten insoweit tatsächlich fehlerhaft ist, weil es ohne Besichtigung ausgekommen ist.

Feststellungsziel f 1 u) – Nichterwähnung einer Kaufvertragsvermittlungsprovision für die Musterbeklagte zu 3).

Ob eine solche Provision, die unstreitig gezahlt wurde, aufklärungspflichtig ist, könnte davon abhängen, ob man bei Feststellungsziel 1 a) und 1 b) die genannten Verflechtungen für aufklärungspflichtig hält. Insoweit ist der Senat noch nicht endgültig entschieden, wie bereits ausgeführt.

Feststellungsziel 1 v) – fehlender Hinweis darauf, dass das Wertgutachten in einer Boomphase erstellt war und dass deren Ende absehbar war.

Insoweit neigt der Senat zu der Auffassung, dass, wie schon ausgeführt, das Ende der Boomphase eben nicht sicher vorhersehbar war und dass im Übrigen dem Chart Seite 36 die rasante Entwicklung der Secondhandpreise für Bulker durchaus zu entnehmen war.

Hinsichtlich Feststellungsziel f 1 w) – Täuschung über die Klassifizierung als Panamax-Bulker – weist der Senat darauf hin, dass es zwar richtig ist, dass Clarksons 2006 die Panamax-Bulker jetzt bis 100.000 TDW definiert hat. Ebenso richtig aber ist der Hinweis der Beklagtenseite, dass Drewry bei der alten Klassifizierung geblieben war, was nahelegt, dass die hier auch im Prospekt verwandt werden durfte. Soweit weiter vorgetragen worden ist, insbesondere mit Vorlage Anl. MK 44 und 45, dass die Musterbeklagte bei der Einschätzung, ob es sich um ein Panamax-Schiff handele oder nicht, relativ beliebig vorgegangen sei, unter Hinweis auf zwei Prospekte vom 8. Mai und 9. Mai 2008, wird zum einen darauf hingewiesen, dass dies wiederum eine ex post Betrachtung ist und zum anderen darauf, dass nicht substantiiert belegt ist, dass dieser Punkt gerade einen wesentlichen Unterschied machte für die Einschätzung der Erfolgschancen der Fondsschiffe, da nicht dargelegt ist, dass gerade in dem Segment zwischen 80.000 und 100.000 Tonnen ein besonders starkes Flottenwachstum in den nächsten Jahren zu erwarten war.

Feststellungsziel f 1 x) – Vorliegen technischer Mängel.

Insoweit weist der Senat darauf hin, dass in der Tat eine ganze Menge Anhaltspunkte dafür bestehen, dass hier technische Mängel der Schiffe vorgelegen haben könnten. Anders sind die explodierenden Dockungskosten kaum zu erklären. Auch nach dem Gutachten des Sachverständigen Rosenstock ist aber nicht bewiesen, dass dies bei Übernahme der Schiffe oder bei Erstellung des Prospektes für die Prospektersteller ersichtlich gewesen wäre.

Hinsichtlich Feststellungsziel 1 f y) – fehlender Hinweis auf die bevorstehende Umrüstung der „Voge Prosperity“ auf Getreidefahrt – weist der Senat darauf hin, dass auch seiner Auffassung nach es sich hierbei eher um einen in einem Schiffsleben normalen Vorgang handelte. Der Vertrag, auf den die Klägerseite Bezug nimmt ist ein Standard-Chartervertrag, der eben auch den Wechsel von schmutziger zu sauberer Fahrt zuließ. Vor diesem Hintergrund dürfte eine Aufklärungspflicht wohl eher nicht anzunehmen sein.

Feststellungsziel f 1 z) – Irrtum des Sachverständigen über die Baugleichheit der vier Schiffe – weist der Senat darauf hin, dass er dazu tendiert, hier keinen Mangel anzunehmen. Aus dem Anlagenkonvolut Anlage B 5 ist ersichtlich, dass der Sachverständige Oppermann die abweichenden Gewichte der Schiffe sehr wohl berücksichtigt hat. Er hat sie nur nicht für wertrelevant gehalten.

Rechtsanwalt Dr. Fischer weist darauf hin, dass die Schiffe teilweise Doppelhülle gehabt hätten, teilweise eben nicht und dass vor diesem Hintergrund der Hinweis auf die Baugleichheit relevant sein könnte.

