Die New Yorker U-Bahn ist berühmt – aber leider oft nicht für ihre Zuverlässigkeit. Verspätungen, defekte Gleise und veraltete Technik sorgen regelmäßig für Frust bei Millionen von Pendlern. Doch nun soll eine ungewöhnliche Lösung das Problem angehen: Google-Smartphones, die an U-Bahn-Wagen befestigt werden, um Gleisprobleme zu erkennen, bevor sie zum Chaos führen.
Die Idee klingt futuristisch, ist aber bereits Realität: Zwischen September 2024 und Januar 2025 testete die Metropolitan Transportation Authority (MTA) in Zusammenarbeit mit Google Public Sector das sogenannte TrackInspect-Programm. Ziel: Mit künstlicher Intelligenz und Smartphone-Sensoren Schwachstellen im Schienennetz aufspüren, bevor sie zu echten Problemen werden.
Warum braucht die New Yorker U-Bahn so dringend Hightech-Hilfe?
Die MTA betreibt das größte öffentliche Verkehrssystem der USA mit 472 Stationen und über 1 Milliarde Fahrten jährlich. Doch das U-Bahn-System ist über 120 Jahre alt – und das merkt man:
🚇 Monatliche Verspätungen in fünfstelligen Zahlen:
- September 2024: 38.858 Verspätungen
- Oktober 2024: 39.492 Verspätungen
- November 2024: 36.971 Verspätungen
- Dezember 2024: 42.862 Verspätungen
Zum Vergleich: Die Chicagoer U-Bahn hatte im gleichen Zeitraum nur rund 200 Verzögerungen pro Monat. Aber anders als in Chicago, wo nur zwei Linien rund um die Uhr fahren, ist der Betrieb in New York 24/7 auf fast allen Strecken aktiv – ein echtes Belastungsproblem für die Infrastruktur.
Die größte Herausforderung ist jedoch: Viele Verzögerungen entstehen durch defekte Gleise, die oft erst dann erkannt werden, wenn es zu spät ist. Genau hier setzt das TrackInspect-Programm an.
Wie helfen Google-Smartphones dabei, die Schienen zu retten?
Für den Versuch montierte die MTA sechs Google Pixel-Smartphones auf vier älteren U-Bahn-Wagen (Modell R46 – bekannt für ihre orange-gelben Sitze). Die Handys waren an zwei verschiedenen Stellen angebracht:
📌 Im Inneren der U-Bahn-Wagen: Hier waren die Mikrofone deaktiviert, um keine Gespräche aufzuzeichnen. Stattdessen erfassten die Smartphones Vibrationen, um mögliche Gleisprobleme zu erkennen.
📌 Unter den U-Bahn-Wagen: Hier waren zusätzliche Mikrofone angebracht, um verdächtige Geräusche aufzunehmen, die auf lose Schienen, defekte Gelenke oder beschädigte Gleisabschnitte hindeuten könnten.
Die erfassten Daten wurden in Googles Cloud hochgeladen, wo künstliche Intelligenz (KI) sie auswertete. Das System analysierte:
✔ 335 Millionen Sensorwerte
✔ 1 Million GPS-Standorte
✔ 1.200 Stunden Audioaufnahmen
Das Ziel: Problemstellen frühzeitig erkennen und die MTA-Wartungsteams gezielt dorthin schicken – bevor eine Reparatur teuer und zeitaufwendig wird.
Teststrecke A-Linie: Vom Problemkind zur Hightech-Testbahn
Die MTA entschied sich für die A-Linie als Teststrecke. Warum?
✅ Sie fährt sowohl über als auch unter der Erde, bietet also ein breites Spektrum an Umgebungsbedingungen.
✅ Sie führt durch neue und alte Streckenabschnitte, was eine perfekte Vergleichsbasis schafft.
✅ Sie gehört zu den Linien mit den meisten Verspätungen – allein von September bis Dezember 2024 gab es dort rund 10.000 Verzögerungen.
Nachdem die Google-KI verdächtige Gleisabschnitte identifiziert hatte, wurden diese von MTA-Inspektoren vor Ort überprüft. Die Ingenieure hörten sich dabei minutenlange Tonaufnahmen an, um herauszufinden, ob sich die KI geirrt hatte – oder tatsächlich ein Problem vorlag.
Wie gut funktionierte das System?
Laut MTA zeigte die KI eine Erfolgsquote von 92 % bei der Erkennung von Defektstellen – ein erstaunlich hoher Wert für einen ersten Testlauf.
🎯 Die MTA-Ingenieure lagen mit ihren Einschätzungen in 80 % der Fälle richtig.
🎯 Bestimmte Verspätungsursachen (z. B. Bremsprobleme und Gleisschäden) gingen nachweislich zurück.
Doch reicht das, um die New Yorker U-Bahn dauerhaft zu verbessern?
Wie geht es weiter? Wird Google New Yorks U-Bahn retten?
Die Pilotphase ist abgeschlossen, doch noch ist unklar, ob das System langfristig eingeführt wird. Hauptproblem: Die Kosten.
💰 Die MTA benötigt bereits Milliarden für andere Infrastrukturprojekte.
💰 Noch gibt es keine Finanzierungszusage für TrackInspect.
💰 Die MTA will nun weitere Unternehmen anwerben, die ähnliche Technologien anbieten.
Google selbst sieht den Test als Erfolg und berichtet, dass bereits andere U-Bahn-Systeme Interesse an der Technologie gezeigt haben.
Fazit: Technik trifft auf Realität – wird TrackInspect eine Zukunft haben?
TrackInspect ist ein cleverer, moderner Ansatz, um die U-Bahn-Probleme New Yorks in den Griff zu bekommen. Die ersten Tests sind vielversprechend, doch es bleiben Fragen offen:
🔹 Kann sich die MTA das System überhaupt leisten?
🔹 Reichen Smartphones wirklich aus, um alle Gleisprobleme zu erkennen?
🔹 Lassen sich Verzögerungen langfristig tatsächlich reduzieren?
Eines ist jedoch sicher: Wenn Google und KI helfen können, U-Bahn-Verspätungen in New York zu reduzieren, dann ist das ein echter Fortschritt. Vielleicht erleben die New Yorker ja bald eine Zukunft, in der sie nicht mehr „train traffic ahead of us“ als morgendlichen Weckruf hören müssen.
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