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Kanadische Fans buhen US-Hymne aus – als Antwort auf Trumps Strafzölle

OpenClipart-Vectors (CC0), Pixabay
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Man kann es wohl als die höflich-kanadische Version eines wütenden Protestes bezeichnen: Statt Straßen zu blockieren oder Flaggen zu verbrennen, haben kanadische Sportfans am Wochenende kurzerhand die US-Nationalhymne ausgebuht.

Während eines NHL-Spiels zwischen den Ottawa Senators und einem US-Team erklangen die Buhrufe erstmals – eine spontane Reaktion auf Donald Trumps neueste Eskapade: saftige Strafzölle gegen Kanada. Einen Tag später wiederholte sich das Spektakel bei einem NBA-Spiel der Toronto Raptors gegen die Los Angeles Clippers. Die Fans ließen den 15-jährigen Sänger, der sich tapfer durch die Hymne kämpfte, kaum noch hören.

Es ist ein klares Zeichen: Kanada ist stinksauer.

Trump will Kanada „bestrafen“ – und wieder einmal eskaliert alles

Die neuen Zölle sehen 25 % auf alle kanadischen Importe in die USA vor, Energieprodukte bekommen mit 10 % immerhin einen „Rabatt“. Aber das ist nicht alles: Trump schießt mit seiner jüngsten fixen Idee – Kanada solle doch einfach der 51. US-Bundesstaat werden – gleich noch mehr Öl ins Feuer.

Während Ökonomen warnen, dass auch Amerikaner die Folgen der Zölle zu spüren bekommen werden (teureres Benzin, höhere Lebensmittelpreise), ist Kanada der verwundbarere Handelspartner. Sollte sich der Handelsstreit in die Länge ziehen, droht dem Land laut Prognosen sogar eine handfeste Rezession.

Aber statt klein beizugeben, schwört Kanada auf Zusammenhalt – und das nicht nur in der Politik.

„Viele von uns werden die Auswirkungen spüren, es wird eine harte Zeit“, sagte Premierminister Justin Trudeau in einer Ansprache am Samstag. „Ich bitte euch, füreinander da zu sein. Jetzt ist die Zeit, sich für Kanada zu entscheiden.“

Seine Botschaft scheint angekommen zu sein.

Kampfansage aus Kanada: „Kauft lokal, meidet US-Produkte!“

Auf Social Media kursieren bereits Listen, wie man amerikanische Produkte meiden kann. Ein Supermarkt in Toronto hat laut einer viel geteilten Aufnahme damit begonnen, sein kanadisches Joghurt besonders zu kennzeichnen – als subtile Erinnerung, wo das Geld lieber hingehen sollte.

Andere reagieren noch drastischer:

„Gestern haben wir als Reaktion auf Trumps Zölle unsere Familienreise in die USA storniert“, schrieb der kanadische Autor Seth Klein auf Bluesky. „Ein kleiner Verlust wegen der Zugtickets – aber es musste sein.“

Ab Dienstag geht Kanada noch einen Schritt weiter: In Ontario wird US-amerikanischer Alkohol aus den Regalen verschwinden. Dazu kommen Gegenzölle auf Waren im Wert von 155 Milliarden kanadischen Dollar (etwa 105 Milliarden USD) – darunter Gemüse, Kleidung, Sportausrüstung und Parfüm. Besonders pikant: Produkte aus republikanisch geführten US-Staaten werden gezielt ins Visier genommen, darunter der berühmte Orangensaft aus Florida.

Trudeau macht klar: „Alle Optionen liegen auf dem Tisch.“

Ein „Erdbeben“ für die kanadisch-amerikanischen Beziehungen

Kanadier sind ja bekannt für ihre Höflichkeit – aber selbst sie sind schockiert, wie rücksichtslos Trump mit seinem engsten Verbündeten umspringt.

„Das ist ein Erdbeben für die Beziehungen zwischen Kanada und den USA“, analysierte Thomas Juneau, Sicherheitsprofessor an der Universität Ottawa.

Michael Ignatieff, ehemaliger Vorsitzender der Liberalen Partei Kanadas, wurde noch deutlicher: „Die fundamentale Frage für jedes Land lautet jetzt: Kann man Amerika überhaupt noch vertrauen?“

Selbst der konservative Oppositionsführer Pierre Poilievre – sonst ein harter Trudeau-Kritiker – stellte sich hinter seinen Premier: „Diese Zölle sind massiv, ungerecht und völlig unbegründet.“

Trudeau erinnerte in seiner Rede an die lange Geschichte gemeinsamer Kämpfe mit den USA – von den Weltkriegen bis Afghanistan. Seine Botschaft an die Amerikaner: „Wir haben Seite an Seite gekämpft und geblutet. Warum greift ihr uns jetzt an?“

Trump: „Kanada existiert nur dank uns“ – und droht mit noch härteren Strafen

Während Kanada überlegt, wie es sich wehren kann, macht Trump klar: Er lässt sich nicht beeindrucken.

Auf Truth Social schrieb er am Sonntag, dass die USA „Hunderte Milliarden Dollar ausgeben, um Kanada zu subventionieren“ – eine Aussage, die selbst mit viel Fantasie schwer belegbar ist. Dann setzte er noch einen drauf:

„Ohne diese massive Subvention würde Kanada als Land nicht mehr existieren.“

Und falls Kanada es wagen sollte, sich zu wehren? Dann werde er „noch härtere Strafen“ verhängen.

Wohin führt dieser Kampf?

Kanada steckt in einem Dilemma: Der wirtschaftliche Schaden ist absehbar, doch ein Einlenken würde Trump nur darin bestärken, noch aggressiver aufzutreten.

Ökonomen von TD Economics warnen, dass Kanada binnen sechs Monaten in eine Rezession rutschen könnte. Die Arbeitslosigkeit könnte auf über 7 % steigen.

Trump begründet die Zölle offiziell mit dem Kampf gegen Fentanyl-Schmuggel und illegale Migration – ein Vorwand, der in Kanada nur Kopfschütteln auslöst. Tatsächlich stammen weniger als 1 % der illegalen Grenzübertritte und des Fentanyl-Schmuggels in die USA aus Kanada.

„Am Ende wissen wir nicht mal genau, warum er das tut“, sagte der Wirtschaftsexperte Theo Argitis.

Aber eins ist klar: Kanada ist nicht bereit, kampflos nachzugeben.

Oder wie Trudeau es ausdrückte:

„Wir lösen unsere Streitigkeiten lieber mit Diplomatie. Aber wenn nötig, wissen wir auch, wie man kämpft.“

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