Der Senat weist insoweit darauf hin, dass auch insoweit fraglich ist, ob das ein wertbildender Faktor ist gerade bei Bulkern, also nicht Tankern, die nicht den strengen IMO-Regeln unterlagen.

Rechtsanwalt Dr. Fischer weist weiter darauf hin, dass seiner Auffassung nach dieser Unterschied dem Sachverständigen nicht bewusst gewesen ist und er das folglich bei der Wertbildung auch nicht habe berücksichtigten können.

Herr Kruse weist darauf hin, dass im Emissionsprospekt gleich zu Beginn darauf hingewiesen worden sei, dass es sich eben um baugleiche Schiffe handele.

Hinsichtlich Feststellungsziel f 1 aa) – Liquiditätsprognose und Suggestion, dass die Schlussausschüttung weitgehend aus dem Schrottwert generiert werden könne – weist der Senat darauf hin, dass der Anleger, jedenfalls der Darstellung auf Seite 43 im Detail entnehmen konnte, dass der Großteil dieser Ausschüttung eben nicht aus dem Schrottwert, sondern aus der Liquiditätsreserve erzielt werden sollte.

Die Klägerseite weist darauf hin, dass dann aber ein eindeutiger Widerspruch zur Darstellung auf Seite 8, wo auf Vermögensmehrung hingewiesen wird, bestehe.

Hinsichtlich Feststellungszielen 2 a) bis 4 b) weist der Senat darauf hin, dass er derart abstrakt formulierte Feststellungsziele zu Rechtsfragen dann für feststellungsfähig hält, wenn tatsächlich Prospektfehler festgestellt werden. Nur dann besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für diese Feststellungen.

Hinsichtlich der Passivlegitimation der Musterbeklagten zu 1) bis 3) dürfte diese relativ problemlos festzustellen sein, da es sich bei allen dreien um Gründungsgesellschafter handelt.

Hinsichtlich der Verschuldungsvermutung aus § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB dürfte bisher nichts vorgetragen sein, wodurch diese widerlegt wäre.

Die Beklagtenseite weist insoweit nochmals ausdrücklich auf ihren Vortrag zur Verkaufsprospektverordnung hin, nach der eben Angaben, wie z.B. zu einer Besichtigung durch den Sachverständigen, nicht erforderlich seien.

Hinsichtlich Feststellungsziel 5) – Haftung der Musterbeklagten zu 4) nach Maßgabe des § 133 Abs. 1 Umwandlungsgesetz – weist der Senat darauf hin, dass unstreitig die Musterbeklagte zu 4) 2013 aus der Musterbeklagten zu 2) abgespalten wurde, womit diese Feststellung zutreffend sein dürfte.

Hinsichtlich Feststellungsziel 6) – Schadensberechnung.

Zu Feststellungsziel 6) weist der Senat darauf hin, dass er voraussichtlich, so wie es formuliert ist, keine konkrete Schadensfeststellung treffen kann und dass abstrakte Feststellungen sich hier verbieten. Die Frage der Schadensberechnung dürfte eine Frage des Individualprozesses sein und nicht im KapMuG-Verfahren zu entscheiden.

Die Beklagtenvertreter beantragen Schriftsatznachlass im Hinblick auf etwaiges neues tatsächliches Vorbringen im Schriftsatz der Klägerseite vom 02.11.2020.

Der Senat weist darauf hin, dass er als VT den 23.12.2020 ins Auge gefasst hat und dass insoweit Ausführungen zu den Hinweisen im heutigen Termin bis 02.12.2020 bei Gericht eingehen müssten.

Beschlossen und verkündet:

1.

Den Beklagten wird nachgelassen auf etwaiges neues tatsächliches Vorbringen im Schriftsatz der Klägerseite vom 02. November 2020 vorzutragen bis zum 2. Dezember 2020.

2.

Termin zur Verkündung einer Entscheidung wird anberaumt auf
     Mittwoch, den 23. Dezember 2020, 12.00 Uhr, Raum 130.

Panten
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht

Gätjens, JAng
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
zugleich für die Richtigkeit und
Vollständigkeit der Übertragung vom Tonträger.

Der Tonträger wird frühestens 1 Monat nach Zugang des Protokolls gelöscht.

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