Landgericht Hamburg -HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH & Co.KG u.A.

Landgericht Hamburg

Az.: 326 O 325/17

Beschluss

In der Sache

Rolf Mertens, Dörenbergstraße 3, 33699 Bielefeld

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. Fischer, Lessingplatz 7, 38100 Braunschweig, Gz.: 97/17

gegen

1)

HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH & Co.KG, vertreten durch die Komplementärin HCI Vertriebsverwaltung GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführerin Christine Beckmann, Burchstraße 8, 20095 Hamburg

– Beklagte –
2)

HCI Treuhand GmbH & C0. KG, vertreten durch die Komplementärin HCI Treuhand GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Kai Dürkop, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg

– Beklagte –
3)

HCI Treuhand SERVICE GmbH & Co KG, vertreten durch die Komplementärin HCI Treuhand SERVICE GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Kai Dürkop und Frauke Schünemann, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg

– Beklagte –
4)

HAMMONIA Reederei GmbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin HAMMONIA Reederei Verwaltungsgesellschaft mbh, diese vertreten durch die Geschäftsführer Dr. Karsten Liebing und Rene Wenzel, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

– Beklagte –
5)

Peter Döhle Schiffahrts-KG, vertreten durch die Komplementärin Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft Peter Döhle mbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Dr. Gaby Bornheim, Christoph Döhle und Jochen Thomas Döhle, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte zu 1 – 3:
Rechtsanwälte nbs partners, Valentinskamp 70, 20355 Hamburg, Gz.: 00165-17

Prozessbevollmächtigte zu 4 und 5:
Rechtsanwälte Ahlers & Vogel, Contrescarpe 21, 28203 Bremen, Gz.: 11334/17/A-JBo/vka

Nebenintervenientin zu 1:
RTC Revision Treuhand Consulting GbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Haburg, vertreten durch die Geschäftsführer Frank Fruggel und g Björn Hagedorn, Burchhardstraße 24, 20095 Hamburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte BKS Rechtsanwälte, Elsa-Brändström-Straße 7, 33602 Bielefeld, Gz.: 000358-17/Tö/UecA2017-004346/20606

beschließt das Landgericht Hamburg – Zivilkammer 26 – durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Dr. Klaassen als Einzelrichterin am 08.02.2018:

Es wird gemäß § 3 Abs. 2 KapMuG folgender Musterverfahrensantrag bekannt gemacht:

A.

Beklagte:

1)

HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH & Co.KG, vertreten durch die Komplementärin HCI Vertriebsverwaltung GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführerin Christine Beckmann, Burchardtraße 8, 20095 Hamburg,

2)

HCI Treuhand GmbH und Co.KG, vertreten durch die Komplementärin HCI Treuhand GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Kai Dürkop, Burchardtraße 8, 20095 Hamburg,

3)

HCI Treuhand SERVICE GmbH & Co.KG, vertreten durch die Komplementärin HCI Treuhand SERVICE GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Kai Dürkop und Frauke Schünemann, Burchardtraße 8, 20095 Hamburg,

4)

HAMMONIA Reederei GmbH & Co.KG, vertreten durch die Komplementärin HAMMONIA Reederei Verwaltungsgesellschaft mbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Dr. Karsten Liebing und Rene Wenzel, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg,

5)

Peter Döhle Schifffahrts-KG, vertreten durch die Komplementärin Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft Peter Döhle mbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Dr. Gaby Bornheim, Christoph Döhle und Jochen Thomas Döhle, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

B.

Von dem Musterverfahren betroffener Anbieter sonstiger Vermögensanlagen:

HCI Shipping Select XXII:

PASSAT BREEZE Navigation GmbH & Co.KG

MS “HAMMONIA PACIFICUM” Schiffahrts GmbH & Co. KG

C.

Prozessgericht:

Landgericht Hamburg

D.

Aktenzeichen Hauptverfahren:

326 O 325/17

E.

Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags:

1.

Es wird festgestellt, dass der Verkaufsprospektes des Schiffsfonds „HCI Shipping Select XXII“ vom 23.2.2007 über die Beteiligung an den beiden Einzelschiffsgesellschaften

