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Interview mit Rechtsanwalt Michael Iwanow zur Einladung der Goethe-Quartier Wohnungsbau AG zur außerordentlichen Hauptversammlung am 30. Oktober 2025

Tumisu (CC0), Pixabay
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Interviewer: Herr Rechtsanwalt Iwanow, die Goethe-Quartier Wohnungsbau AG hat eine außerordentliche Hauptversammlung für Ende Oktober angekündigt. Warum wird eine solche Versammlung außerhalb des regulären Turnus einberufen?

RA Iwanow: Außerordentliche Hauptversammlungen finden immer dann statt, wenn Entscheidungen von besonderer Bedeutung oder Dringlichkeit anstehen, die nicht bis zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung aufgeschoben werden können. In diesem Fall geht es um personelle Veränderungen im Aufsichtsrat sowie eine tiefgreifende Satzungsänderung – das rechtfertigt eine separate Einberufung.

Interviewer: In Tagesordnungspunkt 1 geht es um die Bestätigung der Rücktritte von drei Aufsichtsräten. Ist diese Bestätigung rechtlich notwendig?

RA Iwanow: Formal ist ein Rücktritt sofort wirksam, sobald er gegenüber der Gesellschaft erklärt wird. Die Bestätigung durch die Hauptversammlung ist eher deklaratorisch, also eine Art formeller Nachvollzug. Dennoch ist sie wichtig für die Dokumentation und um Klarheit über die Besetzung des Aufsichtsrats zu schaffen – insbesondere in Gesellschaften mit komplexen Beteiligungsverhältnissen.

Interviewer: Die Punkte 2 und 3 betreffen die Nachbesetzung im Aufsichtsrat. Was bedeutet das konkret für die Aktionäre?

RA Iwanow: Neue Mitglieder, die entweder durch gerichtliche Bestellung oder durch das Gremium selbst in den Aufsichtsrat aufgenommen wurden, müssen durch die Hauptversammlung bestätigt werden. Das gibt den Aktionären die Möglichkeit, ihre Zustimmung oder Ablehnung auszudrücken. Wichtig ist hier insbesondere, ob die neuen Mitglieder unabhängig und fachlich qualifiziert sind – das beeinflusst die zukünftige Kontrolle des Vorstands.

Interviewer: In Punkt 4 soll ein Wechsel bei der Kontrollinstanz stattfinden – von der INTECON GmbH zur Kanzlei Schomburg – Rother – Schuhmacher. Welche Bedeutung hat das?

RA Iwanow: Solche Wechsel deuten häufig auf strategische Neuausrichtungen oder Differenzen mit dem bisherigen Berater hin. Ob es sich hier um Compliance, Wirtschaftsprüfung oder Rechtsberatung handelt, geht aus der Einladung nicht klar hervor. Für die Aktionäre ist entscheidend, ob die neue Kanzlei wirklich unabhängig ist und ob sie über ausreichende Expertise verfügt, um Kontrollfunktionen effektiv wahrzunehmen.

Interviewer: Kommen wir zum letzten Punkt – der geplanten Einführung einer Vinkulierungsklausel für Namensaktien. Was bedeutet das für die Aktionäre?

RA Iwanow: Eine Vinkulierungsklausel schränkt die Übertragbarkeit von Aktien ein. Künftig sollen Aktienübertragungen nur noch mit schriftlicher Zustimmung der Gesellschaft zulässig sein. Ohne diese Zustimmung ist ein Verkauf rechtlich unwirksam. Das bedeutet: Aktionäre können ihre Anteile nicht mehr frei veräußern. Es handelt sich also um eine erhebliche Einschränkung der Verfügungsfreiheit.

Interviewer: Besteht denn ein Anspruch auf Zustimmung durch die Gesellschaft?

RA Iwanow: Nein. Der vorgesehene Paragraph stellt ausdrücklich klar, dass die Zustimmung im freien Ermessen der Gesellschaft liegt – ohne Anspruch für den Aktionär. Die Zustimmung kann sogar ohne Angabe von Gründen verweigert werden. Das schafft Unsicherheit und kann den Wert der Aktie erheblich beeinträchtigen – vor allem für Investoren, die auf Flexibilität angewiesen sind.

Interviewer: Und wie schätzen Sie die Auswirkungen für Anleger ein?

RA Iwanow: Vinkulierungsklauseln können sinnvoll sein, wenn der Aktionärskreis bewusst begrenzt und kontrolliert werden soll – etwa in inhabergeführten oder strategisch ausgerichteten Unternehmen. Für freie Anleger ist eine solche Klausel jedoch ein Risiko. Ich empfehle allen betroffenen Aktionären, sich im Vorfeld genau zu informieren und von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Bei größeren Beteiligungen kann sich auch eine rechtliche Beratung lohnen.

Interviewer: Vielen Dank für Ihre Einschätzungen, Herr Iwanow.

RA Iwanow: Gern geschehen.

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