Kreditscoring und Verbraucherschutz

Am 14. April 2016 wurde die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beschlossen. Ab 25. Mai 2018 wird sie in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar sein. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen bisherige nationale Rechtsvorschriften zum Datenschutz an die neuen Regelungen der europäischen Grundverordnung angepasst sein.

Die neuen Vorschriften der Verordnung sind insgesamt sehr breit und unbestimmt gefasst. Daher stellt die Anpassung des nationalen Rechtsrahmens an die DSGVO aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar, bei der der bisherige Schutzstandard für Verbraucher erhalten bleiben muss.

Keine Absenkung des Schutzstandards für Verbraucher beim Kreditcoring

Ein besonderes Augenmerk sollte im Anpassungsprozess darauf geworfen werden, dass in Bezug auf die Tätigkeiten von Auskunfteien der bisherige Schutzstandard für Verbraucher auf der einen Seite, aber auch die Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen auf der anderen Seite im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage nicht abgesenkt wird.

Der vzbv stellt fest, dass es – bei aller Kritik an den bisherigen Regelungen – unerlässlich ist, die in den §§ 28a und 28b des Bundesdatenschutzgesetzes enthaltenen Regelungsinhalte zu erhalten. § 28a wurde im Jahr 2010 unter anderem eingeführt, um zu verhindern, dass Verbraucher nur aus Angst vor den Auswirkungen eines negativen Kreditscores gegenüber Forderungsgebern einlenken und auch unberechtigte Forderungen akzeptieren. Künftig wäre es beispielsweise wieder möglich, dass auch bestrittene Forderungen an Auskunfteien gemeldet werden und in die Score-Werte mit einfließen. Denn finden bestrittene beziehungsweise bestreitbare Forderungen unrichtigerweise Eingang in den Datenbestand von Auskunfteien, können Folgen wie beispielsweise das Sperren von Zahlungskarten und Versorgungsverträgen drohen oder sogar das Scheitern einer laufenden Eigenheimfinanzierung. Verbraucher müssen vor diesen negativen Konsequenzen bewahrt werden.

Diskriminierung bestimmter Personengruppen verhindern

§ 28b soll Verbraucher vor Diskriminierung und damit verbundenen wirtschaftlichen Beeinträchtigungen schützen, die beispielsweise entstehen könnten, wenn durch die Regelung der DSGVO künftig wieder ein Wahrscheinlichkeitswert für ein bestimmtes zukünftiges Verhalten ausschließlich auf Basis von Anschriftendaten berechnet werden darf. Scoring, das auf Basis von Adressdaten durchgeführt wird, kann zu einer strukturellen Ausgrenzung bestimmter Personengruppen führen. Die Bewohner ganzer Stadtteile könnten durch solche Praktiken vorverurteilt werden.

Bisherigen Gesetzesbestand überführen

Bei den bestehenden Vorschriften handelt es sich weniger um Datenschutzbestimmungen, sondern vielmehr um verbraucherschützende Regelungen. Zum Erhalt des Verbraucherschutzniveaus schlägt der vzbv daher vor, die bisherigen Vorgaben zur Datenübermittlung an Auskunfteien sowie zum Scoring (soweit es die Tätigkeiten von Auskunfteien betrifft) in andere gesetzliche Regelungsbereiche außerhalb des Datenschutzrechts zu überführen.

Sollte sich dieser Vorschlag aufgrund des engen Zeitrahmens des Gesetzgebungsprozesses hinsichtlich des Wahljahres 2017 nicht mehr als gangbare Option erweisen, ist es zum Erhalt des bisherigen Verbraucherschutzniveaus unerlässlich, die Vorschriften vorerst in der Nachfolgeregelung des Bundesdatenschutzgesetzes zu belassen und als Verbraucherschutzbestimmungen zu begründen. Die vorgeschlagene Auslagerung der Regelungen kann dann in der kommenden Legislaturperiode erfolgen.

In keinem Fall sollten jedoch die Debatte und der weitere Gesetzgebungsprozess durch Vorschläge erschwert werden, die bisherigen Vorschriften über das genannte Maß hinaus auszuweiten oder Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes beizubehalten, die hinter den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung zurück bleiben.

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