PASSAT BREEZE Navigation GmbH & Co.KG

MS “HAMMONIA PACIFICUM” Schiffahrts GmbH & Co. KG

unrichtig, irreführend und/oder unvollständig ist, da in dem Verkaufsprospekt

a)

nicht über die tatsächliche Höhe der Einnahmen der MS „Hammonia Pacificum“ aus dem Pool aufgeklärt wird, indem im Prospekt

aa) bereits nicht dargestellt wird, wie sich die Einnahmen der Poolschiffe (Bruttopoolrate) berechnen und ferner dargelegt wird, zur Bestimmung der Nettopoolrate sei lediglich die Befrachtungskommission von der Bruttopoolrate abzuziehen, wobei die Befrachtungskommission 1,75 % der Bruttofracht- bzw. Zeitchartererlöse betrage;

bb) zu den für die Einnahmesituation relevanten Poolfaktoren, wie u.a. Die Zusammensetzung des Pools, Aufnahme weiterer Poolmitglieder, Fahrtgebiete der einzelnen Poolschiffe und den Beteiligungsschlüssel, keine oder nur unzureichende Angaben gemacht werden;

cc) nur über die Charterrate und nicht über die historisch belegten Pooleinnahmen aufgeklärt wird, obwohl der Pool bei Prospekterstellung bereits existierte und Daten vorlagen;

dd) nicht über die erheblichen Einschränkungen der unternehmerischen Chancen durch die Poolmitgliedschaft aufgeklärt wird, in dem der Prospekt verschweigt, dass bei Veräußerung des Schiffes der bestehende Chartervertrag sowie die Poolmitgliedschaft vom Käufer übernommen werden muss und so ein Verkauf zu marktüblichen Preis nicht möglich ist;

b)

nicht über das laut Prospekt relevante Marktumfeld und dessen Entwicklung aufgeklärt wird, indem im Prospekt,

aa) die veröffentlichten Daten zum Verhältnis von Angebot (Transportvolumen) und Nachfrage (Flottenwachstum) derart selektiv wiedergegeben wurden, dass die Daten ohne verwertbaren Inhalt für das Angebot-Nachfrage-Verhältnis sind, obwohl die Daten, die eine Aussage zu den jeweiligen, ausschnittsweise dargestellten Segmenten (weltweit und Containerschiffsflotte 2.500 TEU – 2.900 TEU) ermöglicht hätten, und so ein positiveres, aber falsches Bild von der Kapitalanlage vermittelt wird;

bb) nicht auf das bevorstehende Überangebot an Transportkapazität und damit auf eine negative Marktentwicklung hingewiesen wird, obwohl hierfür bei Prospekterstellung bereits deutliche Hinweise vorlagen;

c)

eine falsche Einnahmeprognose und damit auch die gesamte Liquidität Prognose fehlerhaft dargestellt wird, indem

aa) nicht über den vorhersehbaren Einbruch der schade Raten aufgeklärt wird, obwohl es hierfür konkrete Anhaltspunkte gab;

bb) das historische Hoch des Zeitchartermarktes zwei Jahre vor der Herausgabe des Prospektes in die Berechnung des langjährigen Durchschnittes eingeflossen ist und die Einnahmen so unrealistisch hoch angesetzt wurden;

cc) die Schiffsbetriebskosten zu niedrig kalkuliert wurden;

dd) für die Vorzugsausschüttungen der Früheinzahler in der Liquiditätsprognose kein (pauschaler) Betrag aufgenommen wurde, obwohl feststand, dass diese Bonuszahlungen erfolgen würden;

ee) die im Prospekt angegebenen Dockungstage nicht von den Einsatztagen und damit den Einnahmen in Abzug gebracht wurden;

ff) für das Fondsschiff „Hammonia Pacificum“ völlig marktuntypisch und unrealistisch ein wesentlich höherer Verkaufserlös eingeplant wurde, als für das größere und nur zwei Jahre ältere Fondsschiff MS „Passat Breeze“;

gg) der Zwischengewinn der Verkäufergesellschaft für das Fondsschiff MS „Passat Breeze“ mit 2,86 Mio € angegeben wird, obwohl dieser um ein Vielfaches zu niedrig angegeben wird; weitaus höher ausfällt;

hh) über die gesamte Fondslaufzeit eine Liquiditätsreserve in Millionenhöhe vorgehalten wird und somit eine Manipulation der Anlegerrendite möglich ist;

d)

Risiken verschwiegen oder unzureichend dargestellt werden, indem im Prospekt

aa) die gesellschaftsrechtlichen und/oder personellen Verflechtungen des Charterers mit dem Poolmanager nicht (ausreichend) offen gelegt und damit nicht über bestehende Interessenkollisionen aufgeklärt wurde;

bb) nicht auf das Risiko des Kaskadeneffektes hingewiesen wird, obwohl die Initiatoren wussten, dass das hier relevante kleine Schiffssegment von 2.500 TEU – 2.700 TEU von den größeren Schiffen verdrängt wird und somit besonders stark von diesem Phänomen betroffen sein wird;

