London ist eine Stadt der Superlative: Finanzmetropole, Kulturzentrum, Touristenmagnet – aber für viele Londoner*innen längst kein Ort mehr, an dem sie sich ein Zuhause leisten können. Die Wohnkrise in der britischen Hauptstadt spitzt sich zu – und das nicht erst seit gestern.
Beim London Housing Summit wurden diese Woche alarmierende Zahlen vorgestellt. Und die zeigen: Es handelt sich nicht mehr um einzelne Härtefälle – sondern um ein strukturelles Desaster.
📉 Obdachlosigkeit auf Rekordniveau
Allein zwischen Januar und März 2025 schliefen über 4.400 Menschen auf Londons Straßen – ein Anstieg um 8 % im Vergleich zum Vorjahr. Fast die Hälfte davon waren zum ersten Mal obdachlos.
Der Bürgermeister Sadiq Khan hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 Schluss mit Obdachlosigkeit zu machen. Im Januar kündigte er weitere 10 Millionen Pfund zur Unterstützung von Hilfszentren an. Aber reicht das?
💸 4 Millionen Pfund pro Tag – für Notunterkünfte
Londoner Bezirksverwaltungen geben täglich 4 Millionen Pfund für Notunterkünfte aus. Immer mehr Menschen müssen in Hostels oder Hotels untergebracht werden – vor allem Familien mit Kindern. 90.000 Kinder in London leben derzeit ohne festes Zuhause.
Die Kosten explodieren: Im Haushaltsjahr 2024/25 wurden 330 Millionen Pfund mehr ausgegeben als geplant – ein Plus von 68 % in nur einem Jahr.
🏘️ Zu wenig Mietwohnungen, zu hohe Mieten
Das Angebot an Mietwohnungen in London schrumpft – 45.000 Wohnungen wurden zwischen 2021 und 2023 aus dem Markt genommen, meist weil Vermieter*innen ihre Immobilien verkaufen.
Gleichzeitig explodieren die Mieten: +11,5 % allein im Jahr 2024 – die stärkste Steigerung im ganzen Land. 60 % der Londoner Mieter*innen sagen, dass ihre Miete nicht bezahlbar sei.
🧱 Bauen, bauen, bauen – aber mit wem?
Um dem Bedarf gerecht zu werden, müsste London 88.000 neue Wohnungen pro Jahr bauen. Doch dafür bräuchte es 160.000 zusätzliche Bauarbeiter*innen – in einem Sektor, der schon jetzt an massiven Fachkräftemangel leidet.
Die Regierung verspricht Investitionen in Ausbildung und sogenannte „Skills Bootcamps“. Doch Kritiker*innen fragen: Kommt das schnell genug?
🌧️ Alte Wohnungen, neue Probleme
Selbst wer ein Dach über dem Kopf hat, lebt nicht unbedingt gut: Laut Umfrage hatten ein Drittel der Londoner*innen mit Schimmel oder Feuchtigkeit zu kämpfen, über ein Viertel konnten ihre Wohnung nicht ausreichend heizen.
Aktivist Kwajo Tweneboa nennt die Situation „horrific“ – und setzt sich öffentlich für bessere Wohnbedingungen ein. Ein Vorschlag des Bürgermeisters: intelligente Schimmelsensoren als Frühwarnsystem.
🔎 Was müsste passieren?
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Mehr Sozialwohnungen, schneller gebaut
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Unterstützung für Bezirke bei kurzfristiger Unterbringung
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Steuerliche und regulatorische Klarheit für Vermieter*innen
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Ausbildungsoffensiven im Bauwesen
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Qualitätsoffensive bei bestehendem Wohnraum
📣 Fazit: Wenn Mieten mehr als Einkommen steigen
Die Krise ist kein Schicksal – sie ist gemacht. Eine Mischung aus politischer Kurzsichtigkeit, jahrzehntelangem Investitionsstau und explodierenden Baukosten macht selbst in Europas reichster Stadt das Wohnen zu einem Privileg.
Und während die Politik auf langfristige Pläne setzt, leben Tausende heute in Unsicherheit, Armut oder auf der Straße.
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