Mit Stephen Miran sitzt seit Kurzem ein enger Vertrauter von Donald Trump im Gouverneursrat der US-Notenbank (Federal Reserve) – und sorgt bereits nach wenigen Wochen für heftige Diskussionen.
Der Wirtschaftswissenschaftler, zuvor Chef von Trumps Council of Economic Advisers, wurde im September von Trump auf einen freigewordenen Posten bei der Fed berufen. Seitdem hat er bei zwei Sitzungen jeweils gegen die Mehrheit gestimmt: Er forderte aggressivere Zinssenkungen als seine Kollegen – 0,5 statt 0,25 Prozentpunkte.
Laut, präsent, umstritten
Miran verschwendete keine Zeit und trat bereits in über einem Dutzend Interviews und Veranstaltungen öffentlich auf – ungewöhnlich viel für ein frischgebackenes Fed-Mitglied. Inhaltlich wiederholt er vor allem Trumps Positionen:
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Zinssätze seien viel zu hoch
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Die Inflation sei auf dem Rückzug
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Trumps Einwanderungspolitik, Steuerreform und Zölle würden den sogenannten neutralen Zinssatz (ein theoretischer Gleichgewichtswert) senken
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Massendeportationen würden den Druck auf den Wohnungsmarkt mindern und damit die Inflation weiter senken
Kritik aus der Fachwelt
Wirtschaftsexperten reagieren skeptisch. Larry Summers, ehemaliger US-Finanzminister, nannte Mirans erste Rede als Fed-Gouverneur „eine der analytisch schwächsten“, die er je gehört habe. Auch JPMorgan-Chefökonom Michael Feroli kritisierte, Mirans Argumente seien „fragwürdig, unvollständig und kaum überzeugend“.
Selbst Fed-interne Stimmen bleiben distanziert. Christopher Waller und Michelle Bowman, ebenfalls Trump-Ernannte, haben zwar ähnliche Sorgen über den Arbeitsmarkt, unterstützen aber weder den radikalen Zinssenkungskurs noch die Annahme eines deutlich niedrigeren Neutralzinses.
Fed-Gouverneurin Lisa Cook, kürzlich von Trump öffentlich entlassen, widersprach indirekt Mirans These, dass weniger Einwanderung die Wohnungsinflation senke. Für sie steht der Einfluss von Migration auf den Arbeitsmarkt im Vordergrund, nicht auf die Immobilienpreise.
Die Trump-Linie bei der Fed
Miran vertritt Trumps Position, dass die Zinsen deutlich stärker gesenkt werden müssen, um eine durch zu restriktive Geldpolitik verursachte Rezession zu vermeiden. Dass die Trump-Regierung Zölle und harte Einwanderungspolitik nicht als inflationstreibend betrachtet, fließt direkt in Mirans Argumentation ein.
Ob sich diese Sichtweise durchsetzen kann, bleibt fraglich. Viele seiner Kollegen im Fed-Gremium halten an vorsichtigeren Schritten fest – und stellen Mirans Modelle und Annahmen in Frage.
Wie es ein Ökonom von Nomura zusammenfasst: „Es ist nicht lächerlich, was er sagt. Aber seine Modellannahmen sind höchst umstritten. Nur die Zeit wird zeigen, ob er recht hat.“
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