Bei einem israelischen Luftangriff auf eine Schule in Gaza-Stadt sind nach Angaben von Krankenhausleitern mindestens 54 Menschen getötet worden. Die Fahmi-Al-Jargawi-Schule, in der hunderte Binnenflüchtlinge aus dem schwer umkämpften Beit Lahia untergebracht waren, wurde in der Nacht zum Montag getroffen. Allein dort sollen mindestens 35 Menschen ums Leben gekommen sein.
Die zivile Verteidigung unter Hamas-Verwaltung berichtete, dass zahlreiche Leichen – darunter viele Kinder – aus brennenden Klassenräumen geborgen wurden. Die Räume dienten als Schlafquartiere für geflüchtete Familien.
Das israelische Militär erklärte, es habe ein Kommandozentrum von Hamas und Islamischem Dschihad angegriffen, das sich auf dem Schulgelände befunden habe. Die Armee warf den militanten Gruppen erneut vor, Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.
Augenzeugenberichte und Videos zeigen brennende Schulräume sowie schwer verletzte und teils verbrannte Opfer. Ein Rettungsdienstleiter aus Nordgaza schilderte, seine Teams hätten Kinder und Frauen schreien gehört, sie aber wegen der Flammen nicht retten können. „Ich kann nicht beschreiben, was wir gesehen haben – so grausam war es“, sagte er.
Auch der Chef der Kriminalpolizei der Hamas in Nordgaza, Mohammad Al-Kasih, soll mit seiner Familie unter den Todesopfern sein. Ein weiterer Luftangriff auf ein Wohnhaus in Jabalia forderte laut dem al-Ahli-Krankenhaus weitere 19 Todesopfer.
Militärische Eskalation und umstrittene Hilfslieferungen
Die Angriffe sind Teil einer seit einer Woche intensivierten Offensive des israelischen Militärs im Norden des Gazastreifens. In den letzten 48 Stunden wurden nach Armeeangaben rund 200 Ziele in Gaza angegriffen.
Gleichzeitig gab es diplomatische Bewegung: Ein hochrangiger Hamas-Vertreter teilte mit, die Organisation habe einem neuen Waffenstillstandsvorschlag der USA zugestimmt. Dieser sieht laut palästinensischen Angaben unter anderem die Freilassung von 10 israelischen Geiseln, eine 70-tägige Waffenruhe, den Teilabzug israelischer Truppen und die Freilassung von mehreren hundert palästinensischen Gefangenen vor. Israelische Medien zitieren dagegen Regierungsquellen, die eine Ablehnung des Plans erwarten lassen.
Neun Kinder bei Angriff auf Arztfamilie getötet
Ein weiterer Angriff traf das Haus der palästinensischen Ärztin Dr. Alaa al-Najjar. Neun ihrer zehn Kinder kamen dabei ums Leben. Nur ihr elfjähriger Sohn und ihr Ehemann überlebten schwer verletzt. Die israelische Armee teilte mit, der Vorfall werde geprüft.
Auch zwei Mitarbeiter des Roten Kreuzes wurden bei einem Luftangriff auf ihr Wohnhaus in Khan Younis getötet. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sprach von einem inakzeptablen Ausmaß ziviler Opfer und forderte erneut eine Waffenruhe.
Hilfsorganisationen verweigern Zusammenarbeit mit GHF
Am Sonntag trat der Leiter der von den USA und Israel unterstützten Gaza Humanitarian Foundation (GHF) zurück. Er erklärte, dass die geplante Verteilung von Hilfsgütern durch private Firmen nicht den humanitären Grundsätzen von Unabhängigkeit und Neutralität entspreche. Die UNO und andere Hilfsorganisationen hatten eine Zusammenarbeit mit der GHF wegen diskriminierender Verteilungspraktiken abgelehnt.
Israel hatte am 2. März eine vollständige Blockade des Gazastreifens verhängt, die elf Wochen andauerte. Inzwischen dürfen zwar wieder Hilfsgüter in begrenztem Umfang ins Land – am Sonntag waren es laut israelischen Angaben 107 Lastwagen – doch laut UN werden täglich mindestens 500 bis 600 Lkw benötigt, um die Not zu lindern.
Internationale Reaktionen und Forderungen
Bei einem Treffen in Madrid am Sonntag berieten Vertreter von 20 Ländern und Organisationen über Wege zur Beendigung des Gaza-Kriegs. Der spanische Außenminister Jose Manuel Albares forderte ein Waffenembargo gegen Israel, falls die Angriffe nicht beendet würden.
Hintergrund des Konflikts
Die derzeitige militärische Eskalation begann nach dem Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem etwa 1.200 Menschen getötet und 251 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Derzeit befinden sich laut israelischen Angaben noch 57 Geiseln in Hamas-Gewahrsam, etwa 20 davon sind vermutlich noch am Leben.
Laut Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza wurden seit Beginn der israelischen Offensive mindestens 53.939 Menschen getötet, darunter mindestens 16.500 Kinder. Die Zahlen können aufgrund der Lage jedoch nicht unabhängig verifiziert werden.
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