cc) nicht über das Risiko von Nachverhandlungen durch den Charterer aufgeklärt wird, obwohl absehbar war, dass der Charterer aufgrund einer Vielzahl weiterer Chartererverträge, die während eines hohen Marktniveaus abgeschlossen wurden, nicht in der Lage sein werde, die vereinbarte Rate zu zahlen;

dd) nicht darüber aufgeklärt wird, dass von einer Zahlungsunfähigkeit des Charterers CSAV nicht nur die Einnahmen des MS „Passat Breeze“ betroffen wären, sondern auch die im Pool fahrende MS „Hammonia Pacificum“ (sog. Cluster-Risiko);

ee) irreführend und nicht vollständig über die Bonität der Charterer der Poolschiffe aufgeklärt wird, obwohl alle erforderlichen Daten vorlagen;

ff) nur unzureichend über die Haftung der Schiffsgesellschaft für Verbindlichkeiten des Charterers gegen Dritte mit dem Fondsschiff aufgeklärt wird;

gg) fehlerhaft über die Möglichkeit des Totalverlustes bei Fehlschlagen der Platzierung aufgeklärt wird;

hh) nur unzureichend darüber aufgeklärt wird, dass die Möglichkeit besteht, dass die Anleger den Gesellschaftsgläubigern mit ihrem Privatvermögen haften;

ii) das Wechselkursrisiko als maximal renditegefährdend bezeichnet wird, es aber mindestens als anlagegefährdend einzuordnen ist,

über wesentliche Umstände nicht aufgeklärt wird und damit jeweils ein wesentlicher Prospektfehler vorliegt.

2.

a) Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1), 2), 4) und 5) im Hinblick auf Beteiligungen an dem Fonds HCI Shipping Select XXII Haftungsschuldner aus Prospekthaftung im weiteren Sinne sind.

b) Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 3) im Hinblick auf Beteiligungen an dem Fonds HCI Shipping Select XXII Haftungsschuldner aus Prospekthaftung im weiteren Sinne i.V.m. § 133 UmwG ist.

3.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1), 2), 4) und 5) bei der Veröffentlichung des Prospektes zum Fonds HCI Shipping Select XXII nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne schuldhaft gehandelt haben.

4.

Es wird festgestellt, dass der Schaden des Anlegers in den jeweiligen Beteiligungen als solche an dem Fonds HCI Shipping Select XXII liegt. Die Höhe des Schadens ergibt sich aus den geleisteten Einlagen nebst dem gezahlten Agio.

F.

Lebenssachverhalt

Die Klägerseite nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen Verwendung eines fehlerhaften Prospekts in Anspruch. Sie stützt ihre Ansprüche auf Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß §§ 280 Abs. 1 i.V.m. §§ 311 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.

Die Beklagten zu 1) und 2) haben als Gründungsgesellschafter den Fonds HCI Shipping Select XXII konzipiert und für den Vertrieb des Beteiligungsangebotes einen Prospekt (Anlage K2) erstellt. Die Beklagte zu 1) firmierte bei Prospekterstellung unter HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH (Handelsregisterauszug Amtsgericht Hamburg HRA 115512). Die Beklagte zu 2) firmierte bei Prospekterstellung als HCI Hanseatische Schiffstreuhand GmbH (Handelsregisterauszug Amtsgericht Bremen HRB 23063).

Die Beklagte zu 3) ist durch Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 11.4.2013 aus der Beklagten zu 2) entstanden (Handelsregisterauszug Amtsgericht Hamburg HRA 115417).

Die Beklagte zu 4) ist Gründungsgesellschaftern der MS „PASSAT BREEZE“ Navigation GmbH & Co. KG.

Die Beklagte zu 5) des Gründungskommanditisten der MS „HAMMONIA PACIFICUM“ und fungierte zugleich als Poolmanagerin des 2.500 TEU-Döhle-Pools.

Durch die Beteiligung an dem Schiffsfonds Shipping Select XXII erfolgte der Beitritt zu den zwei Einzelschiffsgesellschaften PASSAT BREEZE Navigation GmbH & Co.KG und MS “HAMMONIA PACIFICUM” Schiffahrts GmbH & Co. KG.

Die Klägerseite zeichnete am 23.04.2007 eine mittelbare Beteiligung an dem Schiffsfonds „HCI Shipping Select XXII“ zum Nominalwert von 30.000,00 €. Die Annahmeerklärung der Beklagten erfolgte am 28.04.2007.

Grundlage für den klägerischen Beitritt war der in der Wiedergabe der Feststellungsziele benannte Emissionsprospekt, den die Klägerseite als fehlerhaft rügt.

G.

Eingang des Musterverfahrensantrags bei dem Prozessgericht:

2. November 2017

 

Dr. Klaassen
Vorsitzende Richterin am Landgericht

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