Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat die Berufung eines Landwirts zurückgewiesen, der von einem Tierarzt 40.000 Euro Schadensersatz verlangte, weil ein verletztes Wagyu-Rind nach Schmerzmittelgabe nicht mehr für den menschlichen Verzehr geeignet war. Der 3. Zivilsenat entschied, dass ein etwaiger Behandlungsfehler nicht kausal für den geltend gemachten Schaden gewesen sei (Az. 3 U 9/25).
Hintergrund: Notwendige Schmerzbehandlung verhindert wirtschaftliche Verwertung
Der Kläger, ein professioneller Wagyu-Züchter, hatte eine Tierarztpraxis wegen eines verletzten, trächtigen Rindes auf einer Weide kontaktiert. Eine angestellte Tierärztin verabreichte dem Tier Antibiotika und Schmerzmittel. Wenige Tage später wurde das Tier wegen einer Knieverletzung eingeschläfert. Da Schmerzmittel und Antibiotika einer Wartezeit unterliegen, war das Fleisch nicht mehr für den menschlichen Konsum zugelassen. Der Kläger machte einen wirtschaftlichen Schaden geltend – nach seinen Angaben hätte er das Fleisch für rund 40.000 Euro verkaufen können.
OLG: Schmerzmittelgabe war keine Pflichtverletzung
Zwar sei die erste Untersuchung durch die Tierärztin möglicherweise unvollständig gewesen, weil das Tier nicht vollständig untersucht wurde – so hätte es auf die andere Seite gedreht werden müssen. Dennoch, so das Gericht, sei dies nicht ursächlich für den geltend gemachten Schaden gewesen.
Ausschlaggebend für die Unverwertbarkeit des Fleisches sei allein die Gabe von Schmerzmitteln gewesen – nicht etwa die späte Erkennung der Verletzung. Eine frühere Untersuchung hätte nur dann wirtschaftlichen Schaden verhindern können, wenn ganz auf Schmerzmittel verzichtet worden wäre – was bei einem sichtbar leidenden Tier jedoch ausgeschlossen sei.
„Bei der Gabe von Schmerzmitteln an ein verletztes und offensichtlich an Schmerzen leidendes Tier handelt es sich nicht um einen Behandlungsfehler und damit nicht um eine Vertragsverletzung“, stellte der Senat klar.
Auch eine Pflicht zur besonderen Aufklärung über die rechtlichen Folgen der Medikamentengabe habe nicht bestanden, da der Kläger als Tierhalter mit den einschlägigen Vorschriften zu Wartezeiten bei Schlachttieren vertraut sein müsse.
Professionelles Wissen vorausgesetzt
Der Senat betonte, dass von einem erfahrenen Landwirt erwartet werden kann, dass er über die lebensmittelrechtlichen Wartezeiten bei Einsatz von Antibiotika und Schmerzmitteln informiert ist. Die Tierärztin habe daher nicht ausdrücklich auf die Konsequenzen der Medikamentengabe hinweisen müssen.
Entscheidung noch nicht rechtskräftig
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger kann Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen, um eine Revision zu erreichen.
Rechtlicher Kontext
Die Entscheidung verdeutlicht, dass bei tierärztlicher Behandlung von Nutztieren stets die tierschutzrechtliche Verpflichtung zur Schmerzbehandlung im Vordergrund steht. Wirtschaftliche Interessen des Halters treten dahinter zurück – insbesondere dann, wenn eine frühere Schlachtung nur durch schmerzvermeidenden Verzicht auf Medikamente möglich gewesen wäre.
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