Nach jahrelangem Druck aus Politik und Gesellschaft hat das US-Justizministerium am 19. Dezember 2025 einen Teil der sogenannten Epstein Files veröffentlicht. Doch anstatt Licht ins Dunkel zu bringen, offenbaren die Akten vor allem Lücken – und werfen neue Fragen zu einem der größten Missbrauchsskandale der US-Geschichte auf.
Was veröffentlicht wurde – und was nicht
Die veröffentlichten Dokumente umfassen:
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Tausende Seiten aus Ermittlungen gegen Jeffrey Epstein und seine Komplizin Ghislaine Maxwell
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Über 1.200 namentlich identifizierte mutmaßliche Opfer
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Inventarlisten mit beschlagnahmten Beweismitteln wie Computern, Kameras und Medikamenten
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Fotos mit prominenten Persönlichkeiten, darunter Bill Clinton, Kevin Spacey und Mick Jagger
Was fehlt:
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Inhalte von beschlagnahmten Festplatten und Videomaterial
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Transkripte von Opferbefragungen
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Entscheidende Ermittlungsdokumente aus den Jahren 2007 und 2019
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Eine vollständige Offenlegung der mutmaßlichen Mitwisser und Unterstützer
Viele der veröffentlichten Seiten sind zudem komplett geschwärzt, was Opferanwälte und Politiker gleichermaßen frustriert.
Reaktionen aus der Politik: „Ein Schlag ins Gesicht der Opfer“
Abgeordnete beider Parteien zeigen sich unzufrieden. Der republikanische Kongressabgeordnete Thomas Massie nennt die Veröffentlichung eine „Verhöhnung des Gesetzes“. Sein demokratischer Kollege Ro Khanna, Co-Autor des Epstein Files Transparency Act, bezeichnet sie als „politisch motivierten Verschleierungsversuch“.
„Die entscheidenden Dokumente fehlen. Die Opfer verdienen volle Transparenz – nicht selektiv freigegebene Akten mit hunderten Seiten an Schwärzungen“, so Khanna.
Trumps Name taucht (noch) kaum auf – Clinton erneut im Fokus
Während Bill Clinton mehrfach auf Fotos mit Epstein auftaucht, darunter in einem Whirlpool mit einer unkenntlich gemachten Frau, finden sich kaum Hinweise auf Donald Trump – obwohl er über Jahre mit Epstein befreundet war.
Trump steht dennoch erneut in der Kritik: Er soll versucht haben, die Veröffentlichung der Akten zu blockieren, indem er parteiinterne Mehrheiten im Kongress zu manipulieren versuchte. Kritiker werfen ihm vor, die Akten nur teilweise freigegeben zu haben, um politisch unbequeme Inhalte zurückzuhalten.
Erste Hinweise auf frühere Ermittlungsversäumnisse
Ein besonders brisantes Detail: Ein FBI-Bericht von 1996 bestätigt, dass ein Opfer, Maria Farmer, bereits damals Hinweise auf Kinderpornografie und Missbrauch durch Epstein geliefert hatte – 12 Jahre vor dessen erster Verurteilung.
„Ich wurde damals ignoriert, bedroht und verspottet – heute ist mein Glaube an die Justiz erschüttert“, sagte Farmer in einer Erklärung.
Ihr Fall unterstreicht, wie früh und wie konsequent Behörden Hinweise auf Epsteins Verbrechen ignorierten – eine „gigantische Justizpanne“, so ihre Anwältin.
Was bleibt offen – und wie geht es weiter?
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Die veröffentlichten Akten enthalten über 350 komplett geschwärzte Seiten
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Wichtige Dokumente zur Anklage von 2007 und 2019 fehlen
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Eine vollständige Liste der mutmaßlichen Mittäter steht aus
Das Justizministerium kündigte an, in den kommenden Wochen weitere Aktenpakete zu veröffentlichen. Laut Gesetz muss es dem Kongress innerhalb von 15 Tagen schriftlich darlegen, warum einzelne Informationen zurückgehalten oder geschwärzt wurden.
Fazit
Statt Klarheit zu schaffen, befeuert die bisherige Veröffentlichung der Epstein Files neue Spekulationen: Über mögliche Mitwisser, über vertuschte Ermittlungen – und über einen möglicherweise systematischen Schutz reicher und mächtiger Männer.
„Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Wahrheit“, sagt Abgeordneter Khanna. „Und die Opfer auf Gerechtigkeit.“
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