Landgericht Hamburg: Vorlagebeschluss 310 OH 4/20 MS “Hammonia Korsika“ Schiffahrts GmbH & Co. KG

A. Dem Hanseatischen Oberlandesgericht werden gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG zum Zwecke der Herbeiführung eines Musterentscheids folgende Feststellungsziele vorgelegt:

I. Es wird festgestellt, dass der am 23.07.2010 von der Beklagten zu 4. aufgestellte Verkaufsprospekt für den Erwerb einer Beteiligung an der MS “Hammonia Korsika“ Schiffahrts GmbH & Co. KG in wesentlichen Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend ist:

1. Der Prospekt ist fehlerhaft, weil maßgebliche kapitalmäßige und/oder personelle Verflechtungen nicht dargestellt sind, insbesondere

a) die kapitalmäßigen Verflechtungen zwischen der finanzierenden HSH-Nordbank und der HCI Capital AG und die wirtschaftlichen Verbindungen der HCi Capital AG zur HSH Nordbank, insbesondere der Inhalt der Restrukturierungsvereinbarung vom 11.02.2010 und die daraus resultierenden Interessenskollisionen;

b) die kapitalmäßigen Verflechtungen zwischen der HCI-Gruppe und der Döhle-Gruppe und nicht darüber aufgeklärt wird, dass die Anbieterin und Prospektverantwortliche mit der Poolmanagerin vor Prospektveröffentlichung Gemeinschaftsunternehmen gegründet hatte und hierdurch Interessenskonflikte zu Lasten der Fondsgesellschaft entstehen können;

c) im Prospekt nicht über kartellrechtliche Risiken aufgeklärt wird, welche sich in Unternehmenszusammenschlüssen (Joint-Venture Unternehmen) der vormaligen HCI Capitalberatungsgesellschaft mbH und der Peter Döhle Schiffahrts-KG bei der HELLESPONT HAMMONIA GmbH & Co. KG bzw. deren Tochterunternehmen NAUTICA GmbH & Co. KG und NIKE GmbH & Co. KG und der HAMMONIA Reederei GmbH & Co. KG begründeten.

2. Der Prospekt ist fehlerhaft, weil darin die Liquiditätsnot der wirtschaftlich und personell verflochtenen Peter Döhle-Gruppe verschwiegen wird.

3. Der Prospekt und der Prospektnachtrag vom 22.10.2010 sind fehlerhaft, weil darin die Leistungsbilanz der HCI-Gruppe beschönigend und irreführend dargestellt ist, und die tatsächliche Liquiditätsnot der HCI-Gruppe und die Misserfolge der vorangegangenen Schiffsfonds und deren Ergebnisse für die Anleger nicht hinreichend deutlich dargestellt sind.

4. Der Prospekt ist fehlerhaft, da die darin enthaltenen Angaben zum Fonds-Schiff Hammonia Korsika irreführend und unzureichend sind,

a) insbesondere auf S. 29, da sich daraus nicht bzw. nicht hinreichend deutlich ergibt, dass der Kaufpreis des Schiffes für den Fonds bereits zum Zeitpunkt der Bestellung im Jahr 2008 zugrunde gelegt wurde, obwohl im Zeitpunkt der Prospekterstellung die Kaufpreise vergleichbarer Schiffe erheblich gesunken waren, und der Prospekt insgesamt ein fehlerhaftes Bild über das Fondsschiff und dessen Wert vermittelt;

b) da darin die Marktlage falsch dargestellt ist, insbesondere die Überkapazitäten im Bulkermarkt verschwiegen werden, die kurz- und mittelfristigen Prognosen unberücksichtigt geblieben sind, und die aktuellen Entwicklungen im ersten Halbjahr 2010 verschwiegen wurden, so dass sich ein unzutreffend positives Bild ergab und die Prognoseberechnungen nicht auf realistischer Tatsachengrundlage basierten;

c) die Renditeprognosen mit einer Rendite von 7% p. a. nicht auf realistischer Tatsachengrundlage basierten, da

aa) das Marktumfeld und die Charterratenentwicklung fehlerhaft im Prospekt dargestellt ist;

bb) der Prospekt dem Anleger jegliche Einschätzung der Marktaussichten des Schiffes verwehrt;

cc) die Prognosen hinsichtlich der Charterraten unvertretbar sind;

