Inmitten einer neuen Offensive Israels im Gazastreifen hat die Hamas vorgeschlagen, neun Geiseln freizulassen. Im Gegenzug fordert die Gruppe eine 60-tägige Waffenruhe und die Freilassung palästinensischer Gefangener. Das Angebot kam nach neuen Verhandlungsgesprächen, die am Samstag unter Vermittlung von Katar und den USA in Doha stattfanden.
Israel bleibt skeptisch
Israel hat auf das Angebot bislang nicht öffentlich reagiert, machte jedoch im Vorfeld klar, dass man keine Truppen aus Gaza abziehen oder den Krieg beenden werde. Israel fordert als Bedingung für eine Einigung zunächst Lebenszeichen und detaillierte Informationen über die verbleibenden Geiseln.
Die neue Offensive, genannt „Operation Gideons Streitwagen“, begann am Samstag und gehört zu den tödlichsten Angriffswellen seit Monaten. Laut Rettungskräften wurden seit Donnerstag mindestens 300 Menschen getötet, darunter auch in Krankenhäusern und Flüchtlingslagern im Norden und Süden des Gazastreifens.
Humanitäre Lage in Gaza dramatisch
Seit dem Scheitern eines zweimonatigen Waffenstillstands im März hat sich die humanitäre Situation in Gaza dramatisch verschlechtert. Hilfsorganisationen warnen vor einer Hungersnot unter den 2,1 Millionen Einwohnern. Wegen einer zehnwöchigen Blockade gibt es kaum noch Lebensmittel, Wasser und medizinische Versorgung.
Ghada Al Qurd, Journalistin vor Ort, schildert die Lage als „schrecklich und lebensbedrohlich“:
„Wir haben nur eine Mahlzeit pro Tag, weil die Lebensmittelpreise explodiert sind. Israel setzt Nahrung als Waffe ein.“
Der UN-Generalsekretär António Guterres sowie europäische Politiker wie Pedro Sanchez (Spanien) und Antonio Tajani (Italien) fordern ein sofortiges, dauerhaftes Ende der Kämpfe. Deutschland warnte vor einer weiteren Verschlechterung der humanitären Lage.
Hamas in der Defensive, Israel setzt Offensive fort
Israels Premierminister Benjamin Netanyahu hatte bereits im Mai angekündigt, die militärischen Aktionen zu intensivieren und die Zerschlagung von Hamas durch eine Besetzung weiter Teile Gazas vorzubereiten. Ziel sei es, die palästinensische Bevölkerung in den Süden zu drängen und Hamas dauerhaft auszuschalten.
Ein Militärsprecher erklärte am Samstag, die Armee werde erst aufhören, wenn Hamas keine Bedrohung mehr darstellt und alle Geiseln zurück sind. In den letzten 24 Stunden wurden über 150 Terrorziele im Gazastreifen angegriffen.
Geiselnahme als Druckmittel
Die Freilassung von Geiseln ist für Hamas ein strategisches Druckmittel. Die Verhandlungen in Doha sollen auch die Einfuhr von 400 Hilfslastwagen täglich ermöglichen sowie die Evakuierung von Kranken aus Gaza sicherstellen.
Netanyahu erklärte jedoch mehrfach, dass es keine Vereinbarung geben wird, die das Zurückziehen der Truppen aus Gaza umfasst. Israel betrachtet die Zerstörung von Hamas als notwendige Bedingung für eine langfristige Sicherheit.
Internationale Kritik wächst
Die Vereinten Nationen und mehrere europäische Staaten äußerten scharfe Kritik an der brutalen Vorgehensweise Israels. Philippe Lazzarini, Leiter der UN-Flüchtlingshilfe (UNRWA), sagte:
„Wie viele palästinensische Leben müssen noch ausgelöscht werden, bevor die Welt endlich handelt?“
Die internationale Gemeinschaft fordert ein Ende der Angriffe und eine humanitäre Waffenruhe. Viele Experten sehen die Situation jedoch festgefahren, solange Israel auf der vollständigen Eliminierung von Hamas besteht.
Fazit: Hoffnungsschimmer oder taktisches Manöver?
Ob die Verhandlungen in Doha tatsächlich zu einer vorübergehenden Waffenruhe führen, bleibt abzuwarten. Israels entschlossene Haltung und die strategische Nutzung der Geiseln durch Hamas lassen wenig Raum für Optimismus. Solange die Fronten so verhärtet bleiben, ist eine schnelle Lösung des Konflikts kaum in Sicht.
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