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Kurz vor dem Urteil – Die Republik wartet, der Justizpalast summt

qimono (CC0), Pixabay
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Montag, dritter Stock im Justizpalast, Kaffee bitter, Atmosphäre angespannt. Nein, diesmal ist es kein Gerichtsthriller auf ORF III, sondern die nächste Folge der realpolitischen Seifenoper „Causa Kurz“ – Arbeitstitel: „Ich weiß von nichts – aber elegant“.

Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz, einst Posterboy der österreichischen Politbühne und Vorzeigepolitiker für Jung und „dynamisch“, wartet mit seinem ehemaligen Kabinettschef Bernhard Bonelli auf die Entscheidung: Bleibt die Bewährungsstrafe wegen Falschaussage bestehen – oder wird’s noch einmal schönweichpolitisch glattgebügelt?

Die Anklage? Nicht die große Ibiza-Verschwörung, sondern etwas viel Profaneres: Lügen vor dem U-Ausschuss, konkret zur Bestellung von Thomas Schmid als ÖBAG-Chef. Kurz hatte dort so getan, als wäre er mit der Entscheidung ungefähr so sehr verbunden wie ein Parkbankler mit der Geldpolitik der EZB.
Das Gericht sah das anders: acht Monate bedingt für Kurz, sechs für Bonelli. Die WKStA so: passt schon. Die Verteidigung: absolut skandalös!
Und jetzt geht’s in die nächste Instanz.

Die Dramaturgie der Berufung

Die Berufungsverhandlung ist streng nach Justiz-Drehbuch getaktet: Erst der Referent, dann die Verteidiger, dann die Staatsanwaltschaft, dann nochmal die Hauptdarsteller selbst. Zeugen? Keine.
Spannung? Oh ja.
Ergebnis? Offen – aber diesmal rechtskräftig, sofern kein Rückspiel ans Erstgericht erfolgt. Der Justizsprecherin zufolge ist das alles „vorgesehen“.
Sicher ist: Wer heute lügt, muss künftig vielleicht nicht mehr ins Parlament – sondern einfach zum Repetitorium im Justizpalast.

Das Ibiza-Schattenreich

Dass wir überhaupt hier sitzen, verdanken wir einem Video auf Ibiza, in dem zwei Strache-Doppelwhiskeys später über „Medienkauf“ und „staatliche Auftragsverteilung nach Sympathie“ geplaudert wurde – wie’s halt so läuft auf der Couch mit dem falschen Publikum.
Was danach kam, war kein Politthriller, sondern ein Datenkrimi mit korruptem Beigeschmack: Handys wurden beschlagnahmt, Chatverläufe wurden zur neuen Bibel der Aufklärung, und ausgerechnet Thomas Schmid, der einst die WhatsApp-Kabinettschronik führte, wurde zum Kronzeugen mit Karriereknick.

Er belastete Kurz. Bonelli. Und gefühlt die halbe türkise Buberlpartie. Sogar das „Beinschab-Tool“ – jene geniale Kombination aus Umfrage, Inserat und Selbstbestätigung – wurde erwähnt. Und was sagte Kurz?
Er wusste von nichts. Wie immer.

Und nun?

Was auf dem Spiel steht? Mehr als persönliche Bewährungsstrafen. Es geht um politische Glaubwürdigkeit, das Vertrauen in Justiz und die Frage: Wie viel Erinnerungslücke ist im Parlament noch erlaubt?
Wenn Lügen vor einem Untersuchungsausschuss künftig mit Schulterzucken und PR-Offensiven abgegolten werden können, dann gute Nacht, Aufklärungskultur.

Am Ende könnte der Dreiersenat das Urteil bestätigen – oder noch etwas nachschärfen.
Wird Kurz sich erneut lächelnd als Opfer einer „politisch motivierten Kampagne“ darstellen?
Wird Bonelli noch wissen, wer Thomas Schmid ist?
Bleibt Wien Hauptstadt – oder bald bloß Kulisse für den nächsten Polit-Kabarettabend?

Eines ist jedenfalls sicher:
Die nächste Staffel „Kurz – Rücktritt war nur die erste Folge“ läuft bereits.
Und Österreich schaut zu.

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