In einem eindringlichen Appell hat der frühere US-Präsident Barack Obama vor dem wachsenden Autoritarismus weltweit gewarnt – und dabei indirekt auch scharfe Kritik an der aktuellen politischen Entwicklung in den Vereinigten Staaten geäußert.
Bei einem Gespräch mit Demokratieaktivist:innen aus Ungarn und Polen, das im Rahmen seiner Stiftung in London stattfand, sprach Obama über eine „globale Welle autoritärer Tendenzen“, die selbst Länder erfasst habe, die sich bislang für gefestigte Demokratien hielten.
„Wir erleben, wie Politiker die Zivilgesellschaft attackieren, die Pressefreiheit untergraben und das Justizsystem für politische Zwecke missbrauchen“, sagte Obama.
„Selbst Länder, die sich lange für immun gegen solche Entwicklungen hielten, erkennen jetzt: Wir stecken alle in einem gemeinsamen Kampf.“
🕴️ Kritik ohne Namen – aber mit klarer Richtung
Obwohl Obama seinen Nachfolger Donald Trump nicht namentlich erwähnte, war der Adressat seiner Aussagen kaum zu übersehen. In diesem Jahr hatte sich der Ex-Präsident mehrfach kritisch zur politischen Richtung der USA unter Trump geäußert – vor allem im Hinblick auf eine mögliche zweite Amtszeit.
Obama warnte unter anderem vor politischen Versprechungen, die angeblich eine Rückkehr zu besseren Zeiten versprechen – eine klare Anspielung auf Trumps Slogan „Make America Great Again“. Diese Rhetorik, so Obama, funktioniere deshalb so gut, weil sie das Gefühl vermittle, dass überhaupt etwas passiert – auch wenn es rechtsstaatlich bedenklich sei.
🇭🇺🇵🇱 Ungarn, Polen – und ein autoritäres Vorbild
Besondere Aufmerksamkeit richtete Obama auf Entwicklungen in Osteuropa. Zu den Gesprächspartnern gehörten:
- Sándor Léderer, Mitgründer einer Anti-Korruptions-NGO in Ungarn,
- Stefania Kapronczay, ehemalige Co-Direktorin der Ungarischen Bürgerrechtsunion,
- Zuzanna Rudzinska-Bluszcz, ehemalige stellvertretende Justizministerin Polens.
Obama zeigte sich besorgt über die politischen Entwicklungen in Ungarn unter Viktor Orbán, der das Modell der „illiberalen Demokratie“ propagiert – und längst zu einem Vorbild für viele rechtspopulistische Bewegungen weltweit geworden ist, auch für Donald Trump, der ihn wiederholt als „starken Führer“ gelobt hat.
Auch in Polen gewann bei der Präsidentschaftswahl im Juni ein Kandidat des rechten Lagers, was die Versuche der Regierung erschwert, das autoritäre Erbe der Vergangenheit zurückzudrängen.
⚖️ USA: Demokratie unter Druck?
Obama zeichnete ein besorgniserregendes Bild auch von der innenpolitischen Lage in den USA – ohne konkrete Fälle zu benennen, aber mit spürbarem Unterton. Dabei dürften Beobachter:innen unweigerlich an jüngste Ereignisse unter Trump denken:
- Einsatz des Militärs gegen demokratisch regierte Städte,
- öffentliche Drohungen gegen Richter:innen,
- und der Versuch, das Justizministerium zur Anklage politischer Gegner zu drängen.
Für Obama ist die zentrale Gefahr, dass Demokratien durch ihre eigene Trägheit und Bürgerferne anfällig werden für populistische Kräfte:
„Wenn Menschen das Gefühl haben, dass ihre Regierung nichts bewirkt, dann sind sie bereit, auch unrechtmäßige Maßnahmen zu unterstützen – Hauptsache, es passiert überhaupt etwas.“
🤝 Die Krise der Mitte
Obama räumt ein, dass auch Mitte-links- und Mitte-rechts-Parteien Verantwortung für die gegenwärtige Situation tragen. Viele hätten den Kontakt zur Bevölkerung verloren und zentrale Bedürfnisse nicht erfüllt – etwa in Bildung, Gesundheitsversorgung oder wirtschaftlicher Sicherheit.
Das öffne die Tür für Rechtsruck, Wut und Abschottung.
Zudem verschärften soziale Medien die gesellschaftlichen Gräben, indem sie Wut und Angst gegenüber Andersdenkenden schürten. Obama forderte neue, wirkungsvolle Formen politischer Teilhabe, die Bürger:innen das Gefühl geben, tatsächlich etwas bewirken zu können.
🧱 Autoritäre Führer „zerstören – statt zu gestalten“
Zum Schluss kritisierte Obama autoritäre Machthaber als destruktive Kräfte, denen es weniger um Problemlösung als um Machterhalt gehe:
„Sie reißen Strukturen ein, schaffen Ausnahmen für sich selbst und belohnen Freunde – während Gegner bestraft werden. Aber Lösungen für große Herausforderungen wie Bildung oder Gesundheit? Da bleibt es meist still.“
📌 Fazit
Barack Obama spricht nicht als distanzierter Beobachter. Seine Worte sind eine ernsthafte Warnung – auch an sein Heimatland. Die Demokratie, so macht er klar, sei kein Selbstläufer, sondern müsse tagtäglich verteidigt werden – gegen autoritäre Versuchungen, populistische Erzählungen und die eigene Gleichgültigkeit.
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