Die Diskussion rund um die DEGAG und ihre Verantwortlichen sorgt weiterhin für hitzige Debatten. In sozialen Medien und Kommentarspalten wird spekuliert, ob es sich bei den handelnden Personen um eine „kriminelle Bande“ gehandelt haben könnte. Doch aus journalistischer Sicht ist hier höchste Vorsicht geboten – und zwar aus gutem Grund.
Keine bekannten Strafanzeigen, kein laufendes Verfahren
Nach aktuellem Kenntnisstand liegt keine Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der DEGAG vor. Ebenso wenig ist uns ein Aktenzeichen einer deutschen Staatsanwaltschaft bekannt, das auf ein laufendes Ermittlungsverfahren hinweist. Damit fehlen die Grundlagen für eine rechtlich belastbare Berichterstattung über mögliche strafrechtliche Vergehen.
In Deutschland gelten für die sogenannte Verdachtsberichterstattung strenge Regeln. Eine solche Berichterstattung setzt voraus, dass es belastbare Hinweise auf ein Fehlverhalten gibt, beispielsweise durch offizielle Ermittlungen. Spekulationen oder Verdächtigungen ohne fundierte Grundlage dürfen nicht veröffentlicht werden, da sie das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen verletzen könnten.
Was bedeutet das für die weitere Aufarbeitung?
Sollte der Insolvenzverwalter bei der Durchsicht der Unterlagen auf Hinweise für ein strafbares Verhalten der ehemaligen Vorstände oder des Aufsichtsrats stoßen, könnte er entsprechende rechtliche Schritte einleiten. In einem solchen Fall würde eine Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnehmen – und diese müssten sowohl belastende als auch entlastende Aspekte berücksichtigen.
Aber selbst eine offizielle Ermittlung bedeutet noch lange nicht, dass sich ein Verdacht bestätigt. Erst ein rechtskräftiges Gerichtsurteil erlaubt es, eindeutige Schuldzuweisungen vorzunehmen und Verantwortliche namentlich zu benennen.
Rechtssicherheit statt Vorverurteilung
In einer Zeit, in der Vorwürfe schnell kursieren und in sozialen Netzwerken oft als Tatsachen dargestellt werden, ist es umso wichtiger, journalistische Sorgfalt walten zu lassen. Verdachtsberichterstattung darf kein Freibrief für Spekulationen sein, sondern muss sich an objektiven Kriterien orientieren.
Bis es gesicherte Erkenntnisse gibt, bleibt also nur abzuwarten, ob und welche juristischen Maßnahmen folgen. Erst dann kann die öffentliche Diskussion auf einer fundierten Grundlage geführt werden – ganz im Sinne der Rechtsstaatlichkeit.
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