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Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel zur Entscheidung des Landgerichts Frankfurt zur Zulässigkeit von Presseäußerungen durch Strafverteidiger

Daniel_B_photos (CC0), Pixabay
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Frage: Herr Högel, das Landgericht Frankfurt hat entschieden, dass Äußerungen eines Strafverteidigers außerhalb der Hauptverhandlung nicht unter einem besonderen Schutz stehen. Was bedeutet dieses Urteil für die Praxis?

Maurice Högel: Das Urteil bringt eine wichtige Klarstellung: Wenn ein Strafverteidiger sich außerhalb des Gerichtssaals – etwa in einer Pressemitteilung – zu einem Verfahren äußert, genießt er nicht automatisch denselben Schutz wie innerhalb der Hauptverhandlung. Solche Äußerungen können zivilrechtlich überprüft werden, insbesondere im Hinblick auf mögliche Persönlichkeitsrechtsverletzungen Dritter.

Frage: Worum ging es konkret in dem Fall?

Högel: Der Hintergrund ist ein familienrechtlicher Konflikt mit strafrechtlicher Komponente. In der Silvesternacht 2023/2024 kam es zur Entführung zweier Kinder durch ihre Mutter. Daraus entwickelte sich ein Strafverfahren in Hamburg, das auch den Großvater mütterlicherseits betrifft – einen bekannten Unternehmer. Kurz vor Beginn der Hauptverhandlung veröffentlichte der Strafverteidiger der Mutter eine Pressemitteilung, in der bestimmte Vorgänge im Zusammenhang mit dem Strafverfahren thematisiert wurden. Der frühere Ehemann der Frau sah darin eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts und stellte beim Landgericht Frankfurt einen Antrag auf Unterlassung gegen seine Ex-Frau.

Frage: Wie bewertete das Gericht diese Presseerklärung?

Högel: Das Landgericht hat differenziert geurteilt. Es hat zunächst betont, dass Äußerungen im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich nicht zivilrechtlich untersagt werden können – sie fallen unter den Schutz der prozessualen Aufklärung. Presseerklärungen außerhalb des Verfahrens sind jedoch etwas anderes: Sie richten sich an die Öffentlichkeit und können deshalb auch unter dem Gesichtspunkt des Persönlichkeitsrechts überprüft werden.

Frage: Obwohl die Pressemitteilung vom Verteidiger abgegeben wurde, richtete sich der Antrag gegen die Ex-Frau. Wie begründet das Gericht diese Zurechnung?

Högel: Die Kammer sah es als zulässig an, den Antrag gegen die Ex-Frau zu richten. Zwar wurde die Pressemitteilung formal vom Anwalt verfasst, doch für den durchschnittlichen Leser sei erkennbar gewesen, dass der Verteidiger im Namen seiner Mandantin sprach. Damit müsse sich die Ex-Frau die Inhalte zurechnen lassen.

Frage: Letztlich wurde der Antrag aber abgelehnt. Warum?

Högel: Die Kammer hat die beanstandeten Aussagen inhaltlich geprüft. Einige waren als Tatsachenbehauptungen zu qualifizieren, deren Wahrheitsgehalt nach Auffassung des Gerichts ausreichend belegt war. Andere waren wertende Meinungsäußerungen, die im Rahmen der Meinungsfreiheit zulässig sind. Insgesamt konnte das Gericht keine rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts feststellen.

Frage: Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich daraus?

Högel: Das Urteil zeigt, dass Pressemitteilungen im Umfeld laufender Strafverfahren keine rechtsfreien Räume sind. Wer sich äußert, muss sich dabei an die allgemeinen Regeln des Persönlichkeitsrechts halten. Gleichzeitig wird aber auch deutlich: Nicht jede scharfe Aussage ist automatisch unzulässig. Entscheidend ist stets die Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und der Meinungsfreiheit – im konkreten Kontext.

Frage: Ist das Urteil bereits rechtskräftig?

Högel: Nein, noch nicht. Es kann innerhalb eines Monats Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt eingelegt werden. Ob das geschehen wird, bleibt abzuwarten.

Frage: Herr Högel, vielen Dank für Ihre Einschätzung.

Högel: Sehr gern.

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