Nach vier Nächten teils gewaltsamer Proteste in Los Angeles hat sich ein offener Machtkampf zwischen Kalifornien und der Bundesregierung unter Ex-Präsident Donald Trump zugespitzt. Auslöser waren flächendeckende Razzien der US-Einwanderungsbehörde ICE gegen Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus. Die Proteste breiteten sich rasch auf andere Städte wie Chicago, New York, Atlanta und San Francisco aus.
Newsom verklagt Trump – Marines und Nationalgarde im Einsatz
Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom reichte am Montag Klage ein, um die stationierten 4.000 Nationalgardisten und 700 Marines davon abzuhalten, an ICE-Einsätzen teilzunehmen. Die Bundesregierung habe versprochen, die Truppen lediglich zum Schutz von Bundesgebäuden einzusetzen – doch laut Newsom sollen sie nun auch „öffentliche Straßen sichern“ und „Abschiebungsrouten absichern“. Die Kosten für den Einsatz belaufen sich laut Pentagon auf 134 Millionen Dollar.
„Die Bundesregierung richtet die Armee gegen amerikanische Bürger“, sagte Newsom auf der Plattform X.
Proteste eskalieren: Über 100 Festnahmen, Journalisten verletzt
In der Innenstadt von Los Angeles kam es zu über 150 Festnahmen, bei denen Polizei Tränengas, Gummigeschosse und Blendgranaten einsetzte. Zwei Polizisten wurden verletzt, mehrere Geschäfte geplündert.
Auch die Pressefreiheit wurde verletzt: Mindestens drei Journalist:innen, darunter eine australische Reporterin, wurden von Gummigeschossen getroffen. Die Organisation Committee to Protect Journalists verurteilte die Vorfälle scharf und sprach von gezielten Angriffen auf Medienschaffende.
„Die Presse darf nicht Ziel staatlicher Gewalt werden“, so Mike Balsamo vom National Press Club.
Trump verteidigt Truppeneinsatz – will notfalls Insurrection Act anwenden
Trump rechtfertigte den Militäreinsatz bei einer Rede in Fort Bragg:
„Sie verteidigen die Republik selbst. In Los Angeles herrscht Chaos durch unkontrollierte Migration.“
Er bezeichnete Gouverneur Newsom und Bürgermeisterin Karen Bass als „inkompetent“ und deutete an, dass „Unruhestifter bezahlt werden könnten“ – ohne Belege zu liefern. Zudem drohte er mit der Anwendung des Insurrection Act, um militärische Gewalt auch im Inneren zu legitimieren.
Los Angeles: Stadt der Einwanderer im Fokus
Bürgermeisterin Bass sprach von einem „Experiment der Bundesregierung“, um zu testen, wie weit sie in lokale Hoheitsrechte eingreifen kann:
„Wenn sie das mit der zweitgrößten Stadt der USA machen, ist das ein Signal an den Rest des Landes.“
Bass erwägt die Einführung einer nächtlichen Ausgangssperre, um die Lage zu beruhigen.
Reaktion der Zivilgesellschaft und Klage gegen den Einsatz
Mehrere Bürgerrechtsorganisationen, darunter die NAACP, die National Urban League und die Leadership Conference on Civil and Human Rights, kritisierten Trumps Vorgehen als überzogen, gefährlich und diskriminierend:
„Friedliche Demonstrierende werden mit Militär konfrontiert – während Gewalttäter am 6. Januar 2021 das Kapitol stürmen konnten“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.
Gleichzeitig wurde bekannt, dass ICE bei seinen Razzien nicht nur vor Geschäften wie Home Depot operierte, sondern auch Menschen bei Routineterminen in Einwanderungsbehörden festnahm.
Waymo stoppt Fahrdienst nach Angriff auf selbstfahrende Autos
Auch Technologieunternehmen spüren die Spannungen: Waymo, Anbieter von autonomen Taxis, setzte seinen Betrieb in der Innenstadt aus, nachdem mehrere Fahrzeuge von Protestierenden in Brand gesetzt oder mit Parolen besprüht wurden. Die Fahrzeuge enthalten seltene Erden, deren Verbrennung gefährlich sein kann.
Hintergrund & Einordnung
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Der Ursprung der Proteste liegt in ICE-Razzien vom 6. Juni, die auf Video dokumentiert wurden.
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Mehr als 40 Menschen wurden festgenommen, darunter auch Menschen mit Aufenthaltstitel, die Opfer von Verwechslungen wurden.
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Trumps harte Migrationspolitik und der massive Militäreinsatz erinnern viele Beobachter an autoritär geprägte Machtdemonstrationen.
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Der Streit zwischen Newsom und Trump gilt als juristischer Präzedenzfall für das Verhältnis zwischen Bundesstaaten und Bundesregierung.
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