Redaktion: Herr Iwanow, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, mit uns über das Angebot der Hanseatic Projektentwicklung GmbH zu sprechen. Aus rechtlicher Sicht – was fällt Ihnen bei diesem Photovoltaik-Angebot als Erstes auf?
RA Michael Iwanow: Vielen Dank für die Einladung. Was mir sofort auffällt, ist die sehr werbliche Sprache des Angebots – Formulierungen wie „Rundum-Sorglos-Investment“, „hohe Pachtzahlung im Voraus“ oder „extrem günstiger Stromankauf“ klingen verlockend, erfordern aber genaues juristisches Hinsehen. Hier steht die Frage im Raum, ob es sich eher um ein klassisches Pachtverhältnis oder möglicherweise um ein Finanzanlageangebot handelt, das unter das Vermögensanlagengesetz fallen könnte.
Redaktion: Das klingt nach einem relevanten Unterschied. Können Sie das etwas genauer erklären?
RA Iwanow: Natürlich. Wenn das Unternehmen etwa hohe Renditen verspricht und aktiv Kapital von Privatpersonen einsammelt, kann das Angebot als Vermögensanlage gelten. In diesem Fall wären unter anderem Prospektpflichten nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) zu beachten. Ein Verstoß dagegen kann zu empfindlichen rechtlichen Konsequenzen führen – für das Unternehmen wie für die Anleger. Das Angebot sollte also auf eine mögliche Genehmigungs- oder Prospektpflicht durch die BaFin geprüft werden.
Redaktion: Wie sehen Sie die Dachverpachtung, bei der „kostenfreie Sanierung“ und „hohe Pachtzahlungen im Voraus“ versprochen werden?
RA Iwanow: Hier muss man genau differenzieren. Die Dachverpachtung an sich ist ein miet- oder pachtrechtlicher Vorgang – das ist grundsätzlich unproblematisch. Aber die Kombination aus Vorauszahlungen, kostenloser Sanierung und Stromverkaufsversprechen birgt rechtliche Risiken. Die Eigentümer sollten wissen, dass sie durch solche Verträge unter Umständen ihre Nutzungsrechte für mehrere Jahrzehnte abgeben und sich langfristig binden – inklusive baulicher Veränderungen am Gebäude.
Zudem stellt sich die Frage, ob die „Sanierung“ wirklich kostenfrei ist, oder ob sie indirekt über die Pachthöhe oder Stromabnahmeverpflichtungen „refinanziert“ wird.
Redaktion: Ist also Vorsicht geboten?
RA Iwanow: Ja, absolut. Es handelt sich um komplexe Vertragsverhältnisse mit langfristigen Auswirkungen – sowohl für Kapitalanleger als auch für Grundstückseigentümer. Ich empfehle dringend, vor Unterzeichnung eine unabhängige rechtliche Prüfung des konkreten Vertragsangebots vornehmen zu lassen. Gerade Begriffe wie „Sorglos-Investment“ können in der Praxis trügen. Wenn etwa unvorhergesehene Reparaturen, Versicherungsthemen oder Rückbaukosten auf den Eigentümer zukommen, ist es eben nicht mehr sorglos.
Redaktion: Und wie bewerten Sie das Online-Tool zur Dachpacht-Berechnung?
RA Iwanow: Solche Tools sind in der Regel unproblematisch, solange sie klar als unverbindlich gekennzeichnet sind – was hier nach erster Durchsicht der Fall zu sein scheint. Wichtig ist, dass der Nutzer nicht den Eindruck gewinnt, bereits durch die Eingabe seiner Daten irgendeine vertragliche Bindung einzugehen. Auch Datenschutzfragen spielen hier eine Rolle, gerade wenn Adressen und Gebäudestrukturen online eingegeben werden.
Redaktion: Ihr Fazit in einem Satz?
RA Iwanow: Ein interessantes Angebot mit großem Potenzial – aber auch mit rechtlichen Fallstricken, die man nicht unterschätzen sollte.
Redaktion: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Iwanow!
RA Iwanow: Gern geschehen. Wer sich auf solche Modelle einlässt, sollte sich nicht nur von der Sonne blenden lassen – sondern auch einen Blick in den Vertrag werfen.
Kommentar hinterlassen