dd) das Risiko im Zusammenhang mit dem fehlenden Anschlusschartervertrag nicht dargestellt wird;

ee) die Subchartermöglichkeit verschwiegen wird;

ff) die Flottenentwicklung fehlerhaft dargestellt wird;

gg) die Gewinnentwicklung der Schifffahrt als besonders positiv hervorgehoben wird;

hh) eine offensichtliche Marktwende bereits zum Zeichnungszeitpunkt bekannt war;

d) die Risiken im Zusammenhang mit der hohen Fremdfinanzierungsquote im Prospekt nicht dargestellt sind;

e) die Rentabilität und Risiken der Beteiligung falsch dargestellt werden, indem

aa) die Angaben zum Wert des Fondsschiffes beim Kauf und der Nettokaufpreis im Prospekt falsch dargestellt sind;

bb) durch irreführende Angaben der Eindruck erweckt wird, dass ein Gutachter das Fondsschiff vor Übergabe gesichtet und begutachtet habe und die prospektierten Angaben zum Gutachten tatsächlich auf voraussichtlichen Schiffsdaten basierten;

cc) irreführende Angaben zum Wert des Schiffes zum geplanten Laufzeitende des Fonds im Jahr 2022 ins Blaue hinein gemacht werden;

dd) ein unzutreffendes Bild von den wirtschaftlichen Chancen im Massengutverkehr aufgrund der selektiven Darstellung von Transportnachfrage und dem Flottenwachstum vermittelt wird;

ee) nicht darauf hingewiesen wird, dass die im Prospekt erwähnte Loss-of-hire Versicherung Schäden nicht komplett übernimmt und finanzielle Schäden durch Ausfallzeiten des Fondsschiffes dem Anleger ebenfalls nicht ausreichend dargestellt werden;

f) der Prospekt nicht hinreichend deutlich über die geplante Poolbeschäftigung des Fondsschiffes und die Risiken, die sich im Zusammenhang mit einer Poolbeschäftigung ergeben aufklärt:

aa) ein Hinweis auf das Blindpoolrisiko und die zusammenhängenden Poolfaktoren wie Zustand, Alter und Fertigstellung unterlassen wird;

bb) die Bonität der Charterer der anderen Schiffe des angestrebten Pools nicht dargestellt werden;

cc) es kein Hinweis auf die fehlende Risikostreuung durch die angestrebte (und spätere tatsächliche) Zugehörigkeit zum PD Supramax-Pool besteht;

dd) der Hinweis auf eine anfallende Versicherungssteuer unterlassen wird;

ee) es jegliche weiteren Hinweise auf die Risiken, die mit einem Einnahmenpool zusammenhängen, fehlen.

5. Der Prospekt ist fehlerhaft, weil Risiken verschwiegen oder unzureichend dargestellt werden, indem im Prospekt

a) auf die aus der Ausübung von Schiffsgläubigerrechten resultierenden Risiken zur Umsetzung des Fondsvorhabens nicht bzw. nicht hinreichend deutlich hingewiesen wird;

b) das Maximalrisiko der Beteiligung irreführend und verharmlosend dargestellt wird;

c) unzureichend auf die eingeschränkte Fungibilität der Kommanditanteile hingewiesen wird;

d) nicht ausreichend auf das Risiko und die Folgen einer möglichen Insolvenz des persönlich haftenden Gesellschafters hingewiesen wird;

e) unzureichend über die Haftungsfolgen gem. § 134 InsO und § 172 Abs. 4 HGB aufgeklärt wird;

f) auf die Haftungsrisiken gem. §§ 30, 31 GmbHG nicht bzw. nicht hinreichend deutlich hingewiesen wird.

6. Die Angaben im Prospekt sind irreführend, da die Kapitalanlage im Verkaufsprospekt nach einer Gesamtschau unvertretbar positiv dargestellt wird.

II. Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagten zu 1. bis 4. im Hinblick auf den Erwerb der Fondsbeteiligungen im Hinblick auf die Anleger der MS “Hammonia Korsika“ Schiffahrts GmbH & Co. KG Haftungsschuldnerinnen nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne sind und somit vorvertraglich verpflichtet gewesen wären, über die in Ziff. I genannten Prospektmängel aufzuklären.

III. Der weitergehende Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

B. Dieser Vorlagebeschluss ist gemäß § 6 Abs. 4 KapMuG im Klageregister öffentlich bekannt zu machen.

 

Leave A Comment