Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blaze (BEM Rechtsanwälte) zur vorläufigen Insolvenz der publity AG
Redaktion: Herr Blaze, das Amtsgericht Frankfurt hat am 12. November 2025 die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der publity AG angeordnet. Was bedeutet das für Aktionäre und Anleger?
RA Daniel Blaze: Zunächst einmal bedeutet dieser Schritt, dass die publity AG sich in einem vorläufigen Insolvenzverfahren befindet. Die Gesellschaft darf nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters über ihr Vermögen verfügen. Das ist ein starkes Indiz dafür, dass Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung droht – und somit erhebliche Risiken für Anleger bestehen.
Redaktion: Wie sollten betroffene Aktionäre jetzt reagieren?
RA Daniel Blaze: Aktionäre müssen wissen: Als Eigentümer von Unternehmensanteilen haben sie im Insolvenzverfahren zunächst keine vorrangigen Ansprüche. Sie stehen im Rang grundsätzlich hinter den Gläubigern. Dennoch ist es wichtig, die Entwicklung genau zu beobachten, insbesondere mit Blick auf potenzielle Schadensersatzansprüche – etwa wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformationen oder unzutreffender Bilanzen. Hier kann eine rechtliche Prüfung durch eine spezialisierte Kanzlei sinnvoll sein.
Redaktion: Und was gilt für Anleger, die Anleihen oder andere Produkte der publity AG gezeichnet haben?
RA Daniel Blaze: Diese Anleger haben eine deutlich stärkere Position. Sie gelten in der Regel als Insolvenzgläubiger. Das bedeutet: Sobald das Verfahren offiziell eröffnet wird, können sie ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden. Schon jetzt empfehle ich, sämtliche Unterlagen zu sichten – also Zeichnungsscheine, Verträge, Kontoauszüge, Zahlungsbelege. Und ganz wichtig: Wer über Berater oder Vermittler investiert hat, sollte prüfen lassen, ob eine Falschberatung vorliegt. Auch da können Ersatzansprüche entstehen – unabhängig vom Ausgang des Insolvenzverfahrens.
Redaktion: Was können Anleger jetzt konkret tun?
RA Daniel Blaze: Ich empfehle vier Schritte:
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Unterlagen vollständig zusammenstellen – Verträge, Schreiben der publity AG, Kontoauszüge.
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Rechtliche Beratung einholen, idealerweise bei einer wirtschaftsrechtlich spezialisierten Kanzlei.
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Schadensersatz- oder Prospekthaftungsansprüche prüfen – auch gegen Dritte, z. B. Berater oder Vertriebsgesellschaften.
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Nach Eröffnung des Verfahrens: Forderung zur Insolvenztabelle anmelden, fristgerecht und formal korrekt.
Wer passiv bleibt, riskiert, später leer auszugehen – auch wenn die Erfolgsaussichten individuell unterschiedlich sind.
Redaktion: Ist schon absehbar, wie es im Fall publity AG weitergeht?
RA Daniel Blaze: Noch nicht. Der vorläufige Insolvenzverwalter, Dr. Lason Gutsche, wird sich nun ein genaues Bild vom Zustand des Unternehmens machen. Die nächsten Wochen entscheiden, ob ein Regelinsolvenzverfahren eröffnet wird – oder ob andere Sanierungsoptionen infrage kommen. Klar ist: Anleger dürfen sich nicht in falscher Sicherheit wiegen. Wer seine Rechte sichern will, sollte jetzt aktiv werden.
Redaktion: Vielen Dank für Ihre Einschätzungen, Herr Blaze.
RA Daniel Blaze: Sehr gern. Wir unterstützen aktuell eine Vielzahl betroffener Anleger – und stehen auch neuen Mandanten beratend zur Seite.
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